Künstliche Intelligenz (KI) und die Medienschaffenden – wird das eine Liebesgeschichte?

Künstliche Intelligenz (KI) und die Medienschaffenden – wird das eine Liebesgeschichte?

Nicht erst seit dem Streik der Medienschaffenden in Hollywood ist klar: Immer mehr neue KI – gestützte Werkzeuge werden erfunden und suchen nach ihren neuen Nutzern.

In Anlehnung an die neuronale Netzwerklogik des menschlichen Gehirns ist eine neue Art der Repräsentation von Wissen in digitaler Form entstanden. Die Ergebnisse, die ich in den letzten Tagen auf meiner Suche nach neuer Weisheit mit #ChatGPT erzielen konnte (vorausgesetzt meine Prompts waren gut genug…daran werde ich wohl noch arbeiten müssen!) sind wirklich verblüffend und beeindruckend. Genauso beeindruckend waren die Ergebnisse der Rechtschreib- und Grammatikkorrektur mithilfe von Systemen wie beispielsweise #languagetool.org. Hier werden nicht nur einfache Fehler erkannt, wie es bisher auch schon in den besseren Textverarbeitungsprogrammen möglich war, sondern auch kontextuelle Fehler. Stilistische Empfehlungen zur Umarbeitung der Texte zur Verbesserung ihrer Lesbarkeit und Verständlichkeit gehören auch dazu.

Texte, die in digitaler Form vorliegen, mal schnell zusammenfassen: auch kein Problem. genei.ai sei dank, geht auch das in Windeseile und erstaunlicher Qualität. Die Wandlung von Texten von elaboriertem Code zur vereinfachten Sprache ist nur folgerichtig und ist mit entsprechend intelligent formulierten Prompts in #ChatGPT schon heute kein Problem mehr.

Eine Präsentation auf die Schnelle anzufertigen, scheint auch keine richtige Herausforderung mehr zu sein. Zwar konnte ich es noch nicht testen, aber die Rezensionen, die ich zu einschlägigen Programmen wie beispielsweise #beautiful.ai gefunden habe, sind vielversprechend.

Texte in erstaunlich gute sprachliche Ausgaben zu wandeln und umgekehrt, auch kein Problem. Zu meinen aktiven Zeiten als CEO einer Medienagentur, die digitale Lehr- und Lernmedien erstellt, haben wir schon vor einiger Zeit mit der text2speech Lösung #speechelo  sehr gute Ergebnisse erzielt. Die Lösung fireflies.ai kann das umgekehrt, speech2text auch.

In einem der letzten Projekte, die ich noch konzipiert habe, sind wir mit der Herausforderung konfrontiert worden, dass ein Kunde gerne auch die Pflege von moderierten Erklärfilmen (also solche mit Mann/Frau vor der Kamera) selbst übernehmen wollte. Auch dafür gibt es Software, wie beispielsweise die text2avatar Lösung #Synthesia. Das Ergebnis der englischsprachigen Avatare ist schon bemerkenswert gut, auch hinsichtlich der Gestik und Mimik. Perfekt sind die Ergebnisse noch nicht, zeigen aber doch, wo auch hier die Zukunft liegt – wenigstens ein Teil davon!

Und es geht munter weiter: Wie macht man künftig Übersetzungen in Sekundenschnelle. Klar, das macht man mit #DeepL! Seit Jahren nutze ich dieses Programm, um mein ein oder anderes fremdsprachliches Defizit zu kaschieren. Bisher mit ganz gutem Erfolg 😊 Wichtiger aber ist: Programme dieser Art sind mittlerweile so gut, dass sie in vielen Fällen an gute menschliche Übersetzungsleistungen durchaus heranreichen und mit ein paar Abstrichen vielleicht auch für die professionelle Medienproduktion genutzt werden können.

Und wie steht es mit Bild, Grafik und Video?

Ich selbst bin kein professioneller Mediengestalter, Grafikdesigner, Filmemacher oder Künstler. Das was ich aber über Programme wie #Dall-E 2, #Midjourney lesen konnte und was sich mit ihrer Hilfe in der Bildgestaltung machen lässt, wow, da bleibt einem manchmal schon die Spucke weg.

Die Reihe an Beispielen und Anwendungsfällen von KI-gestützten Lösungen könnte man fast beliebig fortsetzen. Gefühlt kommt jede Woche irgendein neues Programm mit disruptivem Potenzial dazu.

Kein Auge bleibt trocken, so scheint es. Nicht das der Recherchierenden, der Autoren und Drehbuchschreiber, der Bildredakteure und auch nicht das der Lektoren und Korrektoren. Die Übersetzer sind genauso betroffen wie die Mediengestalter bis hin zu den Akteuren vor, hinter der Kamera und in der Postproduktion.

Was ist zu tun? Wie das Kaninchen vor der Schlange still sitzen bleiben in der Hoffnung, dass sie uns nicht frisst?

Vor fast 40 Jahren habe ich das in einem anderen beruflichen Arbeitszusammenhang, der beruflichen Bildung, schon einmal erlebt, das Sitzenbleiben meine ich!

Als Mitte der 1980er Jahre die PC-Technologie für (fast) jedermann verfügbar wurde, wer war nicht dabei? Unser Bildungswesen! Viele Akteure hatten entweder Angst vor der Technologie und ihrem Veränderungspotenzial mit Blick auf das eigene berufliche Selbstverständnis als „Allwissende“ oder sie hatten schlicht keine große Lust zur Aneignung neuer Kenntnisse. Das Ergebnis dieser reservierten Haltung der damaligen Akteure in den Institutionen kann heute noch täglich in unseren Schulen besichtigt werden.

Daraus schließe ich: Bestimmte Entwicklungen sind nicht aufzuhalten, im Gegenteil. Der Versuch den Stillstand zu erreichen endet ggf. im finalen Bedeutungsverlust.

Wir Medienschaffenden, auch in der E-Learning-Branche, in der ich zuletzt gearbeitet habe, sollten den Mut aufbringen mitzugestalten, damit genau das nicht passiert, sondern auch die ein oder andere konstruktive Lösung von uns selbst beigesteuert wird, die uns konkurrenzfähig und innovativ hält.

In Analogie zu meiner Erfahrung im Bildungsbereich, denke ich, wäre es gut und auch sinnvoll, wenn wir die neuen Produktivkräfte dafür nutzen, unseren beruflichen Alltag zukunftsfähig zu gestalten.

Ja, die diversen Rollen, die wir in den Produktionsprozessen derzeit einnehmen, werden sich wandeln. Vielleicht wird aus einem Autor oder einer Bildredakteurin, tendenziell ein Kurator oder Kuratorin für Inhalte, die in die KI eingefüttert werden müssen, damit sie überhaupt funktioniert. Vielleicht kann eine Bildgestalterin mehr kreativen Freiraum für sich schaffen, um statt langweiliger Infografiken wirklich kreative Illustrationen zu schaffen!?

Auch glaube ich schlussendlich nicht, dass alles maschinell und digital zu lösen sein wird. Spätestens dann, wenn die immer gleichen Avatare, mit immer gleicher Gestik und Mimik, mit den nuanciert immer gleichen künstlichen Stimmen zu uns sprechen, werden wir merken, wie wohltuend es ist, wieder einmal wirkliche Menschen und ihre natürlichen Stimmen zu sehen und zu hören. Da, wo es auf die kleinen Unterschiede ankommt, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, da wird es meiner Überzeugung nach auch die echte, natürliche Welt weiterhin geben.

Und nicht zuletzt: Die Möglichkeit, das ein oder andere Gewerk mit technologischer Hilfe besser und schneller, vielleicht sogar qualitativ gleichwertig oder besser auszuführen, heißt noch lange nicht, dass es morgen überall in den Medienunternehmen und Agenturen systematisch passiert. Qualitativ gute Medien, egal welcher Art zu machen ist ein recht komplexer und vielschichtiger Prozess. In diese Prozesse und Abläufe müssen die neuen Möglichkeiten mit einigem Aufwand integriert werden. Das wiederum braucht Zeit und nicht unerhebliche Ressourcen und Investitionen, die eigentlich nur dann sinnvoll eingesetzt sind, wenn serielle Produktionsansätze verfolgt werden.  

Aus meiner Sicht bleibt genug Zeit und Luft zum Atmen für all jene, die mutig und bereit sind, sich in die Veränderungsprozesse einzubringen und die willens sind, um ihren Platz und ihre Rolle in den neuen Produktionsszenarien zu kämpfen. Die große Liebe wird das vielleicht nicht für jeden und alle, für viele aber eine Möglichkeit sich neu zu erfinden. Zu denen möchte ich gerne gehören. Ich weiß natürlich, dass es hier eine große Grauzone gibt, nichts ist nur schwarz oder weiß. Wie auch immer ihr darüber denkt, wir laufen den Dingen nur dann nicht hoffnungslos hinterher, wenn wir selbst für unsere Vorstellungen und Ideen aktiv werden. Das ist, glaube ich, sicher!

Übrigens: Den Text habe ich zwar persönlich geschrieben, lektoriert hat ihn aber eine KI. Geteiltes Leid ist halbes Leid 😉

Kai Heddergott

Hilfestellung für Digitales & Kommunikation

1 Jahr

Sehr viele gute Impulse und Themen, die man weiter besprechen sollte, Wolfgang. Gut, dass wir zwei damit schon angefangen haben ;-)

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