Raumschiff Enterprise @ Urfahranermarkt

“Dreimal musst du’s machen”, hatte mir Toni bereits am Vortag im Vertrauen zugeraunt. “Abrakadabra! Und dann wirkt der Zauber. So ist das bei allen Dingen.” 

Dreimal musste unser Vater ins Raumschiff. Einmal mit Robert. Einmal mit Toni. Einmal mit mir. Und wenn man ganz oben ist, hängt der Kopf unten. Ungefähr so, wie es sich wohl good old Lenz bei Büchner ausgedacht hatte, dessen Werke ich Jahre später lesen sollte.

“Aber man stürzt net. Denn die Zentrifugalkraft und die Zentripetalkraft gleichen einander aus.” Cool. Oder …

Zentri … wos? 

“Fugal. Das Wort stammt aus dem Lateinischen. Stichwort Rotationsgeschwindigkeit. Daraus ergibt sich nämlich die Zentrifugalkraft. Die Schwungkraft. Und die Schwerkraft zieht einen wieder zurück Richtung Erde. Zentripetal. Was hier heißen will gen Zentrum. Hat mir der Vati erklärt.”

Der Vati konnte alles. Und er konnte auch alles recht gut erklären. Nicht nur die Ingenieurwissenschaften. Got it?

Also dann: Alle Mann an Deck! Kappe runter! Klar zum Gefecht! Total zentripetal. Total zentrifugal. Und in der Musik gibt es ja die Fuge. Und stattliche Fugenelemente braucht jeder Deutschlehrer. Zum Basteln und so. Ach! …

Ich wollte alles wissen. Und das Schöne dabei ist, dass wir uns keinen Zwang antun mussten, sondern sozusagen im Wissen selbst, sprich im freudigen Wahrnehmen der Dinge  und deren Zusammenhänge herum schwebten. Nicht nur im Raumschiff, aber eben auch im Raumschiff.

Manchmal braucht es einfach einen grundlegenden Umschlag der Perspektive, um die nahliegenden Dinge so zu sehen, wie sie sind und werden. Und ich hatte ja nichts gegen Goethe.

Gefühl ist alles, meint der mephistophelisch geprägte Faust  zu Gretchen. Schicksal ist alles, hatten früher die alten Griechen, Kelten, Germanen usw. zu wissen gemeint. Gott  ist alles, wollen es die Theologen wissen. Zeit ist alles, sagt der Philosoph. Nur, real ist sie nicht. Jedenfalls nicht ganz.

Wissenschaft ist alles, posaunt der Wissenschaftler, seitdem die Neuzeit es ihm ermöglicht, seine Forschungsarbeit auf modernen Grundlagen zu betreiben. Materie. Pure Materie und nix als Materie (bzw. Antimaterie). That’s it. Dixit. IT.

Aber dual. Teilchen und Wellen. Also in etwa Materie und Geist. Zur gleichen Zeit. Ohne kausales Verhältnis. Hätten wir unseren Vater gefragt, so wäre die Antwort wohl so ausgefallen:

"Dass ma zusammen san, des is olles.”

Als idealer Ort des Zusammenseins gilt natürlich Linz an der Donau. Auch jetzt, da wir alle weg sind. Hoch oben am Zenit der Enterprise-Laufbahn, tief im Dschungel der Au, mittendrin auf dem kraterreichen Gelände der ESG, beim Ring, im Kinderzimmer, auf dem Spielplatz:

Zeitgeist pur.

Und wir? Robert, Toni und Albert? Was bestimmte unser Verständnis der Dinge, unsere Alltagsphilosophie, unseren subjektiv kindisch beigemessenen Sinn des Lebens, unser  quasi in eigener Regie ganz im kantisch definierten Geiste der Aufklärung selbstauferlegtes Objektiv im kunterbunten oberösterreichischen Puzzle des Daseins, unsere gleichsam mehr oder weniger unmögliche Mission, dem Augenblick, dem so! … schönen Augenblick jeweils einen Mehrwert  an allgemein-gültiger Anschaulichkeit abzugewinnen (der ihm, und das sag ich jetzt bewusst aus dem rückblickenden Erwartungshorizont des Erwachsenen heraus, zweifelsfrei zusteht) und ihn flugs auf das Bedeutungsfeld der absolut zumutbaren Relevanz zu retten?