Nutzt eine Agenturmarke dem Neugeschäft?

Nutzt eine Agenturmarke dem Neugeschäft?

Marke, so schrieb Hans Domizlaff, sichere eine Monopolstellung in der Psyche des Verbrauchers. Ich gestatte mir, dieser Kategorie des „Verbrauchers“ auch den klassischen Auftraggeber einer Agenturleistung oder kreativen Leistung eines Freiberuflers zuzuordnen. Schließlich könnte er in allzu vielen Fällen gar nicht treffender beschrieben werden. Doch bevor wir diesen Zustand ein erneutes Mal bedauern, welche Anstrengungen unternimmt der klassische Anbieter denn, eine solche Monopolstellung zu besetzen?

Seit ich die Szene beobachte – und das sind mittlerweile vier Jahrzehnte –, versucht das Gros der Anbieter, sich als Alleskönner zu positionieren. Viele davon versuchen, diesen Anspruch auch heute noch aufrecht zu erhalten, wo die Angebote so speziell geworden sind, dass sie selbst von größeren Einheiten kaum noch abzudecken sind; zumindest nicht auf einem hohen Niveau. Wie und für was wäre auf diese Weise eine Monopolstellung in der Psyche des Kunden zu erreichen? Für Mittelmäßigkeit, für Selbstüberschätzung oder gar für Nichtwissen? Chancenlos! Denn für all diese Attribute steht bereits die gesamte Branche.

Was also ist zu tun? Aus meiner Erfahrung in dem Angebot von Kreativleistungen zahlt es sich aus, eine Art von Expertenstatus zu erlangen. Der Auftraggeber muss das Gefühl haben, die beste aller Möglichkeiten zu wählen. Dabei können die Bemessungskriterien sehr unterschiedlich sein. Die beste Möglichkeit kann die nächstgelegene (räumlich), die mit der besten Reputation, die mit dem größten Sachverstand, den besten Verbindungen zu relevanten Stakeholdern usw. sein. In den seltensten Fällen, wird ein Anbieter alle Aspekte als Bester erfüllen und damit in die Psyche des Verbrauchers eindringen können. Wahrscheinlicher ist, dass er spezifische Attribute erfüllt und damit durchdringt.

Doch es gibt wenige, die diese Chance wirklich nutzen. Die Homepages formulieren bislang meist Ansprüche, bieten aber selten Konkretes. Welcher Anbieter verbindet seine Agenturmarke beispielweise mit dem kollaborativen Arbeitsstil, der Effizienz oder der Nachhaltigkeit? Wer liefert dazu konkrete Beispiele? Beispiele, die über ein „Klar doch, machen wir auch!“ deutlich hinausgehen. Also nicht nur das weitgehend papierfreie Büro und das Mitarbeiterfahrrad, sondern die nachhaltig wirkende Kommunikationsarbeit. Nicht nur die Referenz, dass man auch schon einmal mit anderen an einem gemeinsamen Projekt gearbeitet hat, sondern Beispiele dafür, mit welchem Anspruch man an Aufgaben herangeht, Partner auswählt und diese ggf. auch steuert.

Viel wird in letzter Zeit über den Sinn oder Unsinn eines „Purpose“ geschrieben. Ich halte ihn für sehr sinnvoll. Denn sobald ein Auftraggeber seine Anforderungen formuliert hat, stellt sich doch gleich die Frage, wer für deren Erfüllung in Frage kommt. Und spätestens für den Prozess des internen „Hindurchverkaufens“ ist es dann von hoher Bedeutung, dass dieser Anbieter für die Erfüllung gerade dieser Anforderungen bekannt ist.

Daher empfehle ich den Aufbau von Personen- und Agenturmarken als starkes Element des New Business.

Benno Heider

Interimsmanager und Coach für Freelancer und Agenturinhaber*innen, um das Business zukunftssicher aufzustellen. >> Seminare/Coaching/Beratung //Buchautor <<

3 Jahre

Lieber Manfred, ein sehr guter Artikel! Genau das sind auch meine Erfahrungen. Als Ergänzung: regelmäßig schaue ich mir HPs von Agenturen an. Egal ob groß, ob klein, ob spezialisiert oder Alleskönner. Die HPs bieten alle das Gleiche. Die Navigation besteht aus Agentur (über uns oder neudeutsch About), Referenzen (Für wen wir arbeiten), Leistungen (was wir tun) und möglichst noch ein Blog (oft mit der letzten Nachricht aus 2020). Sehr selten gibt es eine Agentur, die eine Story zu erzählen hat und diese Story über die HP dokumentiert.

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Weitere Artikel von Manfred Berger

  • New Business managen

    New Business managen

    Menschen, die sich mit dem Thema New Business beschäftigen, merken schnell, dass es sich dabei nicht um eine einmalige…

  • Fehleinschätzungen beim New Business

    Fehleinschätzungen beim New Business

    Die häufigste Reaktion auf meine Tätigkeit als New Business Coach ist: „Machen wir auch. Ist wichtig!“ Sollte ich mir…

  • Agenturprodukte beschleunigen das New Business

    Agenturprodukte beschleunigen das New Business

    Um etwas verkaufen zu können, benötigt man ein Produkt bzw. eine Leistung.

  • Widerstandskraft im Agenturalltag

    Widerstandskraft im Agenturalltag

    Wir reden in der Branche ja gerne von der „Persistenz“. Und was bedeutet sie konkret, denkt man dabei einmal an die…

  • Autoritätsverlust

    Autoritätsverlust

    Vor einigen Tagen rief mich ein Marketingleiter an und erkundigte sich, was es kosten würde, wenn ich ihn bei der Suche…

  • Beteiligungskultur

    Beteiligungskultur

    Als Führungskraft habe ich früh gelernt, wie wichtig es ist, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Bedeutete anfangs…

  • Vertrieb von Kreativleistungen

    Vertrieb von Kreativleistungen

    Als ich mich vor vielen Jahrzehnten – aus dem Vertrieb kommend – auf die ersten Agenturjobs bewarb, war die Arroganz…

    1 Kommentar
  • Verkauf von Kreativleistungen

    Verkauf von Kreativleistungen

    Verkauf, ein böses Wort für viele, zumindest, wenn es um den aktiven Verkauf der eigenen Leistung geht. Aber ist das…

  • Spiegelblick

    Spiegelblick

    Weißt du wirklich, wer du bist? Speziell in deinem Tun! Weißt du auch, wie und als was du von deinem Zielpublikum…

  • Warum nennen sich Agenturen immer noch Agentur?

    Warum nennen sich Agenturen immer noch Agentur?

    Als die Insertionsagentur Haasenstein im Jahre 1855 in Altona ihre Dienste aufnahm und damit zur Mutter der deutschen…

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen