Markenführung in Krisenzeiten: Was können wir von China lernen?
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Markenführung in Krisenzeiten: Was können wir von China lernen?


Die langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise auf das Verbraucherverhalten beschäftigt Marketingverantwortliche und Marken. Wie diese Veränderungen aussehen könnten und wie am besten mit ihnen umgegangen wird ist derzeit eine wichtige Frage. Um wirkungsvolle Antworten auf die Herausforderungen der Krise zu finden, lohnt sich der Blick nach China. Die Digitalisierung hat durch die Quarantäne einen mächtigen Schub nach vorne bekommen. Marken und Menschen verlagerten ihre Interaktion beinahe vollständig auf Onlinekanäle. Neue digitale Dienstleistungen und Produkte wurden entwickelt, die sich sehr schnell im Markt etablieren konnten. Jetzt, wo das Leben in China sich wieder normalisiert, versuchen die Menschen das Verpasste zu kompensieren.

China ist Europa betreffend Covid-19 ein paar Wochen voraus. Wie gehen chinesische Marketingverantwortliche mit den Herausforderungen und dem veränderten Verbraucherverhalten nach zwei Monaten Corona um? Was erwarten sie für die Zukunft? In einer Umfrage von Dentsu Anfang März gaben 47% der befragten chinesischen Marketingleiter an, dass ihre Verkäufe durch Covid-19 erheblich oder stark beeinträchtigt wurden. 14% der Befragten entschieden sich für eine Neuausrichtung der Werbebudgets und eine kreative Verlagerung der Offline- Richtung Online-Kanäle. Knapp 7% haben sich dafür entschieden, ihre Kommunikationsinvestitionen einzustellen. Diese Zahlen bedeuten, dass Covid-19 nur einen begrenzten Einfluss auf den Markenwert (Bekanntheit, Qualität und Reputation) der Mainstream-Marken hatte, mit Ausnahme von Air China. Die Kaufabsichten gingen in verschiedenen Sektoren zurück, aber die Aufmerksamkeit gegenüber Marken nahm etwas zu.


«Covid-19 hatte hatte in China nur einen begrenzten Einfluss auf Bekanntheit, Qualität und Reputation der Marken.»


Agilität und Innovation

Viele Marken suchen nach wirkungsvollen Methoden im Online-Marketing, um der Epidemie entgegenzuwirken. Dies gleichzeitig im Bereich der Markenbildung als auch in der Werbung. So wie SARS 2003 den Onlinehandel zum Aufblühen brachte, beschleunigt eine zuhause arbeitende Bevölkerung den Wandel und die Digitalisierung. 

Durch die grössere Selbstständigkeit lernen die Konsumenten, mehr Verantwortung zu übernehmen, werden widerstandsfähiger und sind bereit, den Faden wieder aufzunehmen. Verbraucher in China zeigten sich besonders anpassungsfähig gegenüber der neuen Situation. Die Rolle der Familie wurde deutlich wichtiger. Ebenfalls intensivierte sich die Interaktion zwischen jüngeren und älteren Generationen, worin sich die Jungen gegenüber den Älteren solidarisch zeigten und sie auf neue Art unterstützten. Eine dieser Neuerungen ist die Veränderung des Medienkonsums. Grosse Bildschirme wurden durch kleinere, mobile Geräte ersetzt und die Inhalte entsprechend angepasst. Es wurde viel nach Infotainment, nach digitalen Lernplattformen und nach Möglichkeiten zur Selbstentwicklung gesucht. Gleichzeitig wurden auf allen Plattformen neue Programme und Werbeformen entwickelt, mit denen noch gezielter den sich wandelnden Bedürfnissen entsprochen werden konnte. Der Treiber war jedoch zweifellos die massive Verlagerung der Arbeit in die eigenen vier Wände: eine Revolution für das Klassenzimmer als für das Büro. Nach dem chinesischen Neujahrsfest wurde massiv auf DingTalk, WeChat Work, Microsoft Teams und Feishu umgestellt. Alleine DingTalk zählt mittlerweile 200 Millionen aktive tägliche Nutzer und 10 Millionen Geschäftskunden.


«Digitale Kanäle sind absolut matchentscheidend für alltäglich Konsumgüter genauso wie für Unterhaltungselektronik.»


Die Wolke wird zur Cumulus-Wolke

Cloud Office, Cloud Conference, Cloud Class, Cloud Clinic: Das sind die neuen Kommunikationsmittel und ihr kommerzieller Wert steigt rapide an. Cloud-Premieren, Markteinführungen und Live-Streaming sind in der ultrakurzen Zeit zum neuen Standard geworden. Social-Video wurde und wird von allen Altersgruppen sehr stark genutzt. Es scheint, dass Covid-19 die Digitalisierung der Gesellschaft noch mehr beschleunigt hat. China profitiert von der starken Verbreitung der 5G-Technologie. Denn digitale Kanäle sind absolut matchentscheidend. Für alltäglich Konsumgüter genauso wie für Unterhaltungselektronik. Social Commerce und Live-Stream-Verkauf sind in den Startlöchern und dürften 2020 rasch an Bedeutung gewinnen. 

Wieder mit Wachstum verbinden 

Auf den Regen folgt der Sonnenschein. China's Märkte zeigen starke Tendenzen zu einem V-Wachstum, da die Einschränkungen des öffentlichen Lebens gelockert oder aufgehoben werden. Diese Lockerungen werden gefeiert wie die Befreiung nach dem Zweiten Weltkrieg. Diverse Touristenattraktionen werden überflutet, sobald sie wieder geöffnet werden (einschliesslich der Zerbrochenen Brücke am Westsee von Hangzhou, die am ersten Tag nach der Aufhebung der Quarantäne über 5'000 Besucher verzeichnete). Als das berühmte Rindfleisch-Nudel-Restaurant in Lanzhou wieder aufging, standen die Menschen in 100 Meter langen Schlangen, um endlich wieder eine Portion der beliebten Nudeln zu ergattern. 



Über den Autor: Reto Meyer ist Inhaber der strategischen Kreativagentur Yellow in Basel. Mit seiner Agentur ist er Sparring Partner von Unternehmen mittlerer Grösse und unterstützt sie, in stabilen und unsicheren Zeiten erfolgreich zu sein. 

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