Privat- oder Geschäftsvermögen?
In einem kürzlich ergangenen Entscheid äussert sich das Bundesgericht einmal mehr zur steuerlich relevanten Abgrenzung von Privatvermögen und Geschäftsvermögen. Es stellt dabei klar, dass Verluste aus einer unternehmerischen Tätigkeit nicht bloss darum zu privaten Kapitalverlusten werden, weil sie durch private Schwierigkeiten des Unternehmers begründet sind.
Der Beschwerdeführer war Verwaltungsrat, Geschäftsführer und Bauleiter einer Aktiengesellschaft, an der er mit 50% der Aktien beteiligt war. Von dieser Gesellschaft erwarb der Beschwerdeführer in den Jahren 2007 und 2008 (indirekt) zwei Liegenschaften, welche bei diesem als Geschäftsvermögen qualifizierten. Im Mai und Juni 2009 veräusserte der Beschwerdeführer die beiden Liegenschaften wieder, wobei der erzielte Veräusserungs-erlös im Vergleich zum ursprünglich bezahlten Erwerbspreis insgesamt CHF 230'000 tiefer ausfiel. Im August 2009 wurde über die erwähnte Aktiengesellschaft der Konkurs eröffnet und mangels Aktiven im gleichen Monat wieder eingestellt.
Der als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler besteuerte Beschwerdeführer nahm in seinem Jahresabschluss 2008 Abschreibungen im Umfang von CHF 230'000 vor. Die kantonale Steuerverwaltung rechnete den entsprechenden Betrag als geschäftsmässig nicht begründet vollumfänglich auf. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Aufrechnung unter anderem mit dem Argument, einer Abschreibung stehe die zuvor erfolgte Privatentnahme der Liegenschaften durch den Beschwerdeführer zum ursprünglichen Kaufpreis entgegen. Die Veräusserung der beiden Liegenschaften sei nicht im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Einzelunternehmens erfolgt, sondern durch die finanzielle Notlage der Aktiengesellschaft und damit auch indirekt des Beschwerdeführers als deren Aktionär begründet gewesen. Als Folge davon sei der Beschwerdeführer gemäss eigenen Aussagen gezwungen gewesen, die beiden Liegenschaft rasch zu verkaufen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts habe der Beschwerdeführer damit nicht im Interesse seiner Tätigkeit als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler, sondern in seinem privaten Interesse als Aktionär und Verwaltungsrat der finanziell angeschlagenen Aktiengesellschaft gehandelt. Folglich sei den Veräusserungen der beiden Liegenschaften eine Überführung ins Privatvermögen zum ursprünglichen Erwerbspreis vorausgegangen, weshalb der Beschwerdeführer einen (steuerlich nicht relevanten) privaten Kapitalverlust erlitten habe.
Diese Argumentation steht nach Auffassung des Bundesgerichts im Widerspruch zur harmonisierungsrechtlichen Abgrenzung von Geschäfts- und Privatvermögen. Die beiden Liegenschaften gehörten unbestritten zum Geschäftsvermögen des Beschwerdeführers. Die finanziellen Schwierigkeiten der Aktiengesellschaft und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Beschwerdeführer als deren Verwaltungsrat und Aktionär können entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht zur Überführung der Liegenschaften ins Privatvermögen geführt haben. Das Bundesgericht stellt klar, dass die im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit eines Einzelunternehmens erlittenen Gewinneinbussen und Verluste nicht plötzlich dadurch privaten Charakter erhalten, dass sie auf private Schwierigkeiten des entsprechenden Unternehmers zurückzuführen sind. Dass der Notverkauf der Liegen-schaften vorliegend aus privaten Gründen des Beschwerdeführers erfolgt ist, hat somit keinen Einfluss auf deren Qualifikation als Geschäftsvermögen. Unabhängig von der privaten Situation des Beschwerdeführers qualifizieren die Liegenschaften als Geschäftsvermögen, solange sie aufgrund ihrer technisch-wirtschaftlichen Funktion dem Liegenschaftenhandel bzw. der unternehmerischen Tätigkeit dienen.
Der Entscheid des Bundesgerichts ist zu begrüssen. Er stellt klar, dass die Zuweisung eines Vermögenswerts zum Geschäfts- oder Privatvermögen nach dessen Funktion, Beschaffenheit und Zweckbestimmung erfolgt. Ein damit erzielter Gewinn oder Verlust bleibt der jeweiligen Vermögenssphäre zugewiesen, unabhängig davon, ob der Grund für den erzielten Gewinn oder Verlust im unternehmerischen oder im privaten Bereich des Unternehmers liegt. Eine anderweitige Rechtsauffassung wäre mit erheblichen Unsicherheiten und Beweisschwierigkeiten verbunden. Damit würde einer steuersystematisch unzulässigen Vermengung der beiden Vermögenssphären zulasten der Steuerpflichtigen Tür und Tor geöffnet, indem Gewinne stets als unternehmerisch begründet und damit als steuerbar, Verluste hingegen stets als privat begründet und damit als nicht abziehbar qualifiziert werden könnten.
Entscheid des Bundesgerichts 2C_797/2018 vom 28. März 2019