Schädlicher Beteiligungswechsel i. S. des § 8c KStG nur bei change of control?
Mit Urteil vom 23. August 2023 (9 K 2166/21) hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass § 8c Abs. 1 KStG 2002 n. F. teleologisch und verfassungskonform zu reduzieren ist, wenn der Beteiligungserwerb nicht zu einem change of control führt.
Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Die Klägerin war eine inländische GmbH. Innerhalb von fünf Jahren kam es wiederholt zu Anteilsübertragungen an dieser GmbH sowie zu einer Kapitalerhöhung. Die Mehrheitsgesellschafterin (C-GmbH) war in diesem Zeitraum durchgehend zu mehr als 50 % an der Klägerin beteiligt.
Nach Auffassung des Finanzamts waren ein Anteilserwerb der C-GmbH in Höhe von 49,8 % und die Übernahme neuer Anteile in Höhe von 7,59 % im Zuge einer Kapitalerhöhung zusammenzurechnen. Demnach sollten die Voraussetzungen für einen schädlichen Beteiligungswechsel entsprechend des Gesetzeswortlauts erfüllt sein. Die Frage, ob der Erwerber die Körperschaft beherrsche oder auch nur beherrschen könne, seien nach dem Gesetz nicht entscheidend. Maßgebend sei allein der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen
Das Finanzgericht Münster folgte der Auffassung des Finanzamtes nicht. Dem Wortlaut des Gesetzes nach war im vorliegenden Fall zwar ein schädlicher Beteiligungswechsel gegeben. Dennoch kommt es nach Auffassung des Finanzgerichts nicht zu einem Verlustuntergang, weil § 8c Abs. KStG 2002 n. F. teleologisch und verfassungskonform zu reduzieren ist.
Empfohlen von LinkedIn
§ 8c KStG 2002 liegt seit seiner Einführung typisierend der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Kapitalgesellschaft durch das neue Engagement eines qualifiziert beteiligten Anteilseigners verändert. Der Norm liegt damit der Grundgedanke eines change of control zugrunde, der durch die Anteilsübertragungen eintreten muss. Dies sei bei der Auslegung zu berücksichtigen.
Ergänzend weist das Finanzgericht darauf hin, dass der vorliegende Fall mit den Fällen des § 8c Satz 1 KSt 2002 in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes vergleichbar ist, wonach ein anteiliger Verlustuntergang bei einem schädlichen Beteiligungswechsel zwischen 25 % und 50 % vorgesehen war. In diesen Fällen war ein teilweiser Verlustuntergang mangels change of control verfassungsrechtlich nicht begründbar, so dass dies im vorliegenden Fall nach Auffassung des Finanzgerichts ebenfalls gelten musss.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, so dass die Entscheidung des Bundesfinanzhofes abzuwarten bleibt (I R 53/23).
>> Ihre Ansprechpartnerin: Judith H.