Raus aus der Value-Falle: Wie Silver Lake die Software AG endlich auf Wachstumskurs bringen will
Der MDax-Konzern ist auf vielen Zukunftsfeldern unterwegs. Doch fehlte bislang die Wachstumsmentalität. Diese sollen Kulturwandelprogramme und der wohl größte Tech-Investor der Welt bringen.
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Handelsblatt
Beim Kapitalmarkttag der Software AG am Dienstag überschlugen sich die Spitzenmanager fast in Zuversicht. Vorstandschef Sanjay Brahmawar war voller „Begeisterung“, Produktvorstand Stefan Sigg sprach von einem „Tesla-Effekt“, Finanzvorstand Matthias Heiden von „beschleunigtem Wachstum“.
Auf insgesamt 38 Seiten präsentierte die Führungsriege den Investoren ihre Sicht der Dinge und bekräftigte die zwar nicht neuen, aber ambitionierten Ziele: Der Umsatz soll von 834 Millionen im vergangenen Jahr auf eine Milliarde Euro 2023 steigen, um in den Jahren danach auf 1,5 Milliarden Euro zu klettern. Auch soll die Gewinnmarge kräftig steigen, von knapp 20 Prozent 2021 auf bis zu 30 Prozent im kommenden Jahr.
Es wäre eine Zäsur. Das bislang nach Umsatz zweitgrößte IT-Unternehmen Deutschlands nach SAP würde aus dem Tiefschlaf erwachen. Fast zehn Jahre lang kam die Aktie nicht vom Fleck, in Zeiten der Digitalisierung und des Tech-Booms an den Kapitalmärkten schon eine erstaunliche Leistung.
Was der Kapitalmarkttag auch zeigte: Die Präsenz von Silver Lake macht sich bemerkbar. Der wohl größte Tech-Investor der Welt stieg vor wenigen Wochen erstmals bei einer deutschen börsennotierten Firma ein. 344 Millionen Euro stecken sie in die Software AG. „Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung“, sagt Vorstandschef Brahmawar.
Die Amerikaner besetzen zwei der sechs Sitze im Aufsichtsrat, Silver-Lake-Europachef Christian Lucas wird Chefkontrolleur. Im Mai rückt auch Jim Whitehurst in das Gremium. Der Amerikaner führte lange das Open-Source-Unternehmen Red Hat, das 2019 für 34 Milliarden Dollar von IBM übernommen wurde. „Wir stehen bereits im engen Austausch“, sagte Brahmawar.
Software AG gilt als Value-Falle
Eine Value-Falle, so nennen Investoren Unternehmen wie die Software AG. Ihre Aktie wird preiswert gehandelt, erscheint also verlockend. Aber wer einsteigt, der stellt bald fest: Es passiert nichts. Wer die im MDax notierte Software-Aktie 2012 kaufte, der hätte das Geld auch auf dem Sparbuch lassen können. Und dem entging eine Versechsfachung der Kurse an der Tech-Börse Nasdaq.
Dabei ist die Software AG auf zahlreichen Zukunftsfeldern unterwegs. Die Firma verkauft Programme für die Vernetzung von Maschinen, die Automatisierung von Geschäftsprozessen oder die Integration von IT-Systemen. Aber: „Uns fehlte die Wachstumsmentalität“, sagte Brahmawar.
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Diese neue Mentalität sollen Kulturwandelprogramme und Silver Lake bringen. Value-Fallen sind deren Spezialität. Der Investor holte Dell 2013 in einem Deal im Wert von 25 Milliarden Dollar von der Börse und stieg 2020 bei schwächelnden Tech-Firmen wie Twitter oder Airbnb ein. Seit 2016 sind sie auch bei dem deutschen Fernbus- und Bahnanbieter Flixmobility an Bord.
Im Fall Software AG hatte Silver Lake Wandelschuldverschreibungen gezeichnet, die bis Anfang 2027 in Aktien getauscht werden können – zum Kurs von 46,54 Euro je Aktie. Das liegt um gut ein Drittel höher als der jetzige Aktienkurs. Das Ziel ist also ehrgeizig gesetzt.
Erreichen will das die Software AG mit „Helix“, einem bereits seit drei Jahren laufenden Restrukturierungsprogramm. Damit baut das Unternehmen das Cloud-Geschäft aus und führt das Softwaregeschäft weg von Lizenzen und hin zu Abo-Modellen. So sollen die wiederkehrenden Umsätze im digitalen Geschäft von 82 Millionen Euro auf bis zu 240 Millionen Euro im Jahr 2023 steigen.
Die große Hoffnung der Software AG ist Nordamerika. Der Markt ist ausbaufähig, laut dem Unternehmen befindet sich dort rund die Hälfte des Zielmarktes von insgesamt 61 Milliarden Euro. Allerdings erzielt die Software AG dort nur 37 Prozent ihres Umsatzes.
Der Vorstandschef von der Software AG treibt seit 2018 Wachstumsinitiativen voran – jetzt muss er liefern. Quelle: Bloomberg
Silver Lake soll die IT-Lösungen der Deutschen den Amerikanern näherbringen. Der Name des Investors allein wird helfen wie auch dessen großes Netzwerk, hofft Vorstandschef Brahmawar.
Auch wird Silver Lake eine Rolle bei Zukäufen spielen. Software AG will in diesem Jahr „schnell wachsende, zu unserem Markt passende“ Firmen kaufen, wie der Vorstandschef sagte. Gesucht werden Firmen, die mit der Integration oder Verarbeitung von Daten ihr Geld verdienen und um mindestens 30 Prozent im Jahr wachsen. „Davon gibt es viel mehr in Nordamerika als in Europa“, sagte Brahmawar.
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