KB31 - Für den Fußball um die Welt

KB31 - Für den Fußball um die Welt

KB31 aus Köln hat bereits in über 40 Ländern Fußballstadien besucht und auf seinen Reisen einiges erlebt. Auf seinem Blog auswaertssuechtig.com und auf Instagram teilt er regelmäßig seine Erfahrungen. Über die Jahre hat er sich ein Netzwerk von über 11.000 Followern aufgebaut, welches ihm bei seinen teilweise abenteuerlichen Reisen, regelmäßig den einen oder anderen Geheimtip geben kann. Im Interview mit Talento Today berichtet er von den unterschiedlichen Fankulturen weltweit, was er von den Konzepten der DFL zur Bewältigung der Corona Pandemie hält und was eigentlich passiert, wenn man einem fremden Argentinier 200€ für Stadiontickets im voraus überreicht, ohne einen Pfand oder Kontaktdaten zu haben. Das und viele weitere spannende Geschichten könnt ihr im folgendem Interview nachlesen:

TT: Dein Kredo ist seit jeher „Fußball findet im Stadion statt.“ Nun hat die Corona Pandemie gezeigt, dass Fußball auch ohne Fans im Stadion stattfinden kann. Was denkst du über Geisterspiele?

KB31: Ich bin da ehrlich gesagt etwas zwiegespalten. Auf der einen Seite komme ich ja auch aus der Wirtschaft und weiß, dass die Dinge machmal einfach weiterlaufen müssen. Es geht ja nicht nur um die Vereine an sich, sondern auch um viele Jobs, die einfach dran hängen. Daher war das aus wirtschaftlicher Perspektive mit Sicherheit ein guter Kompromiss. Wenn ich das Ganze aber als Fan betrachte, muss ich sagen, dass ich dagegen bin. Ohne Fans im Stadion fehlt dem Fußball die wichtigste Komponente. Ich denke auch, dass diese Meinung von der großen Mehrheit geteilt wird. Wenn man sich die Geisterspiele im TV anschaut, macht es einfach keinen Spaß und wirkt oft leidenschaftslos. 

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Was die Stimmung angeht, ist man auf eine intakte Kurve angewiesen. Das merkt man ja schon, wenn es eine Blocksperre gibt. Da können dann auch 40.000 im Stadion sein, es kommt einfach keine Stimmung auf. Persönlich würde ich auch bei meinem Verein nie bei einer Teileröffnung ins Stadion gehen. 

TT: Die DFL hat nun ein Konzept vorgelegt, wie man langsam zur Normalität zurückkehren möchte. Das würde bedeuten, dass die Stadienkapazitäten massiv gesenkt werden, keine Stehplätze verfügbar wären, ein Alkoholverbot ausgesprochen wird und wohl keine Gästefans. Was hältst du davon?

KB31: Ich glaube, dass wir in der nächsten Saison auf jeden Fall wieder ein gewisse Anzahl von Fans in den Stadien sehen werden. Aber wer denkt, dass dadurch wieder alles so ist wie vorher, der irrt sich. Was die Stimmung angeht, ist man auf eine intakte Kurve angewiesen. Das merkt man ja schon, wenn es eine Blocksperre gibt. Da können dann auch 40.000 im Stadion sein, es kommt einfach keine Stimmung auf. Persönlich würde ich auch bei meinem Verein nie bei einer Teileröffnung ins Stadion gehen. 

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Ich kann den Mythos, das Anfield Stadium in Liverpool habe eine tolle Stimmung, nicht nachvollziehen. Dort gibt es vor dem Spiel eine Hymne, bei der jeder Gänsehaut bekommt, aber das war's dann auch. 

TT: Stadiontickets werden immer teurer. Das Fanbild in den Stadien hat sich schon vor Corona geändert. Wo ist diese Entwicklung besonders brisant?

KB31: Ich würde sagen, die besten 6 Vereine der Premier League sind da ganz besondere Beispiele. Da ist in Sachen Stimmung nur wenig los. Auch kann ich den Mythos, das Anfield Stadium in Liverpool habe eine tolle Stimmung, nicht nachvollziehen. Dort gibt es vor dem Spiel eine Hymne, bei der jeder Gänsehaut bekommt, aber das war's dann auch. Man hat sich bei der Premier League auf das klassische Eventpublikum fokussiert. Das ist sehr schade, wenn man bedenkt, dass die Stimmung eine ganz andere ist, wenn die englische Nationalmannschaft spielt. Dort kommen dann die Fans aus den unteren Ligen und machen richtig Lärm. Für gute Stimmung braucht es auch Leute aus den unteren Gesellschaftsschichten, die ihr letztes Geld für den Stadionbesuch hergeben. Die Premier League möchte sich vor allem mit dem anspruchsvollen sportlichen Wettbewerb positionieren, Fans sind da eher unwichtig. In Deutschland dürfen wir nicht den selben Fehler machen. Die Bundesliga besticht durch hohe Zuschauerzahlen und tolle Stimmung. Ein Richtungswechsel wie in England wäre da wirklich fatal. 

TT: In welchem Land sind die Menschen besonders Fußballverrückt?

KB31: Ganz klar Argentinien. In den meisten Ländern ist Fußball natürlich auch der wichtigste Sport, wird aber trotzdem immernoch als Hobby angesehen. In Argentinien ist das anders. Fußball nimmt einen viel wichtigeren Bestandteil im Leben der Menschen ein, es ist quasi wie eine Religion. Dort fragt dich keiner „Bist du Fußball-Fan?", sondern „Von welchem Verein bist du Fan?“. Die Liebe zum Fußball wird also quasi schon mit der Geburt vorausgesetzt.

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Ich habe wirklich schon einige Dinge gesehen, aber die Choreo der Roter Stern Belgrad Fans im Spiel gegen den FC Köln war schon sehr besonders. Der Geißbock mit abgetrenntem Kopf, untermalt mit viel Pyrotechnik, das hätte in Deutschland wahrscheinlich zu massiven Strafen und Stadionverbot geführt.

TT: Du warst schon in über 40 Ländern unterwegs. Welche Fan-Aktion ist dir besonders im Gedächtnis geblieben?

KB31: Ich habe wirklich schon einige Dinge gesehen, aber die Choreo der Roter Stern Belgrad Fans im Spiel gegen den FC Köln war schon sehr besonders. Der Geißbock mit abgetrenntem Kopf, untermalt mit viel Pyrotechnik, das hätte in Deutschland wahrscheinlich zu massiven Strafen und Stadionverbot geführt. Aber Respekt, darauf muss man erstmal kommen. Fan-Aktionen und Pyrotechnik werden vielerorts grundsätzlich ganz anders gehandhabt und gehören in einigen Ländern zur Normalität. Beispielsweise habe ich auch in Polen schon gesehen, dass eine ganze Kurve brennt, ohne dass dies irgendwelche großartigen Konsequenzen gehabt hätte.

TT: Gibt es auch Länder, die eine überraschend gute Stimmung im Stadion haben und man das vorher gar nicht so erwartet hätte?

KB31: Japan ist da ein Land, was mich sehr überrascht hat. Man muss wissen, dass in der japanischen Kultur lautes Reden als unhöflich angesehen wird. Dementsprechend ist es dort auch meist sehr still. Auch in einer vollbesetzten Metro hört man kaum einen Ton. Das ändert sich aber, wenn die Japaner ins Fußballstadion gehen. Dort wird das ganze Spiel über gesungen, geklatscht und Stimmung gemacht. Das Drumherum ist wiederum so wie man es erwartet, sehr gut organisiert. Alle stellen sich brav an, keiner drängelt, das Spiel scheint dann wie eine Art Ventil zu sein, das den Emotionen der Menschen freien Lauf lässt.

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In Argentinien habe ich über Umwege einen Mann in einer Bar gefunden, der meinte, er könne die Karten besorgen. Das Problem war aber, dass ich ihm im Voraus 200€ bezahlen musste. Er machte mit mir für den nächsten Tag einen Treffpunkt aus und zog mit meinem Geld von dannen. Da habe ich sehr viel riskiert, weil ich auch keinerlei Kontaktdaten erhalten habe.

TT: Wie kommst du an Tickets? 

KB31: Darauf gibt es eigentlich keine generelle Antwort. Das ist von Stadion zu Stadion verschieden. In erster Linie nutze ich meine Community, die ich mir über die Jahre auf Instagram aufgebaut habe. Bei 11.000 Followern findet sich immer jemand, der einen heißen Tipp hat. Ich vertrete aber auch den Standpunkt: Wer ins Stadion möchte der kommt auch rein - vorausgesetzt er ist auch bereit dafür zu bezahlen. Die skurrilste Geschichte habe ich aber in Buenos Aires erlebt, als ich das entscheidende Meisterschaftsspiel zwischen den Boca Juniors und Gimnasia de la Plata live im Stadion sehen wollte. Außerdem war es auch noch das erste Spiel von Diego Armando Maradona als Gästecoach im Bombonera, sprich ein unfassbar begehrtes Spiel. Da habe ich über Umwege einen Mann in einer Bar gefunden, der meinte, er könne die Karten besorgen. Das Problem war aber, dass ich ihm im Voraus 200€ bezahlen musste. Er machte mit mir für den nächsten Tag einen Treffpunkt aus und zog mit meinem Geld von dannen. Da habe ich sehr viel riskiert, weil ich auch keinerlei Kontaktdaten erhalten habe. Das Vertrauen hat sich aber bezahlt gemacht. Er hat mich gemeinsam mit seinen Freunden am nächsten Tag ins Stadion gebracht. Ein wirklich tolles Erlebnis.

TT: Also kommst du auf deinen Reisen auch regelmäßig mit Einheimischen in Kontakt?

KB31: Absolut. Vor der Reise lerne ich auch immer mindestens DANKE, BITTE, HALLO in der Landessprache zu sagen, damit ich mich vor Ort wenigstens etwas ausdrücken kann. Während meiner Japan-Reise hatte ich 5-6 Sätze drauf, auf die ich wirklich stolz war und die ich bis heute noch sagen kann. In New York ist mir etwas besonders Tolles passiert: Dort stand ich bei New York Cosmos am Ticketschalter und wurde von einem einheimischen Fan sehr freundlich angesprochen. Als ich ihm erzählte, dass ich Köln-Fan bin, hat er mich sofort in die Fankurve von New York Cosmos eingeladen. Er kannte die Südkurve zwar nur von Youtube, hatte aber sofort eine Verbindung zu mir. Das ist das Tolle am Fußball: Es ist vollkommen egal, wo man herkommt, die Liebe zum Sport verbindet einen und man hat sofort einen Draht zueinander!

Wir werden KB31 auch in Zukunft folgen und planen auch mal gemeinsam mit ihm auf Reisen zu gehen. Auf seiner Bucket List, stehen noch weitere Stadien in Argentinien, der Superclassico oder auch Chile. Wir freuen uns gemeinsam mit ihm auf volle Stadien, sobald die Corona Pandemie überstanden ist!

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