Plant den virtuellen Event nicht wie einen Face-to-Face Workshop minus Zeit- und Reisekosten

Plant den virtuellen Event nicht wie einen Face-to-Face Workshop minus Zeit- und Reisekosten


Diese Botschaft tragen wir schon seit 10 Jahren in die Welt: Virtuelle Zusammenarbeit ist anders als Face-to-Face. Online-Veranstaltungen, die jetzt Corona-bedingt viele ursprünglich geplante Face-to-Face Workshops, Führungskräfte-Meetings und Projekt-Kick-Offs ersetzen sollen, erfordern ein völlig anderes Design. Hier die zwei wesentlichen Unterschiede: Die schlechte Nachricht ist, dass die Effekte, die aus menschlicher physischer Nähe und dem gemeinsamen Erlebnis in einem Raum entstehen, wie Verbundenheitsgefühl und Vertrauensaufbau, sich nicht dadurch erreichen lassen, indem man den gewohnten Face-to-Face Programmablauf einfach in eine Agenda für eine virtuelle Konferenz überträgt. Denn Tagesordnungspunkte wie das Verdichten der Ergebnisse aus Kleingruppenarbeiten, Entscheidungsfindungen und Konfliktlösungen brauchen mehr Zeit und mehr Verarbeitungsschritte als im Face-to-Face Workshop. Hier hilft auch nicht - was wir jetzt oft beobachten - die Suche nach einem passenden Tool, das bitte schön dieses Problem lösen möge. Auch ein noch so komfortables Whiteboard (Mural, Miro und wie sie alle heißen) entheben den Moderator nicht von der Aufgabe, im virtuellen Setting einen „sicheren Raum“ zu kreieren, in dem Teammitglieder miteinander in einen echten und tiefgehenden Dialog treten. Die Gestaltung des „Zusammenarbeits-Space“ bedeutet umfangreiche Design- und Überzeugungsarbeit für die Planer in Organisationen, die jetzt mit Aufträgen für virtuelle Veranstaltungen konfrontiert sind, so in der Art: „Ihr habt ja Zoom oder MS-Teams, dann macht mal eine Veranstaltung, in der wir das gleiche erreichen wie ursprünglich im schönen Tagungshotel geplant, und, wie schön, wir sparen auch noch Zeit und Reisekosten…“

Wir sind in den letzten Monaten verstärkt mit solchen Anfragen konfrontiert worden: „Wir hatten diese Führungskräftetagung geplant, 2 Tage Off-Site in einem schönen Seminarhotel, und mussten nun absagen. Jetzt planen wir einen (!) Tag und den virtuell….“

Unsere Diskussionen mit den Veranstaltungsplanern bestehen dann im wesentlichen in der Überzeugungsarbeit über den kleinen Unterschied und die wesentlichen Konsequenzen: Die Potentiale des asynchronen Arbeitsprozesses gegenüber Face-to-Face. Die gute Nachricht dabei ist, dass die Nutzung der asynchronen Möglichkeiten der virtuellen Arbeit und Zusammenarbeit Effektivitäts- und Produktivitätspotentiale birgt, die in der reinen Face-to-Face Welt nicht vorhanden sind. In der Planung und Vorbereitung bedeutet dies anfänglich mehr Arbeit, d.h. die Einstimmung der Teilnehmer auf das Event, eine zusätzliche eigene Vorbereitung mit der Systemspitze (Geschäftsleitung, Vorstand, Führungskräfte) auf die spezielle Logik dieser virtuellen Veranstaltung und deren jeweilige Rolle, die Konzentration auf wenige Ziele und Programmpunkte (was meistens in eine drastische Reduzierung der ursprünglich geplanten Programmpunkte mündet) und das gemeinsame Nachdenken, wie ein sicherer Raum für die Teilnehmer geschaffen werden kann, dies alles führt zu einem komplett anderen Design für das virtuelle Event. Bei systematischer Beachtung dieser Punkte können in der virtuellen Veranstaltung Effekte erzielt werden, die überraschen. Das betrifft sowohl die inhaltlichen Organisationsziele als auch den Spaß und die Zufriedenheit mit dieser Form der virtuellen Begegnung.

Keine Veranstaltung gleicht der anderen, trotzdem hier ein paar Hinweise für Designer und Veranstaltungsplaner:

  • Plant die virtuelle Veranstaltung von Grund auf neu und nicht als Kopie der ursprünglich geplanten Face-to-Face Veranstaltung.
  • Berücksichtigt, dass die Programmpunkte, die Ihr einplant, in der virtuellen Veranstaltung 50% mehr Zeit als in der gewohnten Face-to-Face Umgebung benötigen. Auch ist es viel schwieriger als im Face-to-face Workshop zu erkennen, ob ein bestimmter gemeinsamer Entscheidungs- oder Erkenntnisstand erreicht wurde oder nicht, d.h., man muss mehrere Schritte einbauen, um solche Entwicklungsschritte für alle erkennbar werden zu lassen.
  • Steckt einen wesentlichen Teil des Aufwandes in die Vorbereitung und Einstimmung der Teilnehmer auf die Veranstaltung: Agenda vorher versenden, bereits Kontakt aufnehmen, Dialogmöglichkeiten im Vorfeld schaffen, Teilnehmer selbst etwas vorbereiten lassen, einen Raum kreieren, der Gemeinsamkeit symbolisiert und der während der Veranstaltung sichtbar erhalten bleibt.
  • Mit der Geschäftsleitung/Führung und allen, die während der Veranstaltung etwas präsentierten, vorher die Veranstaltung genau durchgehen, ihre Teile besprechen und aufeinander abstimmen. Eine „Generalprobe“ wirkt Wunder!
  • Die Online-Zeiten begrenzen, alle sind derzeit in der Regel schon durch stundenlange Bildschirmzeit ziemlich beansprucht, wählt daher 2- Stunden Einheiten, und wechselt zwischen Plenum, Kleingruppen oder Einzelarbeiten.

Ein weiteres Thema sind Moderationstechniken …doch dazu ein andermal mehr.

Stephan Dohrn

Does your team argue their way to great results or into friction? #CollaborativeSecurity #TraumaInformed #Leadership

4 Jahre

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