SOLLEN WIR DENN HIER ETWA ALLE GLÜCKLICH SEIN?
Barbara Woydtke, 09.Juli 2020
Teamentwicklung mit entspanntem Gehirn - Ein Plädoyer fürs Training
Verzweifelt steht der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens inmitten seiner „Direct Reports“. Die stellen ihm ihre Ideen moderner Führung vor. Performance soll nicht mehr allein im Fokus stehen. Empathie, gutes Zuhören, freiere Zeiteinteilung, Verantwortung teilen – Stichworte, die fallen. Als Moderatorin der Veranstaltung spüre ich die Sorge des Chefs: Zuviel Zufriedenheit der Mitarbeiter führt zu Laisser Faire, die Leistungskurve sinkt, das Unternehmen fällt zurück – gerade jetzt passt das gar nicht. Ich kenne dieses Gefühl so gut.
New Work versus Mandelkern
New Work ist in aller Munde - schön, wenn es gut läuft. Aber wenn es hart auf hart kommt, wenn es eng wird, der Wettbewerber uns zwei Schritte voraus ist, der Kostendruck steigt, erinnern wir uns gerne an die alten (Führungs-)Rezepte. Das heißt, eigentlich sind es nicht wir, die sich erinnern – sondern unser Angstzentrum im Gehirn, und hier besonders der sog. Mandelkern. Das hat evolutionsbiologisch gute Gründe. Denn, sehr vereinfacht gesagt, wird unser Gehirn immer dann nervös, wenn es die Zukunft nicht mehr vorausberechnen kann, wenn es das Gefühl hat, dass wir unsere Selbstwirksamkeit verlieren, dem Druck nicht standhalten, keine Mittel zur Bewältigung haben. Es will uns schützen.
Seine Methoden sind aber krass old school. Bei steigendem Druck oder Stress lässt es uns auf alte Verhaltensmuster zurückgreifen, die wir kennen und können. Besser wäre es heute jedoch, Raum für Klarheit, Kreativität und Offenheit zu schaffen. Altes gibt uns vermeintliche Sicherheit – Neues würde uns wahrscheinlich besser zum Ziel bringen. Ein Dilemma.
Aktion oder Bewegung nach Vorne?
Vor allem Führungskräfte mit ihrer Verantwortung für Geschäftsergebnis und Mitarbeiter, stehen oft unter diesem Druck. Nicht selten verlieren sie dann den Zugriff auf die Klaviatur bewusster Führung. Das ist verständlich und natürlich. Und irgendwie führt auch dieser verengte Radius schonmal zum Erfolg - aber zu welchem Preis? Häufig verliert die Organisation den Fokus auf das, was jetzt wirklich wichtig ist. Wo Konzentration auf das Wesentliche hilfreich wäre, sind alle in Aktion - ohne wirklich in die Bewegung nach vorne zu kommen. Der Arbeitsaufwand steigt stetig - und damit das Stressempfinden. Die Kreativität und Motivation der Mitarbeiter gehen flöten, obwohl es gerade jetzt wichtig wäre, dass alle an einem Strang ziehen.
Bewusste Führungskräfte sehen klar
Ein Unternehmen, ein Team oder auch sich selbst wirklich bewusst zu führen, bedeutet, die Nerven zu haben, einen Schritt zurück zu machen und innezuhalten, besonders wenn´s brennt. Das gibt uns Überblick - was braucht es jetzt, und wer kann mir dabei helfen. Welche Talente, Potentiale, Kreativität habe ich in meinem Team. Wie können wir diese gemeinsam nutzen, um neues zu entwickeln, Krisen zu meistern oder neue Märkte zu erschließen.
„Bewusste Führungskräfte“ sehen klar, sind mutig, erweitern ihr Lösungsrepertoire durch Offenheit und Neugierde für alternative Ideen und haben Sanftmut sich selbst und anderen gegenüber. Damit schaffen sie eine konzentrierte und vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre, die nicht nur zum Ziel führt, sondern sogar in schwierigen Zeiten Zufriedenheit und vielleicht sogar glückliche Momente für alle Beteiligten beschert.
Bring dein Gehirn in Bestform
Die gute Nachricht – wir es können üben, auch in kritischen Situationen klar, gelassen und fokussiert zu bleiben. Das tägliche Training unseres Kreislaufes, unserer Muskeln ist schon längst natürlich für uns – lasst uns auch anfangen, unser Gehirn in Bestform zu bringen. Es ist nicht schwer, wir brauchen ein wenig Motivation, Disziplin, und die Freude daran, uns selbst und unsere Reaktionen ganz genau kennenzulernen. So erhöhen wir unsere Selbstwirksamkeit - auch und gerade, wenn´s mal eng wird. Das bereichert nicht nur unsere Lösungskompetenz und die unsere Teams – sondern auch uns ganz persönlich.
Kleine Übung für den Start
Kleine, tägliche Übungen können dafür schon ein Anfang sein: Versuchen Sie zum Beispiel, eine Tätigkeit am Tag ganz bewusst durchzuführen. Zähneputzen, Spülen, Treppensteigen, egal was. Und beobachten Sie sich dabei mit großer Sanftmut. Was passiert in Ihrem Kopf? Woran denken Sie? Was sind Ihre Gefühle und Empfindungen. Suchen Sie nicht nach etwas besonderem, nehmen Sie einfach wahr, was sich Ihnen automatisch zeigt, während Sie sich auf die Sache konzentrieren. Mit Neugier und Offenheit. Sie werden erstaunt sein, was alles in Ihnen vorgeht, und sich langsam mit sich selbst noch vertrauter machen. Ein guter Schritt, um Ihre Reaktionen auf Impulse besser kennenzulernen und zielgerichteter modulieren zu können.
Ich erinnere mich genau an jenen Moment, als ich das erste Mal im Job die Wirkung meines Mindful-Trainings direkt wahrnahm – es war eine Kleinigkeit in der Veränderung meiner Reaktion – hatte aber eine sehr positive Auswirkung auf mein Team. Anstatt Konflikte gab es Verständnis und die Lösung eines Wochen währenden Themas. Darüber freut sich nicht nur das Team, sondern auch das Unternehmen. 😊
Und damit sind wir wieder am Anfang meines Beitrages: Ja, zufriedene Menschen sind motivierter und leistungsfähiger. Nicht nur deshalb lohnt es sich, jeden Tag ein wenig bewusster zu führen.
Möchten Sie mehr über Bewusste Führung erfahren? Dann besuchen Sie mich auf wachstusfreude.de. Ich freu mich auf Ihre Geschichte.