Liberating Structures: Die Befreiung des Brainstormings
Brainstorming ist eine bekannte Methode, um kreative Ideen zu generieren. Doch oft fühlen sich Menschen während eines Brainstormings unwohl oder frustriert, weil die typischen Regeln des Brainstormings nicht immer effektiv sind. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass ich oft nicht sofort Ideen beisteuern kann. Ein besonders deutliches Beispiel dafür war, als ich in der Fernsehbranche arbeitete. Wir wurden regelmäßig zu Brainstorming-Sitzungen zusammengerufen, um Dokumentarfilme zu entwickeln. Oft kam es vor, dass mir gute Ideen erst nach der Sitzung einfielen, wenn ich mehr Zeit zum Nachdenken hatte.
Aber das Problem kenne nicht nur ich. Viele Leute brauchen Zeit, um Ideen zu entwickeln und fühlen sich unter Druck gesetzt, wenn sie sofort eine Lösung präsentieren sollen. Ein häufiges Problem ist, dass die Lautesten dominieren und bestimmte Ideen vorschnell abgelehnt werden, weil ihre Urheber nicht selbstbewusst genug auftreten oder ihre Ideen nicht präzise genug formulieren können. Dies führt dazu, dass potenziell wertvolle Beiträge unterdrückt werden, nur weil sie nicht laut oder nachdrücklich genug vorgetragen werden. Diese Dynamik führt oft dazu, dass die Gruppe ihr kreatives Potenzial nicht voll ausschöpfen kann.
Hier kommen die Liberating Structures ins Spiel. Liberating Structures sind eine Reihe einfacher, aber wirkungsvoller Werkzeuge, die es Gruppen ermöglichen,
effektiver zusammenzuarbeiten und kreative Lösungen zu finden. Sie zielen darauf ab, die Beteiligung aller Mitglieder zu fördern, eine Vielzahl von Perspektiven zu integrieren und eine Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit zu schaffen.
Die 1-2-4-All-Methode: Eine Struktur für inklusives und effektives Brainstorming
Eine Liberating Structure, die sich besonders für Brainstorming-Sitzungen eignet (und die mir besonders am Herzen liegt), ist die „1-2-4-All“-Methode. Sie funktioniert folgendermaßen:
1. Einzelarbeit (1): Zunächst nehmen sich die Teilnehmer:innen einige Minuten Zeit, um individuell über das Thema nachzudenken und Ideen aufzuschreiben. Diese Phase ermöglicht es den Teilnehmer:innen, sich zu sammeln und ihre Gedanken zu sortieren, ohne von anderen beeinflusst zu werden.
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2. Paararbeit (2): Anschließend werden die Teilnehmer:innen in Paare aufgeteilt. Jedes Paar tauscht seine Ideen aus und ergänzt sie gegebenenfalls. Dies fördert den Austausch von Perspektiven und kann dazu beitragen, neue Einsichten zu gewinnen.
3. Gruppenarbeit (4): Die Paare werden nun zu Vierergruppen zusammengefasst. Innerhalb dieser Gruppen haben die Teilnehmer:innen die Möglichkeit, ihre Ideen weiter zu diskutieren und zu verfeinern. Durch die größere Gruppengröße können unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt und verschiedene Ansätze miteinander kombiniert werden.
4. Alle (All): Zum Abschluss kommen alle Teilnehmer:innen zusammen, um ihre Ergebnisse zu präsentieren und gemeinsam zu reflektieren. Diese Phase stellt sicher, dass alle Ideen gehört werden und fördert ein gemeinsames Verständnis und Engagement für die nächsten Schritte.
Förderung einer inklusiven und iterativen Ideenentwicklung
Die Strukturierung des Brainstormings in mehrere Phasen und der Einsatz von Kleingruppen fördert die Beteiligung aller Teilnehmer:innen und schafft eine Atmosphäre, in der unterschiedliche Stimmen gehört und geschätzt werden. Dieser iterative Ansatz ermöglicht es den Teilnehmer:innen, ihre Ideen schrittweise zu verfeinern und zu überarbeiten und dabei von den unterschiedlichen Perspektiven und Einsichten der Gruppenmitglieder zu profitieren. Dies kann dazu führen, dass die ursprüngliche Idee weiterentwickelt wird, um den Bedürfnissen und Zielen der Gruppe besser zu entsprechen, oder dass die Teilnehmer:innen erkennen, dass die Idee möglicherweise nicht die richtige Lösung ist. Letztendlich führt dies zu einem reichhaltigeren und vielfältigeren Ideenpool und hilft der Gruppe, kreative und innovative Lösungen zu finden. In der Fernsehbranche sind Ideen die gemeinsame Währung. Es wäre doch schade, wertvolle Ideen unnötig wegzuwerfen, oder?
Insgesamt bieten Liberating Structures eine Alternative zum traditionellen Brainstorming, die es Gruppen ermöglicht, effektiver zusammenzuarbeiten und ihr kreatives Potenzial voll auszuschöpfen. Durch den Einsatz von Struktur und klaren Prozessen können die Hürden des traditionellen Brainstormings überwunden und ein Umfeld geschaffen werden, in dem alle Teilnehmer gleichermaßen zur Lösungsfindung beitragen können.