Plausibilisieren Sie!

Plausibilisieren Sie !

Privat und beruflich hilft es oft, das Gehörte schnell und qualifiziert zu hinterfragen.

Beispiel aus dem privaten Umfeld:

Letztes Wochenende habe ich von der CosmosDirekt ein Angebot für eine private Rentenversicherung erhalten, durch eine einmalige Zuzahlung meine monatliche Rentenzahlung zu erhöhen.

Konkret: Wenn ich zum 1.12.2021 einmalig 5.000 € oder 10.000 € einzahle, erhalte ich ab Rentenbeginn eine um 18,17 € bzw. 36,34 € höhere monatliche Rentenzahlung.

Plausibilisieren wir, wie ich es am Wochenende zugleich gemacht habe: eine wirklich einfache Rechnung zeigt, dass ich diese höhere monatliche Rentenzahlung 22,93 Jahre (!) erhalten muss, um zumindest die einmalige Zuzahlung wieder zurück zu bekommen. 22,93 Jahre – ohne Berücksichtigung von Kaufkraftverlust. Sollte ich mit schon 66 Jahren rentenberechtigt sein, hätte ich also mit 89 Lebensjahren meine Ende 2021, also dann vor ca. 30 Jahren, eingezahlte Zuzahlung zumindest nominal zurückerhalten.

Auch das gehört zum Plausibilisieren: hierbei sind gewisse Steuervorteile, die bei der einmaligen Zuzahlung geltend gemacht werden können, noch nicht berücksichtigt. Rechnen Sie gerne mal nach: ermitteln Sie durch Abzinsen den Barwert der zukünftigen Renten(zu)zahlung und vergleichen Sie ihn mit der einmaligen Zuzahlung abzüglich des zu erwartenden Steuervorteils…!

Warum ich Sie mit diesem Beispiel belästige? Nun, ich finde es hilfreich, analytisch zu hinterfragen und zu plausibilisieren.

Im einkäuferischen, beruflichen Umfeld halte ich dieses Plausibilisieren bei Preisverhandlungen für fast unerlässlich: argumentiert ein Verkäufer Ihres Lieferanten eine Preiserhöhungsforderung beispielsweise mit drastischen gestiegenen Energiekosten, sollten Sie ‚spontan‘ anfangen analytisch zu hinterfragen:

1. Wie hoch ist denn überhaupt der Energiekostenanteil bei dem zu verhandelnden Produkt bzw. der zu verhandelnden Warengruppe?
2. Und wie hoch ist denn die tatsächliche (auch unter Berücksichtigung von Kostenveränderungen bei der EEG-Umlage und bei den Netzentgelten) Energiekostenerhöhung? Sie ahnen es: die Energiekostenerhöhung kann sich ja nur auf den Energiekostenanteil auswirken…

Wenn Sie etwas Übung und Erfahrung erworben haben, können Sie diese einfache Plausibilisierung sogar überschlagsweise vornehmen, während der Vertriebler noch redet!

By the way:

• Der Energiekostenanteil kann von Fertigungstechnik zu Fertigungstechnik deutlich unterschiedlich sein, ist aber praktisch nie so hoch, wie Vertriebler (auf Nachfrage) oft glauben machen wollen...
• Natürlich kann und sollte diese einfache Möglichkeit der Plausibilisierung auch bei anderen Kostenanteilen, beispielsweise dem Materialkostenanteil, angewendet werden!

War das plausibel? 😉

Haben Sie mit Preisanalyse schon erste Erfahrungen gemacht?