Penthrox - Eine sinnvolle Analgesieergänzung?
Ausgangslage
Effizientes Schmerzmanagement stellt eine wichtige Komponente im präklinischen Umfeld dar. Jeder 5. Patient äussert mittlere bis starke Schmerzen. Nebst den bekannten Analgetika Morphin & Fentanyl, ist seit Juni 2018 mit Penthrox© (Wirkstoff Methoxyfluran) ein weiteres Produkt für die präklinische Schmerzbehandlung verfügbar in der Schweiz. Penthrox dient zur nicht invasiven Analgesie von mittelstarker bis starker, traumabedingter Schmerzen bei erwachsenen Patienten, welche bei Bewusstsein sind.
Fragestellung
- Ist Penthrox ein effektives Analgetikum und wie ist es im Vergleich zu gängigen Analgetika einzustufen?
- Welchen Mehrwert kann Penthrox in der präklinischen Schmerztherapie haben?
- Bestehen durch den Einsatz von Penthrox Risiken für das Rettungsdienstpersonal?
Effektivität
Eine breit angelegte Studie aus Australien mit rund 42'844 Patienten/innen hat gezeigt, dass das Methoxyfluran (i.h.-Applikation) im Vergleich mit den bekannten Analgetika Morphin (i.v.-Applikation) und Fentanyl (i.n.-Applikation) hinsichtlich der Effektivität unterlegen ist. Als effektiv bezeichnet wurde eine Minderung des VAS um 30%.
So konnte das VAS mit Methoxyfluran im Durchschnitt um 3.2 Punkte gesenkt werden und erwies sich in 3 von 5 Fällen als effektiv. Mit Morphin sowie Fentanyl im Vergleich konnte das VAS um jeweils 4.5 Punkte gesenkt werden und war in 4 von 5 Fällen effektiv.
Risiken fürs Rettungsdienstpersonal
Bei der Anwendung von Penthrox wird das Methoxyfluran im Inhalator verdampft und durch die Atemwege resorbiert. Dabei verbleibt ein Teil des Gases in den Atemwegen und wird bei der Exspiration wieder in die Umwelt abgegeben. Atmet der Patient nicht über den Inhalator aus, wird die Konzentration in der Ausatmungsluft zusätzlich erhöht, da das Exspirium nicht durch den Aktivkohlefilter geleitet werden kann. In der Studie wurden potenzielle Schäden für das Rettungsdienstpersonal untersucht mit dem Resultat, dass die geringe Konzentration in der Raumluft keine gesundheitlichen Schäden mit sich bringt. Sofern die korrekte Anwendung inkl. Exspiration über den Inhalator erfolgt, sind auch keine Berichte über sonstige Auswirkungen bekannt.
Schlussfolgerung
Penthrox© ist für das Rettungsdienstpersonal sicher und stellt keine Gefahr dar. Durch die geringe Dosis sowie dem Aktivkohleaufsatz, welcher in Europa standardmässig dabei ist, wird die Konzentration von Methoxyfluran in der Raumluft, auch in kleinen Räumen wie der Ambulanz, auf ein Minimum reduziert. Selbst bei suboptimaler Anwendung von Penthrox durch den Patienten (vor allem die Exspiration nicht über das Penthrox-Device) entstehen für die Rettungskräfte keine Schäden oder Beeinträchtigungen. Dennoch erachten wir es als wichtig, dass der Patient richtig instruiert und angeleitet wird.
Penthrox konnte die Schmerzen bei der Mehrheit der Patienten stark lindern. Obschon Penthrox dem Morphin und Fentanyl unterlegen ist, erachten wir das Produkt als effektives Analgetikum, da es durchschnittlich die Schmerzen um 3.2 Punkte lindert. Eine rasche Bergung an exponierten Einsatzorten, Patienten in schwer erreichbaren Lagen mit grossen Schmerzen, Gefahr von Hypothermie sowie schwierigen Venenverhältnissen; dies sind die Einsatzsituationen, wo Penthrox aus unserer Sicht einen grossen Mehrwert bieten kann im Vergleich zur herkömmlichen Analgesie. Die einfache Handhabung, geringen Nebenwirkungen sowie die hohe therapeutische Breite machen Penthrox zu einer sinnvollen Ergänzung in der präklinischen Schmerztherapie.
So sieht es auch ein langjähriger Anästhesie - Rettungssanitäter aus einem Berner Rettungsdienst, welcher die "Green Pipe" bereits einige Male einsetzen konnte; "In den Situationen, wo ich Penthrox einsetzte, empfand ich es als eine sehr hilfreiche Ergänzung zu unseren herkömmlichen Analgetika. Zudem führte es beim Patienten meistens rasch zu einer Schmerzlinderung und war gut handelbar in der Anwendung."
Disclaimer
Diese Informationen wurden im Rahmen einer Posterarbeit am ;medi - Zentrum für medzinische Bildung, Lehrgang Rettungssanität HF zusammen getragen. Die grafisch aufgearbeitete Posterarbeit kann auf Nachfrage beim Autor beantragt werden.
Autoren: Philipp Wolleb & Markus Kämpfer
Verwendete Quellen
Corbett, T., & Ball, G. (1971). Chronic exposure to methoxyflurane. Anesthesiology, 34(6), 532-537.
Frangos, J., Mikkonen, A., & Down, C. (2016). Derivation of an occupational exposure limit for an inhalation analgesic methoxyflurane (Penthrox®). Regulatory Toxicology and Pharmacology, 80, 210-225.
Grindlay, J., & Babl, F. E. (2009). Efficacy and safety of methoxyflurane analgesia in the emergency department and prehospital setting. Emergency Medicine Australasia, 21(1), 4-11.
McLean, S. A., Maio, R. F., & Domeier, R. M. (2002). The epidemiology of pain in the prehospital setting. Prehospital Emergency Care, 6(4), 402-405.
Middleton, P. M., Simpson, P. M., Sinclair, G., Dobbins, T. A., Math, B., & Bendall, J. C. (2010). Effectiveness of morphine, fentanyl, and methoxyflurane in the prehospital setting. Prehospital Emergency Care, 14(4), 439-447.
Executive MBA | Leiter Departement Pflege & MTTD, Mitglied der Geschäftsleitung | Board Member Swiss Nurse Leaders
3 JahreLieber Philipp Wolleb! Vielen Dank für den interessanten Artikel. Aus meiner Sicht ist auch der Kostenfaktor relevant: Eine Anwendung Penthrox kostet je nach Bezugsquelle ca. 40-70 Franken, während der Preis für eine grosse Ampulle Fentanyl bei 2-4 Franken liegt. Dies ist je nach Rettungsdienst-Tarif, bzw. Verrechnungsmöglichkeit ein nicht unerheblicher Kostenfaktor. Ich sehe zudem die Gefahr, dass durch die Möglichkeit der Analgesie mit Penthrox auf einen i/v-Zugang verzichtet wird, obwohl dieser aus anderen Gründen angezeigt wäre. Für mich wäre der Einsatz von Penthrox vor allem in speziellen Situationen interessant (Pistenrettung, Kinder, ...). Liebe Grüsse!