Perspektiven 2019
In der Folge präsentieren wir Ihnen unsere vier Thesen für das Jahr 2019. Dabei ist grundsätzlich festzuhalten, dass sich die Stimmung an den Finanzmärkten seit Anfang Dezember 2018 deutlich verschlechtert hat. In einem solchen Umfeld besteht die Gefahr, dass die Anleger zu einer zu pessimistischen Erwartungshaltung neigen. Dementsprechend sollten wir uns auf das "grosse Bild" fokussieren und Emotionen möglichst ausblenden. Ungeachtet dessen muss man jedoch feststellen, dass seit langem nicht mehr so viele potentielle Negativfaktoren auf die Märkte eingewirkt haben wie heute. Diese dürften das Bild an den Börsen mittelfristig prägen.
These 1: Der Handelsstreit wird anhalten und stellt weiterhin eine hohe Belastungsprobe für die internationalen Märkte dar
Auch wenn die USA und China zwischenzeitlich wohl Kompromisse finden dürften, welche kurzfristig an den Märkten positiv aufgenommen werden, hat sich ein wichtiger Parameter in der Weltpolitik verändert. Die Zeit der USA als einzige Hegemonialmacht neigt sich dem Ende zu. Mit dem anhaltenden Aufstieg Chinas steuern wir auf eine bipolare Welt zu, in der die USA die Regeln nicht mehr im Alleingang festlegen und überwachen werden können. Dies führt zwangshalber zu Friktionen und wir gehen davon aus, dass uns der Konkurrenzkampf dieser beiden Grossmächte für die nächsten Jahre bzw. Jahrzehnte erhalten bleiben wird. Vor diesem Hintergrund dürften gegenseitige wirtschaftliche Sanktionen und politische Scharmützel zwischen den beiden neu an der Tagesordnung sein. Solche Massnahmen und Gegenmassnahmen sind per se schlecht für die internationalen Finanzmärkte und dürften weiterhin für Volatilität sorgen.
These 2: Die europäische Politik sowie die Unwägbarkeiten rund um den Brexit werden im 2019 die Entwicklung der Finanzmärkte massgebend beeinflussen
Fortschritte bei den Verhandlungen um den Brexit, zwischenzeitliche Einigkeit zwischen der EU und kritischen Regierungen einiger Länder (v.a. Italien) sind jederzeit möglich und dürften sich positiv auf die Finanzmärkte auswirken. Der Trend zeigt jedoch in eine andere Richtung. Rund zwei Monate vor dem Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union sind die wesentlichen Bedingungen immer noch nicht geklärt. Die Reibereien zwischen den immer nationalistischer ausgeprägten Parlamentskammern in den Mitgliedsländern und der EU dürften weitergehen. Und schliesslich werden die europäischen Parlamentswahlen im Frühling aller Voraussicht nach dazu führen, dass es auch auf EU-Ebene zu einem Rechtsrutsch kommen wird. Die EU-Politik wird davon nachhaltig beeinflusst werden. Ob dies dazu führen wird, dass man sich in Brüssel kompromissbereiter mit Italien und den mitteleuropäischen Staaten zeigt, ist nicht auszuschliessen. Fakt ist aber auch, dass der Europäische Zusammenhalt auf eine noch härtere Probe gestellt werden wird. Eine nationalistischere Politik bedeutet auch eine globalisierungskritischere Haltung, was wiederum negativ für die internationalen Finanzmärkte ist.
These 3: Die Notenbanken sind in der Zwickmühle und werden es schwer haben ihr hohes Ansehen zu bewahren
Dass das US-Fed 2019 mit der Straffung ihrer Geldpolitik weitermachen wird und andere wichtige Notenbanken (insbesondere die EZB) damit beginnen werden, galt bis vor kurzem noch als ausgemachte Sache. Allerdings werden die Finanzmärkte dies nur goutieren, wenn die Wirtschaft auf globaler Ebene weiter floriert. Gerade dies scheint aber nicht mehr so sicher zu sein – ein Hauptgrund für den Einbruch an den Finanzmärkten im Dezember. Zu sagen, die weltweite Konjunktur sei schlecht, trifft zwar zurzeit nicht zu. Aber die Frühindikatoren sind zuletzt merklich von den sehr hohen Niveaus der letzten Jahre zurückgekommen. Dass es zu einer Konjunktureintrübung kommt, ist nach 10 guten Jahren und vor dem Hintergrund des aufkommenden Protektionismus allerdings gut möglich. Sollte sich dies bewahrheiten, so befinden sich die Notenbanken in einer sehr heiklen Lage. Werden sie restriktiver bzw. halten sie zu lange an der Straffung der Geldpolitik fest, so beschleunigen sie die wirtschaftliche Abkühlung. Rücken sie jedoch von ihrem Plan ab, so würde dies an den Finanzmärkten ebenfalls negativ aufgenommen und einerseits als Zeichen dafür gedeutet, dass es der globalen Wirtschaft schlechter geht als bisher angenommen. Andererseits wäre dies ein Eingeständnis dafür, dass ihre ultra-lockere Geldpolitik über die letzten 10 Jahre die Probleme aus der Finanzkrise nicht aus der Welt schaffen konnten und sie nun mit wesentlich weniger Munition vor der nächsten Krise stehen.
These 4: Qualitätsaktien feiern ein Comeback
Auch wenn wir uns zusehends auf das Ende des Konjunkturzyklus zubewegen, werden sich an den Märkten Chancen bieten. Es gibt Unternehmen, vor allem auch aus der Schweiz, welche in den letzten Wochen des vergangenen Jahres mehr als 60% ihres Unternehmenswertes eingebüsst haben. Dies obschon keine firmenspezifischen Neuigkeiten publiziert worden waren. Die hohe Durchdringung von passiven Instrumenten in den Portfolios von Grossinvestoren (u.a. Pensionskassen) führt vermehrt dazu, dass man sich bei einem Abbau der Aktienquoten von sämtlichen Unternehmen in einem Index trennen muss und nicht bloss von denen, welche man als überbewertet erachtet. Qualitativ hochstehende Aktien (sogenannte Value Titel) werden durch diesen Verkaufsdruck für aktive Investoren besonders interessant. Sie sind im Nachhinein deutlich günstiger zu erwerben, obwohl sich an ihrem inneren Wert nichts oder nur wenig geändert hat.
Fazit
In der Konsequenz aus all diesen Thesen raten wir zu einer etwas defensiveren Ausrichtung innerhalb der Anlagekategorien. Bei den Aktien bedeutet dies Investitionen in konjunkturunabhängigere Titel, welche im Zuge der Gesamtmarktkorrektur auf attraktive Niveaus zurückgekommen sind. Bei den Obligationen würden wir Schritt für Schritt die Schuldnerqualität hochfahren, ohne dabei jedoch völlig auf Rendite zu verzichten. Was die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen angeht so raten wir, sich konsequent an quantitativen Faktoren zu orientieren und Emotionen auszuschliessen.