Marke, mehr als ein Logo!
Sind wir uns einmal ehrlich: Wenn über Marken gesprochen wird, dann geht es oftmals nur um das Logo, die Farbwelt oder die Typografie. Dieses enge Verständnis von Marke ist wirklich weit verbreitet. Unzählige Werbeagenturen und Markenberater kümmern sich tagein tagaus darum. Und - versteh mich nicht falsch - diese Aspekte sind ohne jeden Zweifel wichtig. Eine gut gewählte Farbe und eine moderne Schriftart können tatsächlich beleben, beruhigen oder Sicherheit geben. Auch können mittels Design die Werte und die Überzeugungen einer Marke - zumindest teilweise - vermittelt werden.
Jetzt kommt das aber: Damit eine Marke aber wirklich erleb- und spürbar wird und ihre volle Wirkung in der Zielgruppe erzielt, ist mehr notwendig. Wir müssen uns als Ziel setzen sehr bewusst alle 5 Sinne (oder so viele wie möglich) anzusprechen - den Sehsinn (Optik), den Hörsinn (Akustik), den Geruchsinn (Olfaktorik), den Geschmacksinn (Gusatorik) und den Tastsinn (Haptik). Denn: der Mensch bedient sich immer und großteils unterbewusst seiner Sinne.
Hilfreich ist es, sich mit der Bedeutung der einzelnen Sinneseindrücke für die Markenwahrnehmung zu beschäftigen. Hier ein paar Zahlen zum besseren Verständnis: Während mehr als 90 Prozent der normalen Sinneswahrnehmungen über die Augen und die Ohren laufen, ist die Wahrnehmung einer Marke nachweislich anders. Die Optik (mit 58 Prozent) liegt zwar weiterhin an erster Stelle, Duft (45 Prozent) und Klang (41 Prozent) sind aber von vergleichsweise großer Bedeutung. Geschmack (31 Prozent) und Haptik (25 Prozent) liegen dahinter, haben ebenfalls eine gewichtige Rolle, die nicht unterschätzt werden sollte.
Wir müssen also ein multisensorisches Markenerlebnis bieten, das Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen beinhaltet. Laut der Studie „Brand Sense" von Martin Lindstrom ist unsere Loyalität zu einer Marke doppelt so hoch (bei 60 Prozent), wenn wir vier bis fünf Sinne ansprechen, als wenn nur nur visuelle Elemente zum Einsatz kommen. Dazu müssen wir entscheiden, an welchen Punkten eine Marke mittels mehrer Sinne erlebbar werden soll. Denn: Ein umfassendes Markenerlebnis entsteht entlang vieler, unterschiedlicher sogenannter Touchpoints.
Beispielsweise beginnt die Kundenreise bei einer Agentur-Marke bereits beim Empfang oder vielleicht sogar schon vorher - im Treppenhaus. Darüber hinaus wird die Marke von den Mitarbeiter*innen und ihrem Verhalten, dem Geruch des Meetingraums oder der Art und Weise wie ein Kaffee - mit mundgeblasener Tasse oder im Pappbecher - serviert wird, geprägt. Jedes E-Mail drückt über die Sprache und das Design etwas aus - Wertschätzung, Leistungsorientierung, Klarheit oder Harmonie. Mit jeder noch so großen Kleinigkeit haben wir Einfluss auf das Markenerlebnis
Bevor wir entscheiden können, welche Sinne wir in welcher Form ansprechen, sollten wir uns die eigenen Werte und Überzeugungen bewusst machen. Die Frage, die wir uns in diesem Zusammenhang stellen sollten, ist: Welche Werte und Emotionen wollen wir vermitteln? Das ist die Schlüsselfrage, die wir konkret beantworten müssen. Denn eine Marke ist der Ausdruck von unseren Werten. Sie vermittelt, wofür wir stehen, was uns wichtig ist und wovon wir überzeugt sind. Erst danach können wir festlegen, wie wir unsere Werte bestmöglich für die 5 Sinne erlebbar machen. Dann können wir festlegen woran unsere Kunden uns bemerken sollen.
Ich möchte dir den Einsatz der unterschiedlichen Sinne mit ein paar Beispielen näher erklären.
Der Sehsinn ist wie bereits angesprochen zentral. Aus diesem Grund müssen wir grundsätzlich danach streben hier konsequent besser zu werden. Danach hat der Geruchssinn die größte Wirkung auf die Markenwahrnehmung. Disney setzt seit vielen Jahren olfaktorisches Branding ein. In den Amusement Parks des Unternehmens werden in verschiedenen Themenländern (z.B. Frontierland) spezifische und unterschiedliche Düfte eingesetzt. Um die Düfte optimal zu verteilen, wurde sogar eine eigene Maschine, der Smellitzer, entwickelt. Darüber hinaus ist der Geruch von Produkten für den Entscheidungs- und Kaufprozess wichtig. Konsumenten riechen beispielsweise an Lebensmitteln wie Melonen oder Tomaten, um die Qualität und den Reifegrad zu evaluieren.
Der Hörsinn erfährt in den vergangenen Jahren wachsender Aufmerksamkeit. So ist insbesondere Sound-Design in aller Munde. Die „Brand-Jingles“ oder Sound-Intro’s von McDonalds, der Deutschen Telekom oder Audi sind herausragende Beispiele, die große Aufmerksamkeit und Wiedererkennung generieren. Die Erste Bank und Sparkasse hat sehr aktuell einen Werbespot für Unternehmer*innen in der Krise gelauncht, der von dem Elton John Song „I'm still standing“ getragen wird. Das akustische Branding erzeugt hier unfassbare Emotionalität und vermittelt die Werte des Unternehmens und der Kampagne #glaubandich.
Ein anderes tolles Beispiel ist IKEA. Dort wird Sprache sehr gezielt eingesetzt. IKEA verwendet unter anderem das DU in der gesamten Kommunikation. Dadurch wird Nähe, Zugänglichkeit, Sympathie und Verbundenheit ausgedrückt. Bereits Normalität geworden ist die Nutzung von Akustik während des Einkaufs in einem Shopping Center oder im Lebensmitteleinzelhandel, um die Aufenthaltsdauer zu verlängern und Informationen zu transportieren.
Auch, wenn die Bedeutung des Tastsinns und des Geschmackssinns vergleichsweise gering ist, kann das Markenerlebnis von gezielten Maßnahmen profitieren. Beispielsweise hat Apple mit dem Alu-Gehäuse neue Standards in Bezug auf das haptische Markenerlebnis geschaffen. Während andere Anbieter Kunststoff-Gehäuse nutzten, hat Apple haptische Markenführung erfolgreich eingesetzt, um Hochwertigkeit, Hingabe und Innovation spürbar zu machen. Starbucks ist ein Beispiel für Branding mittels Geschmackssinn. Kaffee wird mit extrem ausgewählten Inhaltsstoffen und höchster Präzision hergestellt, aber auch mit perfektem Schaum serviert. Und: jede Saison steht im Zeichen bestimmter Geschmäcker. Jetzt im Herbst verkörpert dieser Geschmacksinn etwa der Pumpkin Spice Latte. Die einzigartige Atmosphäre rundet das Markenerlebnis bei Starbucks wirkungsvoll ab.
Wir entscheiden, wie wir unsere Werte transportieren möchten. Wir sind dafür verantwortlich, welche Emotionen bei Kunden und Mitarbeiter*innen entstehen. Wir haben die Möglichkeit das Markenerlebnis zu optimieren, indem wir multisensorisches Branding bewusst für unsere Marke zum Einsatz bringen. All diese Entscheidungen wirken sich auf unseren unternehmerischen Erfolg aus - jeden Tag, immer wieder. Viel Freude beim Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen.
Social Media & Influencer Marketing | Cooperations @ BORA
4 JahreToller Artikel und spannende Inputs! 🤗
Vice President Marketing || Industry B2B || FMCG B2C || Commercial Excellence
4 JahreDanke, Alexander. Und für mich noch das wichtigste, was eine Marke definiert, ist der Bauchsinn (😂) bzw. das Bauchgefühl bzw. Gut Feeling. Was für ein BG bekommst du, wenn du den Namen „Ferrari“ hörst, etc.
Consultant | Author | Disney Blogger
4 JahreToller Artikel, Alexander Zauner 👏👏👏 ich persönlich lass mich gern von meinem👃Sinn leiten 😊