Optimistisch nachhaltig
Nachhaltigkeit im Banking wird in zehn Jahren selbstverständlich sein und bei allen Finanzentscheiden berücksichtigt werden. Bis dahin braucht es bessere Kommunikation und gezielte Aus- und Weiterbildung.
Der Finanzplatz Schweiz soll nachhaltiger werden. Dieses Ziel verfolgt das vom Bundesamt für Umwelt BAFU gegründete "Swiss Team" mit Vertretern der Finanzbranche, der Wissenschaft, von NGOs und Behörden (insight berichtete). Damit unterstützt das BAFU das Umweltprogramm der UNO (UNEP), welches 2015 mit der "UNO Inquiry" unter anderem Strategien für eine bessere Ausrichtung des Finanzsystems auf die Bedürfnisse einer nachhaltigen Entwicklung definierte.
Das BAFU-Magazin umwelt hat sich mit drei Vertretern aus dem "Swiss Team" darüber unterhalten, welche Fortschritte der Finanzplatz Schweiz in punkto Nachhaltigkeit gemacht hat und nachgefragt, wie das Bildungssystem den Trend abbildet.
Branche und Realwirtschaft sind gefordert
David Gerber, Leiter der Sektion Finanzmarktpolitik und stellvertretender Leiter der Abteilung Märkte beim Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF), ist überzeugt, dass der Bund das Thema ökologische Nachhaltigkeit und Finanzmarktpolitik zusammen mit dem BAFU frühzeitig in Angriff genommen hat. Einerseits habe der Bundesrat die Grundsätze für eine konsistente Finanzmarktpolitik und eine aktive Rolle der Schweiz in internationalen Gremien in diesem Bereich festgelegt, andererseits habe er der Nachhaltigkeit in seinem Bericht zur zukünftigen Finanzmarktpolitik eine prominente Rolle zugesprochen.
"Die Positionierung [im Bereich nachhaltige Finanzen] muss aber letztlich von der Branche ausgehen", fordert Gerber.
"Gefragt sind auch Unternehmen der Realwirtschaft. Wenn sie nachhaltiger werden, werden auch die Investitionen nachhaltiger."
Bemühungen tragen erste Früchte
Sabine Döbeli, Geschäftsführerin von Swiss Sustainable Finance, sieht derzeit viel Bewegung und Dynamik im Bereich nachhaltige Finanzen. Sie betont aber, dass das Thema nicht auf spezifische, nachhaltige Produkte reduziert werden dürfe. "Es geht dabei auch um eine breite Integration in die Finanzwelt", stellt Döbeli klar. Diesbezüglich habe sich auf dem Finanzplatz Schweiz einiges getan, so seien verschiedene Banken dazu übergegangen, Nachhaltigkeitskriterien bei allen Entscheidungsprozessen einzubeziehen. Weiter trage auch das Klimaabkommen von Paris Früchte: Erste Pensionskassen steigen beispielsweise aus Investitionen in Kohle auf fossile Energien um.
Ungenutztes Potenzial
Laut Martin Hess, Chefökonom bei der SBVg, ist das Potenzial von nachhaltigen Investments enorm. Es herrsche ein regelrechter Anlagenotstand. Es habe noch nie eine solch grosse Zunahme an Finanzvermögen gegeben wie in den letzten Jahren und dieses Geld müsse investiert werden. Um die Attraktivität von nachhaltigen Anlagen zu erhöhen, müsse man sich aber zuerst davon verabschieden, Nachhaltigkeit mit Verzicht gleichzusetzen, bedenkt Hess. Dem pflichtet Sabine Döbeli bei:
"Mit nachhaltigen Finanzen ist eine riesige Chance verbunden. Ich würde mir aber wünschen, dass dies von den Topmanagern der Finanzbranche klar und deutlich ausgesprochen wird."
Andere Nationen seien bei der Kommunikation und der Geschwindigkeit der Umsetzung einfach besser.
Wissensdurst
Neben der Kommunikation müsste wohl auch die Ausbildung verbessert werden. "Man kann heute immer noch Finanzen studieren ohne jemals etwas zum Thema Nachhaltigkeit gehört zu haben", stellt Döbeli fest. Der heutige Trend zu nachhaltigen Anlagen wirke sich unmittelbar auf die Aus- und Weiterbildungsangebote aus, weiss Matthias Wirth, Leiter Ausbildung und Best Talents der SBVg. "Nachhaltige Anlagen sind bei der Personenzertifizierung von Kundenberatern ein wichtiges Thema." Wirth ist überzeugt, dass die Nachhaltigkeit von Geldanlagen schon bald eine Selbstverständlichkeit sein werde, die in den Berufsalltag von Bankmitarbeitenden und damit in den Markt integriert sei.Auch Martin Hess ist sicher, dass Nachhaltigkeit in zehn Jahren in die Prozesse eingearbeitet sei.
"Wir befinden uns in einem Lernprozess, der irgendwann abgeschlossen ist."
Optimistisch zeigt sich auch David Gerber. Er hofft, dass es innerhalb von zehn Jahren gelingt, einen international anerkannten Standard zu entwickeln um nachhaltige Finanzanlagen kohärent zu erfassen und transparent darzustellen. Sabine Döbeli gibt sich überzeugt, dass Faktoren zur Nachhaltigkeit zukünftig in jede Finanzentscheide einbezogen werden.
Quelle:
Das ausführliche Interview mit Sabine Döbeli, Dr. David Gerber und Dr. Martin Hess sowie den Beitrag mit Matthias Wirth im Zusammenhang mit Bildung finden Sie im Magazin umwelt 2/2017 Mai 2017, Dossier nachhaltige Finanzen, www.bafu.admin.ch/magazin2017-2-06, Herausgeber: Bundesamt für Umwelt BAFU, 3003 Bern, Kontakt: +41 58 462 99 11, www.bafu.admin.ch, info@bafu.admin.ch
Dieser Beitrag erschien im Online-Magazin insight der SBVg. Dort finden Sie weitere interessante Themen, die den Schweizer Finanzplatz bewegen.