SEPA Instant Payments - 
"Wann kommt endlich der große Durchbruch für die SEPA-Echtzeitzahlung?"​

SEPA Instant Payments - "Wann kommt endlich der große Durchbruch für die SEPA-Echtzeitzahlung?"


In der 27. Podcastfolge SIMPLIFY BANKING spreche ich mit Rainer Wolff von der Barclays Bank aus Frankfurt über Instant Payments und wann man endlich mit dem großen Durchbruch für die SEPA-Echtzeitzahlung rechnen kann.

Cetin: „Hallo Herr Wolff. Schön, dass Sie da sind! Mögen Sie sich kurz vorstellen? Wer sind Sie und was machen Sie bei der Barclays Bank?“

Wolff:Sehr gerne. Rainer Wolff ist mein Name. Ich bin insgesamt seit mehr als 25 Jahren im Cash Management unterwegs, in verschiedenen Rollen als Projektleiter PSD2, unter anderem Produktmanagement, aktuell bei der Barclays Bank im Vertrieb für das International Cash Management und blicke auf Erfahrung unter anderem bei Santander, Commerzbank und Dresdner Bank zurück. Um vielleicht schon das Stichwort ein bisschen vorneweg zu nehmen: Für Instant Payments habe ich mich immer schon so ein bisschen begeistern können, weil ich innerlich das Gefühl hatte, es ist ein durchaus disruptives Thema, was hoffentlich mal die Welt verändern kann, zumindest die Zahlungsverkehrswelt.“

Cetin:Das haben Sie sehr schön gesagt, Herr Wolff. Das ist die perfekte Überleitung: Heute die Folge "SEPA Instant Payments. Wann kommt endlich der Durchbruch für die SEPA-Echtzeitzahlung?

Ich muss dazu sagen, das Thema SEPA Instant Payments ist eines unserer größten Themen im Bereich Payments bei uns im Haus. Wir beraten Häuser hierzu, bieten Produkte an; aber ich glaube, nicht jeder weiß worum es hier geht. Für die Zuhörer und Leser, die noch nicht tief drin stecken: Was muss man unter Instant Payments verstehen?“

Wolff: Hinter Instant Payments - ein schöner englischer Begriff, auf Deutsch: Echtzeitüberweisung - verbirgt sich im Grunde genommen eine Zahlungsart bei der Guthaben innerhalb weniger Sekunden dem Empfänger final - und das ist wichtig - gutgeschrieben werden soll.

Es gibt, wenn man sich mal so die Weltkarte anguckt, sehr viele verschiedene Echtzeitzahlungssysteme mit teilweise sehr unterschiedlichen Ausprägungen und auch teilweise mit wirklich lokalen, sehr spezifischen Besonderheiten. Speziell auf Europa oder auch auf Deutschland gemünzt sprechen wir bei einer SEPA-Echtzeitzahlung davon, dass sie immer ausgeführt werden kann, 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr. Sie soll innerhalb von zehn Sekunden bei der Empfängerbank und damit auch auf dem Empfängerkonto eintreffen. In der Praxis wird man feststellen, dass es in der Regel ungefähr 2 bis 3 Sekunden dauert.

Momentan ist es möglich bis 100.000 € eine SEPA-Echtzeitüberweisung zu tätigen. Aktuell sind etwas über 2300 Zahlungsdienstleister im SEPA-Raum erreichbar und angeschlossen; bei Zahlungsdienstleistern spreche ich von Banken, Payment-Service-Providern etc. Das sind ca. 60 % der europäischen Zahlungsdienstleister. Der Anteil der SEPA-Echtzeitzahlungen am gesamten SEPA-Zahlungsverkehrsvolumen in der EU beträgt aktuell ungefähr 11,5 %, das ist vielleicht auch noch eine ganz interessante Zahl für die Zuhörer und Leser.“

Cetin:Meine Frau hat gestern wieder einen Strafzettel bekommen: Sie ist zu schnell gefahren, dafür ist sie bekannt. Jetzt sollen wir das Geld überweisen - Naja, sollte ich das jetzt per Instant Payment überweisen, ich habe gar kein großes Interesse daran, meine Zahlung schnell vorzunehmen?

Jetzt mal Spaß beiseite: welche Anwendungsbeispiele und damit verbundenen Vorteile gibt es denn von SEPA-Echtzeitüberweisungen?“

Wolff:Es gibt sehr, sehr viele Anwendungen. Ob jetzt der Strafzettel, den Sie gerade erwähnt haben, unbedingt in Echtzeit überwiesen werden muss, da kann man trefflich darüber streiten. Aber es gibt ganz typische andere Fälle. Denken wir nur im Privatbereich an ein typisches Flohmarktgeschäft. Sie verkaufen was über eine Plattform, jemand kommt vorbei und will das mitnehmen, hat kein Bargeld dabei. Dann könnte diese Person im Prinzip über das Smartphone sofort eine Echtzeitüberweisung triggern, innerhalb von zwei, drei Sekunden piepst es auf Ihrem Smartphone selber und Sie wissen, das Geld ist eingegangen und Sie müssen sich nicht mit Bargeld beschäftigen. Wenn es ein Gegenstand ist, der vielleicht auch höher im Preis ist: Man muss sich nicht Gedanken darüber machen, ob das Geld jetzt echt oder nicht echt ist.

Alles das ist so ein Beispiel im eCommerce. Ganz typisches Beispiel: dass der Versandprozess natürlich viel schneller ausgeführt werden kann. Auch wenn man Retouren erhält als eCommerce-Anbieter, kann man bei der Retouren-Abwicklung die Rückzahlung schneller durchführen. Es gibt insgesamt eine ganze Menge Beispiele, dass man mit Instant Payments und dem entsprechenden Zahlungsmedium, das eine Echtzeitzahlung anstoßen kann, auf das Mitführen von Bargeld verzichten kann.

Ein typisches Beispiel in der Logistik oder in Lieferdienste sind die Fahrer, die Waren ausfahren, die in der Vergangenheit Bargeld kassiert haben. Auch das kann man heute über eine Echtzeitzahlung relativ elegant machen, ohne dass Bargeld ausgetauscht werden muss. Oder, wenn man sich noch mal ein Bild aus dem Privatbereich vornimmt, man steht am Flughafen, hat die schöne Urlaubsreise vor sich und auf einmal fällt einem siedend heiß ein: Oh Gott, ich habe gar keine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Dann könnte man sich vorstellen, - wenn die Versicherungen das anbieten - ich gehe schnell noch in mein Smartphone, gebe meine Daten ein und per Echtzeitüberweisung wird die Zahlung ausgeführt, die Versicherung hat das Geld und kann damit auch sofort den Versicherungsschutz bestätigen. All das sind stellvertretende Beispiele, wo sich SEPA-Echtzeitzahlungen wunderbar eignen.“

Cetin:Das sind gute Beispiele, um ein Gefühl dafür zu bekommen, in welchen Bereichen Instant Payments Sinn ergeben.

Ich habe allerdings das Gefühl - und ich spreche jetzt für mich in meinen Kundenterminen, die ich mit vielen Banken und Finanzdienstleistern führe - Ich habe den Eindruck, dass das Thema Instant Payments vor Jahren einen großen Peak hatte. Es scheint aber so, als sei der richtig große Durchbruch noch nicht da. Herr Wolff, bilde ich mir das ein, wie ist Ihre Einschätzung dazu?“

Wolff:Nein. Sie bilden sich das nicht ein. Es ist tatsächlich so: Der große Durchbruch ist bisher in Echtzeit Zahlungen versperrt geblieben. Die Gründe sind am Ende des Tages wirklich sehr vielschichtig. Es gibt nicht den einen Grund, an dem es liegt, sondern es ist eine Vielzahl von verschiedenen Faktoren, die hier zusammenkommen und die diesen finalen Durchbruch verhindern. Das kann ganz simpel daran liegen, wenn wir uns wieder auf das Beispiel der Onlinehändler fokussieren, dass bei diesen schlicht und ergreifend in ihren vor- und nachgelagerten Systemen die entsprechende Echtzeitfähigkeit gar nicht gegeben ist. Es hilft ja nichts, wenn ein Kunde in einem Shop etwas bestellt, dann über den Shop eine Echtzeitzahlung ausgelöst wird, die Echtzeitzahlung auch auf dem Konto des Händlers ankommt, aber der Händler fragt nur einmal am Tag, nämlich morgens, seine Kundenumsätze ab. Damit ist nicht geholfen. Dann kann man auch bei Paypal oder anderen Zahlungsinstrumenten bleiben.

Es muss natürlich auch untertägig und in Echtzeit abgefragt werden, damit sofort der Bestell- und Auslieferungsprozess angestoßen wird und der Kunde, der die Echtzeitzahlung benutzt auch irgendwie subjektiv das Gefühl gewinnt: mit einer Echtzeitzahlung wird meine Bestellung auch schneller ausgeführt.

Zum anderen, ich hatte es eingangs schon mal erwähnt, haben wir derzeit noch eine Betragsobergrenze von 100.000 €. Das ist schon relativ viel, wenn wir uns den privaten Bereich anschauen. Aber sprechen Sie jetzt mit Corporates - und insbesondere Corporates, die gewohnt sind, mit größeren Beträgen zu hantieren - dann sagen die: Ist ja alles schön und nett irgendwie, aber das, was ich so im Schnitt bekomme, sind vielleicht 10 Millionen € oder andere Summen in den Bereichen. Da kann ich nicht 1000 Echtzeitzahlungen auf meinem Konto empfangen oder das in 1000 Echtzeitzahlungen splitten. Das Thema der Betragsobergrenze ist also sicherlich noch ein Hindernis, was gerade im B2B, wo es richtig interessant werden könnte, den finalen Durchbruch verhindert.

Nichtsdestotrotz müssen natürlich auch die Zulieferer Systeme - denken wir an Electronic Banking Anwendung, egal ob jetzt im unternehmerischen oder im privaten Umfeld - in der Lage sein mit dem entsprechenden Zahlungsmedium umzugehen. Und last but not least, was sicherlich noch ein Thema sein wird, um Instant Payments voranzubringen: Die Banken, zumindest ein Großteil der Banken in Deutschland, bepreisen Instant Payments derzeit als Premiumprodukt, um die Abgrenzung zur normalen SEPA-Überweisung herzustellen. Das kann nach unseren Beobachtungen zwischen 0,50 € und 2-3 € betragen. Das ist ein Preis, wo man jetzt drüber streiten kann, ist es viel oder wenig; schlussendlich stellt sich für viele Zahler die Frage: ist mir die höhere Performance der Zahlung dieser Preis wert oder reicht nicht am Ende des Tages auch eine SEPA-Überweisung? Ich glaube diese Fragestellung ist nicht final geklärt. Wenn die Banken hier attraktivere Preise anbieten würden, würde der Echtzeitzahlung, glaube ich, mehr Schub verleiht werden.“

Cetin:Danke für Ihre Einschätzung! Jetzt mal ein ganz anderes Thema: mit der SEPA-Echtzeitzahlung überweise ich innerhalb kürzester Zeit Geld von einem Konto zum anderen. Aber Sie wissen ja: wo Chancen sind, sind auch Risiken. Das heißt doch auch, dass das ein super Einfallstor für Betrugsfälle wäre. Hat man daran gedacht und wie geht man damit um?“

Wolff:Ja, definitiv. Es ist absolut richtig, dass das Betrugsrisiko deutlich steigt. Nicht nur bei den Kunden an sich, natürlich auch bei den Banken, dass sie eventuell kompromittiert werden.

Sicherlich kann man auch davon ausgehen, dass die Betrüger ihren Schwerpunkt weg von der Kredit- Debitkarte hin zur Echtzeitzahlung legen und quasi indirekt die Vorteile, die die Echtzeitzahlung mit sich bringt, für sich ausnutzen, weil man in relativ wenigen Sekunden das Geld sehr weit weg überweisen kann und damit die Spurenverfolgung deutlich verkompliziert wird. Das ist ein Thema und stellt europaweit alle Zahlungsdienstleister vor eine echte Herausforderung. Was die Sache erschwert, ist der Vorteil der Echtzeitzahlung dadurch, dass das Geld sofort dem Konto gutgeschrieben wird, damit auch verfügbar ist und nicht widerrufen werden kann. Diesen Vorteil für den Kunden machen sich die Betrüger zunutze und wissen, das Geld ist da und ich kann es 3, 4, 5 Sekunden später an die nächste Station weiter überweisen und habe mehr oder weniger eine Kettenüberweisung in Gang gesetzt. Und das zu verfolgen ist extrem schwer.

Heißt im Grunde genommen auch: mit den heutigen, ich denke bei manchen Banken auch noch im Batch laufenden, Betrugssystemen kommt man nicht sehr weit. Man muss die IT-Systeme auf Vordermann bringen, richtig auf Echtzeit trimmen, um damit auffällige Transaktionen, häufige Transaktionen, bestimmte Empfängerbanken, zu denen vielleicht sehr viel hingeht, wo vielleicht traditionell viel Beschwerden von den Kunden kommen... Das muss man in Echtzeit identifizieren können, um die Zahlungen sozusagen schließen zu können.

Ich meine, damit sich Instant Payments als New Normal etablieren kann, muss insgesamt die ganze Architektur der Banken auf Echtzeit, auf den Echtzeit Zahlungsverkehr, ausgerichtet sein. Heutzutage, wenn man hinter die Kulissen der Banken guckt, wird man feststellen, dass vieles hintenrum teilweise noch auf Batch oder auf alten Legacy Systemen arbeitet und damit automatisch ein Zeitverzug in der Erkennung vorhanden ist.“

Cetin:Weiter im Thema Betrugsversuche: Instant Payments bildet ja darüber hinaus noch die Grundlage für eine neue innovative Zahlungsvariante, nämlich dem Request to Pay. Und das wiederum ist ja wieder so ein Einfallstor oder? Request to Pay liest und hört man jetzt immer mehr. Das wird sich der eine oder andere jetzt gerade auch fragen.“

Wolff:Ja, absolut. Request to Pay ist ein tolles neues Zahlungsverfahren, was aber, das bringen neue Themen mit sich, auch wieder neue Angriffsflächen für die Betrüger bietet. Und letztendlich ist es wie immer so, es ist ein Wettrüsten zwischen dem Zahlungsverkehr und den Betrügern.

Beim Request to Pay hat man aber dadurch, dass in einer Request to Pay Nachricht sehr viel additive Informationen drin sind, auch die Chance durch die höhere Informationsdichte potenzielle Betrugsversuche leichter erkennen zu können. Damit das am Ende des Tages aber funktioniert und das Einkaufserlebnis für den für den Kunden auch in Verbindung mit einer Request to Pay besser wird müssen -und jetzt kommen wir wieder zu dem Thema, das wir schon eben hatten - die Systeme der Banken auf eine echtzeitnahe Risikobewertung eingestellt werden. Gerade im Zusammenspiel mit den Instant Payments ist eine Verknüpfung notwendig, um steigende Betrugsrisiken abwenden zu können und ,man kommt nicht drum herum, entlang der gesamten Prozesskette muss die Betrugserkennung auf Echtzeit ausgebaut werden. Auch die Systeme müssen entsprechend schnell und so performant agieren können, dass möglichst wenig Betrugsversuche vorkommen oder Betrugsversuche bereits im Ansatz erkannt werden.“

Cetin:In meinen Recherchen habe ich gelesen, dass Experten die SEPA-Echtzeitzahlung als neue Möglichkeit sehen, Lastschrift oder Kartenzahlung in einigen Jahren komplett ablösen zu können. Wie schätzen Sie das ein?"

Wolff: "Ganz schwer, das richtig einzuschätzen. Das ist so ein bisschen der berühmte Blick in die Kristallkugel: Reden wir jetzt über einige wenige Jahre oder eine längere Zeitspanne?

Aber ich gehe schon davon aus, dass wir innerhalb eines gewissen Übergangszeitraums tatsächlich eine Ablösung von tradierten Zahlungssystemen erleben werden. Ob das jetzt, wenn wir beispielsweise über die Lastschrift sprechen, unbedingt die Lastschrift ist, auf Deutschland ganz spezifisch bezogen, darüber kann man trefflich streiten. Im Moment habe ich innerlich ein bisschen Bauchschmerzen, ob Instant Payments tatsächlich eine gute alte Lastschrift, die seit vielen Jahrzehnten in Deutschland etabliert ist und sehr viele Vorteile hat, ablösen kann - werden wir sehen. Für die Banken sicherlich nicht unattraktiv, weil Banken bei ihrem Lastschriftverkehr immer das Thema haben: Man muss unter Risiko- und Kreditgesichtspunkten ein Lastschriftobligo mit dem Kunden einrichten, weil man immer mit damit rechnen muss, dass ein gewisser Anteil an Lastschriften von den Kunden zurückgegeben wird und da ein potenzielles Postlaufkreditrisiko drin ist. Das heißt die Banken müssten eigentlich automatisch schon der Fan einer Echtzeitzahlung sein, um damit die manchmal etwas ungeliebte Lastschrift abzulösen.

Ob das aber auch im Interesse der Zahler liegt, das glaube ich eher nicht, weil ein Zahler - und da reden wir in der in der Regel von den Privatkunden - den Riesenvorteil hat, dass er einen gewissen Schutz aus dem Zahlungsmechanismus hat, wenn beispielsweise die Lieferung nicht okay ist, wenn der Service nicht okay ist. Er hat die Möglichkeit, innerhalb von acht Wochen ganz legal eine Lastschrift zurückzugeben, was bei Instant Payments so nicht geht. Das ist ein wahnsinnig positiver Punkt für die Privatkunden, was die Nutzung einer Lastschrift extrem attraktiv macht.

Man darf auch nicht vergessen: Viele Branchen, klassischerweise Versorger, Mobilfunkunternehmen, Versicherungen, Zeitschriftenverlage mit ihren Abonnements, haben über Jahre oder Jahrzehnte von diesem sehr einfachen Lastschriftverfahren profitiert. Gerade bei Abonnements Im Internet geht man auf das Formular, füllt drei, vier Daten aus, setzt noch die Kontonummer ein, drückt auf Senden und schon ist es getan. Das ist so vom Prozess her super und die tatsächlichen Ausfallquoten sind anscheinend doch eher überschaubar am Ende des Tages, sonst würden viele Branchen die Lastschrift gar nicht so akzeptieren und auch weiterhin forcieren.

Bei den Kartenzahlungen, insbesondere im ECommerce-Bereich, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass mit der Echtzeitzahlung, oder später mit der Request to Pay Zahlungsaufforderung, wenn die sich in der Breite durchgesetzt hat, ein gewisser Anteil ersetzt werden könnte.“

Cetin:Vor diesem Hintergrund: was würden Sie Ihren Kunden momentan raten?“

Wolff:Den Privatkunden würde ich in jedem Fall einfach mal empfehlen zur Hausbank zu gehen und zu fragen: Bietet ihr schon Echtzeitzahlungen an? Wenn ja, wie kann ich eine Echtzeitzahlung tatsächlich beauftragen? Geht das übers Onlineportal? Muss ich die vielleicht extra freischalten lassen? Was kostet mich eine Echtzeitzahlung?

Wenn ich persönlich davon überzeugt bin, dass Echtzeitzahlungen toll sind, weil ich sonntags am Mittagstisch meinem Sohn ganz schnell 5 € fürs Kino überweisen kann, dann würde ich auch drüber nachdenken: Will ich vielleicht zu einem anderen Gebührenmodell bei der Bank greifen, wo Echtzeitzahlungen vielleicht schon mit integriert sind?

Das wären Überlegungen, die ich den Privatkunden empfehlen würde. Auf Seiten der Zahlungsdienstleister und Banken: ganz klar eine verstärkte Aufklärung, was Echtzeitzahlungen sind. Ein besseres Marketing, attraktiveres Pricing: über einen günstigen Preis die Kunden quasi automatisch an die Echtzeitzahlung heranführen. Und Trends wie Request to Pay auch zeitnah entsprechend umzusetzen, denn gerade eine Echtzeitzahlung ist im Zusammenhang mit einer Request to Pay eine wunderbare Kombination.

Last but not least dürfen wir auch nicht die Unternehmen vergessen. Hier heißt es insbesondere die Zahlungsverkehrsprozesskette im Unternehmen auf die Echtzeitfähigkeit überprüfen. Denn, wie vorhin schon angemerkt, der Zahlungseingang in Echtzeit nützt nichts, wenn die Prozesse im Unternehmen diesen Zahlungseingang gar nicht bemerken und nachgelagerte Bearbeitungsschritte dadurch nicht angestoßen werden können.

Wir erleben jetzt nach vielen Jahren auch wieder das Thema, dass wir in eine steigende Zinssituation hineingeraten, also dass das Thema Negativzinsen zum Glück de facto Geschichte ist. Auch das kann dazu führen, dass das eine oder andere Unternehmen überlegt: lass ich das Geld vielleicht mal einen Tag länger auf dem Konto stehen, denn ich bekomme jetzt vielleicht wieder Zinsen oder vermeide Sollzinsen, also auch umgekehrt; und dann kann ich das Geld per Echtzeitüberweisung relativ schnell am Folgetag an den Empfänger bringen und muss nicht kalkulieren, was eine normale SEPA-Überweisung von den Cut-Off-Zeiten für eine Laufzeit hat, damit sie noch rechtzeitig eingeht. Das bedeutet letzten Endes für das Unternehmen: ERP-Systeme überprüfen, Buchhaltungssysteme überprüfen, Electronic-Banking-Anwendungen überprüfen - sind die echtzeitzahlungsfähig. Und gegebenenfalls auch ein Gespräch mit der Hausbank suchen, um zu sagen: Bitte schalte mein Konto für Echtzeitzahlungen und was noch alles mit dranhängt, damit auch Echtzeitzahlungen ausgeführt werden können, frei.“

Cetin:Herr Wolff, vielen Dank für die Einblicke, für die zahlreichen Informationen. Ich weiß, dass Ihre Zeit immer sehr knapp ist, deswegen weiß ich das sehr zu schätzen und habe mich wirklich gefreut über das Interview mit Ihnen.“

Savaş Çetin

Senior Manager | Division Banking | 🏆 Führender Player bei Consulting, Digitalisierung und Softwareentwicklung in Europa

2 Jahre
Savaş Çetin

Senior Manager | Division Banking | 🏆 Führender Player bei Consulting, Digitalisierung und Softwareentwicklung in Europa

2 Jahre

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