Quartalsbericht. - Instabilität als neuer Wegbegleiter

Quelle: unplash.com

Ein Konzernwort. Ein letzter, kleiner Bezug zu meinem Leben vor drei Monaten…

Was passiert, wenn man sich dafür entscheidet den sicheren Karriereweg einzutauschen gegen mindestens ein Jahr Ungewissheit? Was passiert, wenn man kündigt um sich gemeinsam mit seiner Schwester ein Jahr zu geben um sich selbstständig zu machen? Was passiert, wenn man sich die Zeit gibt, dem nachzugehen, was man wirklich wirklich will? 

Und mit einem weißen Blatt Papier startet. Und einem Stift. Vielen Textmarkern. Und ok, ja, auch mit einem PC.

Wenn Menschen irgendwann einmal erfolgreich sind, ist es ein Leichtes über die Etappen, Fails, Kuriositäten, Naivität & Co zu sprechen. Ich mag diese Geschichten. Und ich hoffe sie irgendwann auch einmal erzählen zu können. Aber man vergisst dann oft die Kleinigkeiten, die Zwischenzeilen auf dem Weg, die einen so sehr prägen und berühren.

Also habe ich mich dazu entschlossen euch mit auf meine Reise zu nehmen. In Zeiten von Corona vielleicht ein alternativer Trip zum Sommer-Sonnen-Urlaub. Schnappt euch ein Schirmchen-Getränk und auf geht’s. 

Es gibt Tage, an denen fühlt sich mein Weg nicht an wie MEIN Weg. Sondern wie ein Film. Man betrachtet sich aus einer Meta-Ebene, findet alle Filmszenen sehr spannend, aber assoziiert das nicht wirklich mit sich persönlich.

Ich bin aufgewachsen mit einem Angestellt-sein-Mindset, weswegen sich eine Selbstständigkeit manchmal wie eine völlige Utopie anfühlt. Leider, denn es raubt Kopf-Kapazitäten, die ich sicherlich anders nutzen könnte. So macht sich ab und zu doch der Gedanke breit, warum ausgerechnet ich das Mysterium Selbstständigkeit schaffen sollte.

Und für bzw. vielmehr gegen diese Gedanken macht ein zweiter Business Partner Sinn. In dem Fall ein ganz besonderer Mensch. Wenn man uns noch nicht kennengelernt hat: wir sind Geschwister. Und wer uns heiratet, heiratet im Prinzip zweimal. Genauso war es bei mir. Aber mein Mann liebt meine kleine Schwester wie ein Bruder. Check.

Der Gedanke eigene Pläne gemeinsam umzusetzen, war schon im Kindergarten da. Kein Scherz. Wir hatten verschiedene Business Pläne im Repertoire, die wir leidenschaftlich vor unseren Eltern, Freundinnen und Kuscheltieren verteidigt haben. In rosa Socken und gepunkteten Röcken.

Heute lassen wir das mit den Socken und Kuscheltieren, die Leidenschaft und unsere Vision gemeinsam ein relevantes, nachhaltiges Business Konzept aufzubauen, haben wir uns behalten.

Die Entscheidung all-in zu gehen, zu kündigen und sich dieses eine Jahr zu geben, schreibt das Leben. Alles fängt an mit diesem kleinen Gedankensamen Anfang 2019, der dir sagt „Bis Ende des Jahres kündige ich. Wirklich.“ Bis dahin sind ja auch noch 12 Monate. Und in deiner Alltags-Routine passiert das Leben. Und es verändert Rahmenbedingungen in deinem Job, die für dich essentiell waren. Für mich war es der Weggang meiner Chefin. Wieviel Menschen einem bedeuten können, welchen Unterschied sie machen, merkt man wie immer oft sehr spät.

Es gab noch einen anderen wichtigen Faktor: in dem Chaos entschieden sich meine Schwester und ich uns bei Frau Dr. Petra Bock (Dr. Bock Coaching Akademie Berlin) coachen zu lassen. Wir sind beide ausgebildete Business und Life Coaches und wissen um die Kraft von Coaching. 

Das Resultat: ein verbindliches „JA“ zu unserem gemeinsamen Weg, was für mich die Kündigung bedeutete. Es ist interessant, was so ein laut ausgesprochenes Commitment für mich aus macht. Ich bin ein sehr verbindlicher Mensch, weswegen mein Wort auch immer die Umsetzung im Rahmen des Möglichen bedeutet.

Ich hatte nie Angst vor diesem Schritt. Ich habe es nie bereut. Ich habe es nie angezweifelt. Bis heute nicht.

 Love it. Change it. Or Leave it. - Done.

Und diese neue Liebe zu meiner beruflichen Selbstverwirklichung gilt es jetzt herauszufinden und aufzubauen. Viele sagen, dass es verrückt ist ohne wirkliche Geschäftsidee, ohne Fundament gründen zu wollen. Sagen wir so: vielleicht haben sie Recht, vielleicht aber auch nicht. Wir werden es herausfinden. Prinzipiell finde ich es mutig jahrelang in einem Job zu bleiben, der einen jeden Tag auslaugt, ärgert oder frustriert. Und das mit dem einzigen Leben, was wir haben. Was nicht heißt, und das ist mir wichtig, dass es immer einen Prozess braucht, um diese Art von Entscheidung für sich zu treffen! Und da ist jeder Mensch anders.

Seit April arbeiten Julie & ich daran herauszufinden, welchen Weg wir einschlagen möchten. Welches Thema uns bewegt, welcher Content authentisch zu uns passt, welches Biotop wir uns für uns wünschen, welchem Job wir mit voller Power nachgehen möchten und wie wir einen sinnvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten können.

Wir hatten eine Menge Ideen in der Vergangenheit. Kreativität kann man trainieren. Das haben wir über Jahre. Klingt toll, ist es auch – aber man findet immer noch ein weiteres spannendes Thema, dem man sich widmen möchte und ist schnell gelangweilt von dem bereits oberflächlich durchdachten.

Nichtsdestotrotz hilft es bei dem Gedankenkonzert, dem wir uns gewidmet haben. Wir haben alles hinterfragt, was wir bis dato als gesetzt, geschätzt, offensichtlich oder geliebt angenommen haben. Wir haben uns strategisch Themen angenähert, an die wir früher nicht gedacht haben. Wir haben uns mit Kreativ- und Design Thinking Methoden gechallenged, eigene Workshops und Pitches veranstaltet und haben uns in Research vergraben. Seit der Uni habe ich mich nicht mehr so intensiv mit Themen auseinandergesetzt und es hat mir überraschend viel Freude bereitet.

Ich teile euch im Anschluss einige wichtige Inspirationen, die uns im bisherigen Prozess sehr geholfen haben.

Es ging uns aber in dem ganzen „Why-What-How“ Ding, noch um ein ganz anderes, essentielles Thema. Unsere Zusammenarbeit.

Das wir die besten Schwestern ever-ever sind, das steht für uns fest. Und dafür sind wir sehr dankbar.

Aber was macht so eine Beziehung in einer Business Gründung? Kann das funktionieren? Bringen wir die richtigen, konträren, ergänzenden Skills mit, die für eine Gründung wichtig sind? Wie gehen wir mit Konflikten, Ups & Downs um? Etc.

Und wie arbeitet man überhaupt zusammen, wenn man alle Freiheiten hat? Wie etabliert man einen flexiblen Workflow, der nicht den Anspruch an 24/7 hat. Denn das haben wir uns von Anfang an geschworen. Wenn es richtig gut läuft, würden wir gern beweisen, dass auch eine Selbstständigkeit durchaus funktionieren kann, wenn man nicht Selbst-und-Ständig ist.

Wir haben eine andere Vision für uns und andere im Sinn. Eine, die darauf fußt, dass ein gesundes Privatleben mit Zeit für sich und andere eine Quelle für Inspiration und Energie ist.

Status Quo heute: es läuft so viel besser als erwartet.

  1.  Wir haben unser Thema gefunden. Lieben es. Hegen und pflegen es. Und können es kaum erwarten es mit euch zu teilen.
  2. Wir haben uns einen Arbeitsalltag geschaffen, der nicht besser sein könnte und uns neben dem Job Freiheiten für die eigenen Prioritäten im Leben gibt. Unsere Partner, Family & Freunde freut das sehr. Die kennen uns nämlich nur unter Dauerstrom.
  3. Neben und vor allem durch all die Emotionen, die natürlich Wegbegleiter sind und an manchen Tagen an uns ruckeln, lernen wir so viel wie lange nicht mehr. Wir befassen uns mit Themen, die viel zu lange schon in der Schublade lagen. Wir lernen jeden Tag wie wenig wir wissen und ja, das macht auch Angst. Aber eine gesunde Angst oder vielmehr Adrenalin und Dopamin gehören zu einem Abenteuer nun mal auch dazu.
  4. Wir befinden uns noch immer in unserer Komfortzone – so ehrlich müssen wir sein. Denn bis jetzt kann uns & unsere Ideen noch niemand bewerten. Bis jetzt sind wir die einzigen, die wir überzeugen müssen. Und der richtig große Brocken wartet noch auf uns. Sichtbar zu werden. Aufmerksamkeit zu erzeugen und Menschen für sich zu gewinnen.

Um es kurz und knapp zu sagen: ich liebe meinen bzw. unseren Weg. Stand heute. Und mit Sicherheit gibt es auch andere Tage an denen ich nicht dieser Meinung bin. Bestimmt. Aber ich werde auch dann nicht daran zweifeln, dass es im Leben wichtig ist für sich einzustehen und alles dafür zu geben, sich (um es mit den Worten von Obi zu sagen) selbst zu einem wichtigen Projekt zu machen. Sich selbst so ernst zu nehmen, dass man selbstverantwortlich erwachsene Entscheidungen trifft, um sich am Ende seines Lebens nicht mit alten Denkmustern à la mein Haus, mein Auto, mein Pony, … zu vergleichen, sondern voller Stolz von den wirklich wichtigen Dingen des Lebens erzählen zu können:

  • Meine Liebe(n)
  • Meine Gesundheit
  • Mein individueller Weg zu einem Erfüllt- und Glücklichsein.

Wenn ich mit euch nur drei Sachen teilen dürfte, die uns in den letzten drei Monaten bewusst geworden sind bzw. die neu für uns waren, dann wären es die folgenden:

  1. Pausen sind wichtig und funktionieren über die Pomodoro Technik hervorragend! Ich hätte es nicht für möglich gehalten wieviel einem 5min kurzes Abschalten (Sonnen, Kaffee machen, Musik hören etc.) an Effektivität und Fokus bringen. Unbedingt ausprobieren!
  2. Es gibt Tage, da geht NICHTS. Und das ist ok. Nimm dir dein Fahrrad, leg dir Musik auf die Ohren und schalte ab. Oder was auch immer dir gut tut. Du kannst darauf vertrauen, dass dein Körper und Geist es dir danken werden und zwar in den Folgetagen, an denen du energetisch und produktiv bist.
  3.  Wir haben Tage, an denen glauben wir an unsere Idee felsenfest. Und dann gibt es die anderen Tage. Die, an denen die größten Einfälle unbedeutender nicht sein könnte. Dann ist alles überfordernd, eng, trist. Das ist normal! Die meisten Gründergeschichten kennen dieses schräge Innenleben, diese sabotierenden, zweifelnden Gedanken, die einfach nichts können, außer einen zu schwächen. Again – lass dich davon nicht beeindrucken. Unser Kopf funktioniert bei Veränderungen dieser Art genauso. Und es gibt eine schöne Grafik, die wir damals während unserer Coachingausbildung an die Hand bekommen haben:
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Mit dem Bewusstsein, dass Zweifel und Blockaden zum Prozess dazu gehören, menschlich sind, können wir einfacher damit umgehen. Wir versuchen unsere Vision dafür umso stärker zu zeichnen, damit in all dem Gefühls- und Gedankenchaos sich auch ein Gedanke breit macht: Instabilität ist Teil von meinem persönlichen Wachstum. Jede dieser Phasen macht mich stärker und lässt mich mehr an mich und die Sache glauben. Denn wenn es leicht wäre, würde es jeder tun.

Ich würde mich freuen von euren Erfahrungen zu hören, die euch auf vergleichbaren Veränderungen bzw. Wegen begleitet haben und was ihr daraus lernen konntet. Sharing ist bekanntlich Caring und hilft manchmal eben auch sich nicht wie ein Alien zu fühlen. Ich bin mir sicher, dass wir Menschen alle ziemlich ähnliche Gedanken teilen aber es erfordert Mut die Dinge auszusprechen.

Abschließend möchte ich euch noch eine Auswahl einiger Highlights unserer bisherigen Reise teilen, Menschen, die uns begleitet haben, Tools, die wir ausprobiert haben, Bücher, die wir als sinnvolle Begleiter für uns entdeckt haben:

Kreativitätstechniken & Tools:

  • Jeden Tag eine Geschäftsidee kreieren, die nichts mit dem eigenen Business zu tun hat. z.B. eine Art Frühstücksfernsehen auf Youtube mit Inhalten den Online/ Social Media Welt.
  • Poem Writing by Rupi Kaur (Writing Workshop) im Kontext für das eigene Thema
  • Monatliche Reviews in Form von einem ganztägigen Workshop (z.B. Status Quo Bericht; Fokus des letzten Monats & Ausblick / Zielsetzung neuer Monat, Learnings inkl. neuer Tools & Techniken; versch. Fragestellungen u.a. Was möchten wir beibehalten, ändern, mehr und weniger machen?)
  • Onenote für die Struktur der Inhalte
  • Unternehmerheld für die Struktur des Business Plans

Buchempfehlungen & andere Impulsgeber:

  • Buch: Design Thinking Playbook
  • Online Plattformen für das Erlernen verschiedener Fähigkeiten: Skillshare, Udemy
  • Impulsgeber & Eventveranstalter: Zukunftsinstitut (u.a. Futuredays Event)

Ich gehe davon aus, dass dein Schirmchen-Getränk jetzt alle ist. Und wer so gut durchgehalten hat, darf sich auch ein zweites gönnen. Und vielleicht, nur vielleicht hörst du dabei einfach mal deiner inneren Stimme genauer zu. Denn vielleicht präsentiert sie dir ein paar Träume oder Wünsche, die es durchaus wert sind genauer betrachtet zu werden. Ich würde mir es sehr für dich wünschen, denn wir brauchen mehr gute Ideen, mehr mutige Menschen, die ihrem Traum nach Erfüllung und Glück nachgehen.

Bis bald! Der zweite Quartalsbericht folgt…

Melanie Böhmer

Area Sales Manager Apotheken-Außendienst

4 Jahre

Liebe Christin, ich finde es beeindruckend wie du deinen Weg gehst und all diese Gedanken und Hürden so offen teilst. Während ich deine Texte verinnerliche denke ich oft "Wie schade, dass wir uns so wenig kennenlernen konnten!". Du hättest mich sicherlich schon vorher zu weitaus mehr inspiriert. Die Pomodoro Technik ist super und hilft echt ungemein, wobei hier jeder auch seinen eigenen Auszeit-Rhythmus gut anpassen kann. Danke für deine ermutigenden Worte! Auch ich habe mich für einen "anderen Weg" entschieden und meinen letzten Job nach nichtmal einem Jahr verlassen um herauszufinden zu wieviel mehr ich in der Lage bin und wohin es mich treibt. Dieser Schritt und auch der Weg danach ist nicht immer einfach, wie Du schon sagst. Aber es tut unendlich gut nicht mehr in Mustern gefangen zu sein und sich von Fehlplatzierten leiten zu lassen. Ich wünsche dir von Herzen, dass du mit deiner Schwester jedes noch so klein gesetzte Ziel erreichst! Wer weiss, vielleicht kreuzen sich unsere Wege irgendwann noch einmal. Darauf freue ich mich bereits jetzt. Alles Liebe, Melanie

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