Kann das Klimageld sozial gerecht und gleichzeitig unbürokratisch ausgestaltet werden?
Unsere Studie aus dem letzten Jahr „Soziale Hilfen in Krisenzeiten“ legt nahe, dass diese Anforderungen nicht unvereinbar sind. Sie zeigt, dass unbürokratische Direkthilfen grundsätzlich auf ein hohes Zustimmungspotenzial in der Bevölkerung stoßen, wenn die Bedarfsgerechtigkeit nachgelagert sichergestellt wird, z.B. über die Besteuerung. Damit wird beides verknüpft: (a) eine pauschale Auszahlung, die administrativ leicht umsetzbar ist und (b) eine progressive Verteilungswirkung, die die Gerechtigkeitserwägungen der Bürger:innen berücksichtigt.
In einer neu veröffentlichten Studie für Greenpeace Deutschland schlägt das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) ein sozial gestaffeltes Klimageld vor, das mit dem Einkommen versteuert wird. Auch hier wird die Verknüpfung gefordert, um (a) pauschale und vereinfachte Zahlungen zu ermöglichen, die für alle Haushalte leicht zugänglich sind und (b) durch die progressive Verteilungswirkung das Bedürfnis nach einem bedarfsgerechten Klimageld zu berücksichtigen. Ein ähnlicher Ansatz wurde kürzlich von der Bertelsmann Stiftung formuliert.
In unserer Studie "Sozialen Hilfen in Krisenzeiten" haben wir explizit nach der Akzeptanz für derartige Policy-Instrumente gefragt, bei der auf eine komplexe Bedürftigkeitsprüfung zugunsten einer Pauschale verzichtet wird. Unsere Ergebnisse zeigen ein hohes Zustimmungspotenzial für pauschale Leistungen, wenn diese progressiv verrechnet werden, z.B. durch eine nachträgliche Verrechnung mit der Einkommensteuer - wie am Beispiel der Energiepreispauschale bereits umgesetzt. Unseren Daten zur Folge besteht somit ein Zustimmungspotenzial von 73,8 %. Dies entspräche einer Steigerung von fast 40 %, verglichen mit dem Ausgangswert (34 %) unserer Befragung.
Empfohlen von LinkedIn
Die zunächst große Skepsis der Befragten (66 %) gegenüber pauschalen Leistungen ohne Bedürftigkeitsprüfung begründet sich vor allem durch die Sorge, dass auch Bürger:innen mit ausreichendem Einkommen oder Vermögen unterstützt werden und zugleich zu wenig Geld für tatsächlich bedürftige Bürger:innen übrig bleibt. Dieser Wunsch nach einer sozialen Staffelung findet sich auch in Umfragen zum Klimageld (Spiegel; RWI). Eine nachträgliche Verrechnung des pauschalen Klimageldes kann daher diesem Anspruch auf Bedarfsgerechtigkeit besser gerecht werden.
Ergo: Ein nachträglich steuerlich verrechnetes und somit progressiv wirkendes Klimageld hat das Potenzial, eine hohe Zustimmung in der Bevölkerung zu erzielen. Dieses kann nur dann vollständig ausgeschöpft werden, wenn die progressive Verteilungswirkung effektiv kommuniziert wird. Klar ist aber auch, dass das Klimageld nur ein Baustein im Policy-Mix der sozial-ökologischen Transformation sein kann.