Künstliche Intelligenz: Europa ist abgemeldet
Bis 2030 will China zur globalen Nummer eins in dem Milliardenmarkt aufsteigen
Zum globalen Klassentreffen der KI-Industrie hatten die führende Wirtschaftsplanungskommission Chinas, dazu diverse Ministerien und die Stadt Shanghai geladen. Für die dreitägige Veranstaltung wurden am Westufer des Huangpu-Flusses die schicken Ausstellungshallen, wie sie auch in San Francisco oder Barcelona stehen könnten, weiträumig abgesperrt.
Gekommen sind dann alle: nicht nur die Bosse von Alibaba, Tencent, Baidu, Huawei und Xiaomi, sondern auch der Vizepräsident von Google, hochrangige Manager von Amazon und Microsoft, Nobelpreisträger und führende KI-Forscher aus Stanford, Berkeley und Cambridge. In Vorträgen und Diskussionsrunden geht es um den zukünftigen Einsatz von künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen, in Verkehr, Handel, Logistik, Landwirtschaft, Verwaltung, in der Justiz, im Finanzsystem, kurz: in allem.
Alibaba-Gründer Jack Ma, der vergangene Woche seinen Rückzug angekündigt hat, beginnt Elder-Statesman-like den Redenreigen der Tech-CEOs mit der Forderung nach weniger Regulierung: "Der Staat muss das tun, was der Staat tut, und die Unternehmen das, was Unternehmen tun müssen." Es ist eine Anspielung darauf, dass Peking zuletzt die Kontrolle über die Branche anzog und immer öfter die Marschrichtung vorgibt.
Erst im Juli 2017 legte die chinesische Führung den Plan vor, bis 2030 zur globalen Nummer eins auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz aufzusteigen. Seither gehen Staat und Unternehmen Großprojekt nach Großprojekt an. Peking baut derzeit für umgerechnet zwei Milliarden Dollar einen Industriepark für neue KI-Unternehmen. Shanghais Regierung will nun 15 Milliarden Dollar in KI-Projekte investieren, darunter in den Aufbau einer volldigitalisierten "Smart City".
Sieht so die schöne neue Welt aus? In Sachen Forschung, Hardware und Kommerzialisierung liegt China laut einer Oxford-Studie noch hinter den USA zurück. Bei den Investitionen hat China dem Marktanalyseunternehmen CB Insights zufolge jedoch die Nase vorn: Demnach zog China 2017 schon 48 Prozent aller weltweiten Investitionen im Bereich der künstlichen Intelligenz an, 38 Prozent der Gelder gingen in die USA. Europa fällt irgendwo mit dem Rest der Welt in die Kategorie "ferner liefen".