Nachhaltigkeit in der Verlagsbranche

Nachhaltigkeit in der Verlagsbranche

Die Diskussion über Klimawandel, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein hat auch unsere Buchbranche erreicht. Denn Fakt ist: Wir alle müssen unseren Beitrag leisten, um die Ressourcen dieser Erde zu schützen. Aber was genau bedeutet Nachhaltigkeit für Verlage und die Buchproduktion? Wie kann man sie umsetzen und wie lässt sich die Verlagsbranche ganzheitlich und umweltbewusst denken?

 

Was bedeutet Nachhaltigkeit in der Buchbranche?

Nachhaltigkeit vereint drei Dimensionen in sich: Die ökologische (das, was wir im Allgemeinen Umweltfreundlichkeit oder Umweltbewusstsein nennen), die ökonomische (das wäre der wirtschaftliche Aspekt) und die soziale Dimension (hier spielen vor allem Diversität, Chancengleichheit und soziales Engagement eine Rolle). All das sollte zusammen gedacht werden, wenn man sich als Unternehmen Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreiben möchte. In diesem Artikel wollen wir uns jedoch dem Unterpunkt Umweltschutz widmen.  

Wenn wir die Buchproduktion auf Nachhaltigkeit hin untersuchen wollen, denken wir zuerst an: Papier, Papier, Papier. Das ergibt auch Sinn, denn laut WWF wird jeder zweite industriell genutzte Baum für die Papierherstellung gefällt. Jährlich gibt es in Deutschland rund 80.000 bis 90.000 Neuerscheinungen und über 400 Millionen Bücher insgesamt, die pro Jahr produziert werden. Die Buchbranche nimmt hier also keine kleine Rolle in der Diskussion um Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein. Aber auch Druckfarben, Plastikumschläge, Klebstoff und Transport beeinflussen die Nachhaltigkeit unserer Bücher.

 Was wurde im Bereich Umweltschutz schon getan?

Möchte man sich beim Einkauf nachhaltig orientieren, gibt es bestimmte Siegel, die dem Kunden Nachhaltigkeit oder Umweltfreundlichkeit signalisieren. So etwa den „Blauen Engel“ für umweltfreundliche Druck-Erzeugnisse, der gewisse Standards für die Herstellung und das Energiemanagement eines Verlags fordert. Außerdem gibt es das FSC-Siegel,das nachweist, dass das Papier zu 70 Prozent aus zertifizierter „nachhaltiger“ Forstwirtschaft, bei der die Bewahrung der STabilität und der natürlichen Regenerationsfähigkeit des Forstes im Vordergrund steht, stammt. Natürlich werden für dieses Papier jedoch auch Bäume gefällt; noch besser also ist FSC-zertifiziertes Recyclingpapier. Ende 2018 wurde weiterhin ein Schritt in die Richtung Nachhaltigkeit getan, indem man auf die Einschweißfolie bei Hardcover-Büchern größtenteils verzichtete – also den Versuch unternahm, dadurch weniger Plastik zu verbrauchen.

 Wie können Verlage Nachhaltigkeit umsetzen?

Noch ist jedoch viel zu tun. Um Nachhaltigkeit in Verlagen konsequent und langfristig umzusetzen und damit die Umwelt zu schützen, müssen viele Aspekte von der Manuskriptannahme über das Korrektorat und Lektorat bis hin zum Druck bedacht werden. Sie machen aber auch vor Konsument:innen keinen Halt, denn Lesegewohnheiten spielen ebenfalls eine Rolle für den Umweltschutz und den bewussten Umgang mit Ressourcen. Zum Glück können Verlage auf viele Facetten der Nachhaltigkeit Einfluss nehmen.

 Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen

Papier und Folie

Bei der Buchherstellung macht die Papierproduktion in der Klimabilanz eines Buches rund 70 bis 80 Prozent der Emissionen aus, daher sollte man mit Papiervorräten nicht sorglos umgehen. Manche Verlage, zum Beispiel Matabooks aus Dresden, setzen auf Graspapier, was bedeutet, dass bis zu 50 Prozent der Zellstofffasern des Papiers aus Gräsern bestehen. Grasflächen sind im Gegensatz zu Waldgebieten in Deutschland genügend vorhanden, was unter anderem längere Transportwege vermeidet. Außerdem werden bei der Herstellung herkömmlichen Holzzellstoffes über 5.000 Liter Wasser pro Tonne verbraucht, während man für dieselbe Menge an Graspapier weniger als zwei Liter Wasser benötigt. Apfelpapier oder Recyclingpapier sind ebenfalls nachhaltige Möglichkeiten.

Die Schutzumschläge und -folien, in die man Bücher einpackt sind - soweit noch vorhanden - ebenfalls ein Problem. Während früher Schutzumschläge genau für das da waren, was ihr Name verspricht, nämlich Schutz, sind sie heute vielmehr Marketingprodukt geworden und dazu da, die Bücher hübscher und bunter aussehen zu lassen. Nachhaltig wäre es, die Umschläge gänzlich wegzulassen oder auf kompostierbare Folien und Folien aus Restposten von Leinen zu setzen.

Druckfarbe und Klebstoff

Aber nicht nur das Papier spielt eine Rolle beim Umweltschutz in der Buchbranche. Auch Druckfarben auf Mineralölbasis und bestimmte Klebstoffe verhindern, dass das Produkt recycelt oder adäquat entsorgt werden kann – obwohl das natürlich im besten Fall gar nicht eintritt, da Bücher meist lange in Bücherregalen stehen oder von Generation zu Generation weitergegeben werden. Dennoch bieten sich für die nachhaltige Entsorgung Alternativen von Druckfarben auf Leinölbasis oder Klebstoffen auf Wasserbasis an. Das Cradle-to-cradle-Konzept etwa achtet auch auf diese Einzelheiten; es bedeutet übersetzt „von der Wiege zur Wiege“ und setzt sich zum Ziel, einen nachhaltigen Produktionskreislauf zu schaffen, bei dem das Endprodukt schadstofffrei und kompostierbar ist, sodass es wiederverwendet werden kann, um ein neues Produkt herzustellen.

Transport

Die meisten lokalen Buchläden bieten ihren Kund:innen Lieferdienste an. Das heißt, wenn ein Buch nicht vorrätig ist, wird es sogleich bestellt und kommt ein, zwei Tage später an. Das tun die Buchhändler, weil sonst viele aus Bequemlichkeit ihre Bücher online bestellen würden und damit lange und unnötige Transportwege verursachen. Nachhaltigkeit? Fehlanzeige! Praktischer, wenn auch weniger „kundenfreundlich“, wäre es, Transportlieferungen zu bündeln, sodass nicht jede Bestellung einzeln umhergeschifft werden muss.

Auch die Menge an gedruckten Büchern ist ein Problem. Es wird sehr viel mehr gedruckt als gekauft, was eine ganze Menge an verschwendeten Ressourcen und Energie nach sich zieht. Nachhaltigkeit lässt sich hier umsetzen, indem auf die tatsächliche Nachfrage geachtet und „on demand“ gedruckt wird. Natürlich müssten sich Käufer:innen in Geduld üben und bereit sein, der Umwelt zuliebe auf das gewünschte Produkt zu warten.

 Nachhaltigkeit durch digitale Lösungen

Digitales Lesen

Viele sind der Meinung, dass eBooks die umweltfreundliche Alternative zu auf Papier gedruckten Büchern sind. Ganz so stimmt das allerdings nicht. Die eBooks selbst sind bei der Nachhaltigkeit nicht das Problem, sondern vielmehr die Endgeräte, auf denen sie genutzt werden. Beispielsweise Tablets, die in der Produktion Unmengen an Energie, später im Gebrauch viel Strom verbrauchen und häufig weite Transportwege hinter sich haben.

Der Umstieg auf digitales Lesen zugunsten der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes würde sich also nur dann lohnen, wenn man etwa Ökostrom nutzt und / oder das Endprodukt, auf dem gelesen wird, häufig und jahrelang nutzt. Wenn man sich aber stattdessen jedes Jahr ein neues Kindle kauft, um im Laufe des Jahres dann zwei Bücher zu lesen, wäre man in Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Konsums besser beraten, diese im „normalen“ Buchhandel zu erwerben.

Digitale Assistenten

Auf Verlagsseite können digitale Assistenten nicht nur den Arbeitsalltag und die Verlagsprozesse vereinfachen, sondern auch zur Nachhaltigkeit in Verlagen beitragen. Dies geschieht vor allem dadurch, dass Abläufe digitalisiert und so auf Papier verzichtet werden kann. Zudem ist es möglich, anhand von Metadaten mithilfe einer Software Voraussagen über viele Parameter eines Buches wie beispielsweise der Größe und dem Gewicht zu machen. Diese helfen dann, den Transport zu optimieren und nachhaltig zu gestalten. Mittlerweile gibt es Verlagssoftwares für viele Bereiche im Workflow eines Verlages, die es ermöglichen, Nachhaltigkeit langfristig umzusetzen.

 Umweltschutz mit Scriptbakery

Scriptbakery ist nur eine davon. Als digitale Assistentin ist sie aber schon mit der Manuskriptannahme dabei und kann damit von Beginn an Prozesse in Bezug auf die Nachhaltigkeit eines Verlages optimieren. Ihre erste Tat ist dabei die automatisierte Annahme von digitalen Manuskripten. Dadurch wird eine Menge Papier gespart. Autor:innen reichen ihre Werke nämlich direkt und digital in der Software ein, wo sie in einer Cloud gespeichert und vom integrierten Analysetool Alinea analysiert werden. So müssen weniger, bis keine Manuskripte mehr ungelesen abgelehnt werde. Dabei werden mehrere Tonnen Papier und CO² gespart, was der Nachhaltigkeit enorm zugute kommt.

 Auch Lektorat und Korrektorat können im nächsten Schritt digital über das Manuskript in der Cloud erfolgen. Praktisch: Alle Beteiligten haben die Möglichkeit, bequem von überall darauf zuzugreifen und mitzuarbeiten. Eine umweltbewusste Zugfahrt lässt sich auf diese Weise effizient nutzen und langer, stromverbrauchender E-Mail-Verkehr vermeiden. Ja, auch das trägt zur Nachhaltigkeit im Verlag bei.

Ist das Buch fertig, kann Scriptbakery die Metadaten mit anderen Büchern vergleichen und dadurch Rückschlüsse auf Maße und Gewicht ziehen. Das hilft Verlagen dabei, Verpackung und Transport so zu verbessern, dass möglichst viele Ressourcen und CO² gespart werden.

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