Meine Auto AutoApp: Analog gedachter, digitaler Schein
Ich habe ein neues Auto. Ein Hyundai Tucson. Der Hersteller wirbt mit seiner "Connected Car" App sogar im Fernsehen. Na, da bin ich ja gespannt.
Was erwarte ich?
Hyundai ist nicht Tesla, aber nach allem, was ich gelesen hatte und nach meinem persönlichen Eindruck vom Design der Bedienungselemente im Fahrzeug erwarte ich nun auch kein Schlusslicht. Ich hoffe auf Standard etwas über dem Durchschnitt. Dazu gehört für mich
Die Realität
In der Euphorie der Fahrzeugübergabe will ich direkt die App in Betrieb nehmen. Leider Fehlanzeige, das Auto wird nicht erkannt. Ok, schade. Habe anderes zu tun, die App gerät aus meinem Fokus.
Nach sechs Wochen erhalte ich Post von Hyundai. Also richtige Post, auf Papier. Mein Auto sei jetzt so weit, dass ich es mit der App verbinden könne. Ok. Wäre auch ohne Papier möglich gewesen, durch den Leasingvertrag sind meine digitalen Kommunikationswege Hyundai direkt bekannt. Das würde dann der Umwelt noch mehr helfen.
Also wieder von vorne: App herunterladen, die Customer Journey beginnt:
Die digitale Customer Journey:
Ich will es nicht zu sehr in die Länge ziehen, deshalb nur in Stichworten das Wichtigste.
Soweit so bekannt bei vielen anderen Anwendungen. Worüber ich mir vorher allerdings keine Gedanken gemacht hatte: Ich muss mich im Auto befinden, um die Registrierung abzuschließen.
Was Du vorher wissen solltest: Straßentaugliches Outfit erforderlich
Nach diversen Registrierungen von Mobilnummer, Mail, etc. wurde ich aufgefordert, nun mein Fahrzeug in der App zu registrieren. Dazu sollte ich den Code, der auf dem Display meines Autos erscheint, in die App eingeben. Die Sanduhr lief, insgesamt 10 Minuten.
Eigentlich kein Problem. Allerdings saß ich im Schlafanzug auf der Couch. Leider kann ich nicht von der Nachbarschaft ungesehen von der Haustür ins Auto kommen. Also schnell rein in irgendwelche Klamotten, den Autoschlüssel gesucht und ins Auto gestürzt. Die Uhr zeigte noch 3 Minuten.
Zum Glück ist das Interface im Hyundai einigermaßen logisch aufgebaut, ich habe es innerhalb von 2 Minuten gefunden und bin noch rechtzeitig durch die Ziellinie. Yeahhhh!!!!!
Bis dahin war ich allerdings schon ernüchtert: Nutzerfreundlich ist anders. Na ja, jetzt habe ich es ja geschafft.
Was kann die App?
Das Auto lässt sich nun mit Smartphone öffnen. Ich steige ein.
Kalendersynch funktioniert gut, meine Termine werden korrekt auf dem Display angezeigt, sobald ich im Auto sitze. Schön.
Dann kann ich ja jetzt auch losfahren, oder? Nö. 😳
(Bitte entschuldigt den Staub auf dem Display, habe vor zwei Wochen das letzte Mal geputzt).
Whaaaaaaat???????
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Die App ist keine Verbesserung im Alltag
Wenn es also um die absolute Basisfunktion geht: Aufschließen und losfahren ist die App eine Verschlechterung.
Benutze ich den Fahrzeugschlüssel, dann muss dieser nur in meiner Nähe sein, das Auto öffnet sich dann automatisch, ich kann losfahren. Mit der App müsste ich über das Smartphone das Auto manuell entriegeln, den Schlüssel muss ich zusätzlich dabei haben, der das Auto dann ja sowieso automatisch entriegelt. Das macht so gar keinen Sinn.
Wo ist hier der konkrete UseCase? Aus Lust und Laune mein Auto daheim aufschließen aus dem Urlaubsort? Einfach, weil ich es kann?
Ich scrolle mich dann ernüchtert durch die anderen Reiter der App und gähne innerlich ein wenig. Infos über den Zustand meines Autos. Joah.... sehe ich auch über das Display, wenn ich im Auto sitze. Nichts, was mich nur ein bisschen begeistert. Warum schreibe ich das alles so ausführlich?
Die Magie des Digitalen nicht verstanden?
Ich habe es schon einige Male an anderer Stelle angedeutet: Die Automotive-Industrie hat für mich das Wesen der digitalen Welt noch nicht so recht verstanden. Software kann die Nutzung eines Autos deutlich verbessern, sogar neue Dimensionen erreichen.
Der Verzicht auf den Autoschlüssel ist ja nur der Anfang. Es wäre so viel mehr denkbar.
Eine kleine Ideensammlung aus dem Ärmel geschüttelt, da ist noch viel mehr möglich. Google Car ist vielen Dingen Vorreiter, die fehlende tiefere Integration in die "Hardware Auto" ist hier ein Showstopper.
Wenn allerdings schon das Setup der App solch ein Aufwand ist, dann zeigt dies vor allen Dingen eins:
Auch im Jahr 2024 ist Design Thinking immer noch nicht verstanden worden
Vor mehr als 10 Jahren habe ich zum ersten Mal von Design Thinking gehört und war begeistert. Eine für mich damals ganz neue Betrachtungsweise:
Der Mensch im Mittelpunkt. Mit seinen Bedürfnissen, Erfahrungen und Emotionen.
Viel ist davon noch nicht angekommen, wenn es um das Auto geht. Wo genau wird ein Bedürfnis befriedigt, wenn ich mit dem Smartphone das Auto aufschließen kann? Spoiler: nirgendwo. Wo weckt die App Begeisterung? Bei mir keine. Was begeistert die Fahrer:innen überhaupt?
Ist das nur bei Hyundai so? Ich glaube nicht. Meine erste Smart App für ein Auto war für eine Mercedes C-Klasse. Ich bekomme heute noch Mails über Updates. Das Auto habe ich im Jahr 2018 abgegeben. Was uns zur Frage bringt, wie es eigentlich mit den Daten aussieht und wem diese gehören. Aber das ist ein anderes Thema.
Digitalisierung bedeutet, alles am Menschen auszurichten.
Exponentielle Veränderung ist jetzt.
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Wenn Du willst, was Du noch nie hattest, dann tu, was Du noch nie getan hast!
5 Monatenicht wirklich lustig - eher zum Haare raufen ...
Elektrisch ist schneller als mit dem Moped
5 MonateWir haben 2 Elektroautos und richtige Mehrwerte bringen beide Apps nicht. Das mit dem Schlüssel ist so ein Thema. Wenn Null Mobilfunkverbindung gegeben ist, hat das mal mit dem Smartphone nicht funktioniert, das Smartphone kann sich ja nur über die Cloud mit dem Auto verbinden. Habe es aber kein zweites mal ausprobiert, da ich eher mal ohne Smartphone unterwegs bin. Welche Mehrwerte sollten die Apps auch bringen? Die Reiseroute sende ich mittels Maps ans Auto. Das einzige was es bringt ist die Fernbedienung der Klimatisierung. Alles andere Gimmicks.
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5 MonateKurze Ergänzung: Ich war kurz davor, mich für den Ioniq6 zu entscheiden, ein E-Fahrzeug. Dann kann man mit der App zusätzlich Energiemanagement betreieben. Wenn also die Batterie der heimischen Solaranlage angezapft wird zum Laden, kann ich (manuell) den Ladevorgang über die App stoppen. Bei Tesla in Kombination mit der Wallbox funktioniert das Energiemanagement automatisch. Vom Nutzer aus gedacht.
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5 MonateGuten Morgen,Dorothée Töreki! Da gibt es noch Upside, und ist auch meine Erfahrung. Wie Du schon sagst, es scheint "analog" gedacht zu werden, und dann digital übersetzt. Schade.
KI | Politische Kommunikation | „Politechathon“-Initiator gegen Desinformation und Deepfakes
5 MonateDanke für den aufschlussreichen Erfahrungsbericht. Warum bekommen es Autohersteller nicht hin, das "Fahrerlebnis" vom Benutzer aus - aka von hinten nach vorne - zu entwickeln? Als häufiger Nutzer von Mietwagen bleibt mir das immer noch ein Rätsel...