„Man muss schauen, wie man die Emotionen herunterfährt“
GRÜNDUNGSPHASE ERFOLGREICH. Nach den ersten fünf Kanzleijahren „über Plan“ baut Rechtsanwältin Kathrin Schuhmeister ihre Kanzlei in Schwechat aus. In der Lockdown-Zeit sind Familien- und Erbrecht die markanten Schwerpunkte des engagierten Teams geworden.
ANWALT AKTUELL: Frau Mag. Schuhmeister, wie war die Corona-Zeit? Haben Sie’s im Kanzleigeschäft gespürt?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Beim ersten Lockdown, März bis Juni 2020, habe ich’s schon gespürt. Da waren merkbare Umsatzeinbußen. Im zweiten Halbjahr konnten wir das aber glücklicherweise gänzlich ausbügeln.
ANWALT AKTUELL: Hat es in dieser Corona-Zeit Themenverschiebungen gegeben?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Im ersten Jahr eher nicht. Erst ab Anfang 2021 habe ich gesehen, dass diese vermehrten Lockdowns zu einer Verschiebung in Richtung Familienrecht geführt haben, weil nicht nur die Scheidungen, sondern auch die Beratungen zum Thema „was kann ich tun?“ deutlich verstärkt aufgetreten sind. Ich wurde viel öfter als davor gefragt, welche gesetzlichen Voraussetzungen im Zusammenhang mit einer möglichen Trennung gegeben sind. Im laufenden Jahr beträgt der Zuwachs im Familienrecht bereits mindestens 20 Prozent an Aktenzahlen. Das Problem ist auch, dass die Trennungen brutaler sind, weil die Emotionen zwischen den Beteiligten schon so angespannt sind, dass man am Anfang einmal schauen muss, wie man die Emotionen herunterfährt, um auf eine vernünftige einvernehmliche Lösung zu kommen. Die Klienten kommen auf einem emotionalen High-Level daher, wie ich ihn vor Corona noch nicht gesehen habe. Die zu Hause aufgestaute Emotion hat mehrere Gründe: Der Ehepartner ist (möglicherweise) nicht mehr so viel auf Geschäftsreise und man sieht sich jetzt permanent. Dazu kommt vielleicht noch Homeschooling mit den Kindern. Und: Es gibt keinen Urlaub, sondern nur Alltag.
ANWALT AKTUELL: Im Jänner hat Ihre Kanzlei das 5-Jahre-Jubiläum gefeiert. Hat sich der Sprung in die Selbständigkeit bestätigt?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Ja, hat sich bestätigt. Die ersten fünf Jahre waren – wie geplant - die Aufbauphase. Teilweise ist mein Gründungsplan sogar übertroffen worden. Ich habe ein gutes, stabiles Team in der Kanzlei. Im September erweitern wir die Kanzlei um eine zweite Konzipientin. Ich freue mich, dass alles so gut aufgegangen ist.
ANWALT AKTUELL: Als ich Sie vor drei Jahren für die Titelgeschichte besucht habe, war von Laufkundschaft die Rede. Ist daraus mittlerweile Stammklientel geworden?
Mag. Kathrin Schuhmeister: In manchen Fällen schon. Es ist mir immer wieder untergekommen, dass Leute vor zwei drei Jahren sehr zufrieden waren und dann auch wieder mit einem rechtlichen Problem zu mir gekommen sind, was mich natürlich sehr gefreut hat, weil es eine Referenz für unsere Arbeit ist. Man lobt insbesondere, dass wir sehr flott in der Umsetzung sind.
ANWALT AKTUELL: Stichwort „schöne neue Rechtswelt“. Hand aufs Herz: Nehmen Sie die immer intensiver werdende Konkurrenz – Stichwort Internet – wahr, speziell was Verträge oder online-Beratung betrifft?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Ich merke davon nichts. Ich bin der Meinung, dass eine individuelle Beratung durch den Anwalt im Einzelfall unersetzlich ist. Ich nehme schon wahr, dass Leute teilweise mit ausgedruckten Vorlagen aus dem Internet kommen. Da hat man dann das Gefühl, man befindet sich in der Anwaltsprüfung. Interessant sind dann auch Leute, die mit deutschen Homepages auftauchen. Denen muss man dann klarmachen, dass das BGB nicht das österreichische ABGB ist… Ich finde es ehrlicherweise bei manchen Beratungen auch von Vorteil, weil sich die Leute schon einiges durchgelesen haben und man dann relativ konkret in die Beratung einsteigen kann. Ich finde es nicht schlecht, wenn Vorinformation mitgebracht wird.
ANWALT AKTUELL: Welche Bedeutung haben für Sie institutionelle Rechtsberatungen wie beispielsweise jene der Arbeiterkammer oder der Wirtschaftskammer?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Ich glaube, das ist ganz wichtig für die Arbeitnehmer- und für die Arbeitgeberseite. Da wir aber keine Vertragspartner der beiden Kammern sind spielen diese Rechtsgebiete keine besondere Rolle in unserer Kanzlei. Grundsätzlich halte ich diese Institutionen aber für sehr wichtig, weil die jeweiligen Beratungseinrichtungen eine wichtige Funktion bei Erstgesprächen haben.
ANWALT AKTUELL: In einem Interview haben Sie darauf hingewiesen, dass Sie als Rechtsanwältin oft auch Therapeutin für Ihre Klientinnen und Klienten sind. Einerseits bei der Übersetzung der Rechtssprache ins Verständliche, andererseits beim Herunterfahren der Emotionen. Ist es der „menschliche Faktor“, mit dem man hier gegenüber der Konkurrenz punktet?
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Mag. Kathrin Schuhmeister: Mit Blick in die Zukunft ist das der einzige wesentliche Faktor. Aufgrund der Ausbildung setze ich voraus, dass auch alle anderen gut sind. Empathie und Verständnis für den anderen sind die wesentlichen Unterscheidungspunkte zum Mitbewerb. Speziell im Familien- und Erbrecht sind die Emotionen sehr hoch gelagert und die Aufgabe besteht darin, zum einen bewusst eine gewisse Ruhe herzustellen, um in die rechtliche Problematik einzutreten. Gleichzeitig muss man aber auch signalisieren, dass man Verständnis für diese emotionale Situation hat.
ANWALT AKTUELL: Das wird ja auch für den Geschäftsbereich ähnlich sein. Denn, wenn jemand zu Ihnen kommt, will er mit Ihrer Hilfe ja etwas durchsetzen?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Natürlich. Grundsätzlich haben Mandanten gewisse Vorstellungen, was ihr Ziel ist bzw. sie haben auch keine Vorstellungen. Dann ist es meine Aufgabe, ihnen die möglichen Wege aufzuzeigen. Ich pflege zu meinen Klienten zu sagen: Durch welche Tür Sie gehen ist Ihre Entscheidung, ich kann nur die Möglichkeiten aufweisen. Auf jeden Fall muss man aber sehr lösungsorientiert arbeiten.
ANWALT AKTUELL: Ich habe Sie des Öfteren bei Veranstaltungen gesehen, wo es um das Thema „Frau in der Anwaltschaft“ gegangen ist. Welchen Standpunkt vertreten Sie hier?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Ich denke, dass Frauen wie Männer im Anwaltsberuf Vor- und Nachteile haben. Ich glaube, dass gerade in meinen Schwerpunktgebieten Familien- und Erbrecht die Frauen möglicherweise durch ein empathischeres Verhältnis Vorteile haben. Ich selbst habe im Schnitt bei Scheidungen mehr männliche Mandanten, weil möglicherweise die Meinung herrscht, dass eine Frau als Anwältin für einen Mann stärker kämpft. Das mag aus der persönlichen Erfahrung stammen, dass Frauen lieber streiten als Männer. (lacht)
ANWALT AKTUELL: Wenn jetzt die Fee hereinkäme und Ihnen die Möglichkeit böte, Sängerin zu werden, wie Sie das ursprünglich wollten – blieben Sie dann dem Rechtsberuf verbunden?
Mag. Kathrin Schuhmeister: Ich bliebe meinem Rechtsberuf treu, würde von der Fee aber die Liebe zum Gesang ins Privatleben umlagern lassen.
Frau Mag. Schuhmeister, danke für das Gespräch.
Rechtsanwältin Mag. Kathrin Schuhmeister
Bruck-Hainburgerstraße 2/1/3,
2320 Schwechat
Telefon: 01 388 00 18
www.ra-schuhmeister.at