Storytelling 4.0: Neue Möglichkeiten für Purpose-Unternehmen
+++ Dies ist eine abgekürzte Version meines auf Medium bereits publizierten Artikels: Storytelling 4.0 +++
Wenn Du anfängst Dich mit Storytelling im unternehmerischen Kontext zu beschäftigen, wirst Du schnell auf folgende Aussage treffen: “Stories are remembered up to 22 times more than facts alone” (1). Da wirklich so ziemlich jeder Storytelling-Artikel mit dieser von der Stanford University stammenden Erkenntnis anfängt, wollte ich nicht aus der Reihe tanzen und habe das hiermit jetzt auch getan. So…, erster scheinbar obligatorischer Aspekt für einen Artikel über Storytelling abgearbeitet, lass uns also loslegen!
Warum ist Storytelling für Dich wichtig?
Nachdem die richtigen, verständlichen und vertrauenswürdigen Informationen zur Verfügung stehen, ist der nächste bedeutende Schritt die Einbindung der KundenInnen (2). Der KundenInnenwille mehr über ein Produkt zu erfahren, kann davon abhängig angesehen werden, inwiefern er*sie das Produkt und den jeweiligen Impact für sich persönlich relevant hält (3). Wenn KonsumentenInnen ausreichend Interesse an einem Produkt entwickeln, kann davon ausgegangen werden, dass Verhaltensweisen wie, unter anderem, dass ausführliche Recherchieren von Informationen, die Bildung einer positiven Meinung über das Produkt, die Häufigkeit der Produktnutzung, die Freude am Konsum und die Produktloyalität, positiv beeinflusst werden (4).
Hier kommen wir also zum Storytelling, denn wie könnte jemensch besser eingebunden werden, wenn nicht über eine gute Story. Was ist also Storytelling und warum sind manche neue Technologien, vor allem die Blockchain, in diesem Zusammenhang eine Überlegung wert? Lass uns erstmal mit normalen Prä4.0-Storytelling anfangen!
How to Tell A Story
Das erzählen von Geschichten ist kultur- und zeitübergreifend, ein zentrales Merkmal des menschlichen Seins (5). Unser Gehirn ist darauf ausgerichtet, um den Umgang mit der Komplexität von sozialen Beziehungen trainieren zu können, Geschichten zu emphatisieren (5). Durch Stories wird bei uns Oxytocin ausgestoßen, durch welches wir empathischer und kooperationsfreudiger werden (6). Um dies zu erreichen, sollte die Story sich um Menschen, ihr Problem und den Triumph über das Problem drehen (6). Es geht dabei darum, Emotionen und Informationen miteinander zu verbinden (7). Menschen akzeptieren Informationen eher, wenn sie im “Storymode” sind, als wenn sie im kritischen “Factmode” sind (5).
Eine Geschichte besteht, halte Dich fest, aus einem Anfang, einer Mitte und einem Ende (1). Spare Dir aber beim Anfang eine lange Einleitung, eine gute Story muss mit einem Konflikt und Spannung anfangen (8). Die besten Geschichten sind außerdem einfach und straightforward (9). Ganz wichtig beim unternehmerischen Storytelling ist es, dass es nicht darum geht KundenInnen zu generieren, sondern das Ziel ist eine Gemeinschaft entstehen zu lassen (7). Überlege Dir genau wen Du mit Deiner Story erreichen möchtest, was du mit Deiner Story erreichen möchtest und wie Du das durch eine Story erreichen kannst (8). Je nach Publikum musst Du die Gewichtung zwischen Informationen und Emotionen verändern, zu viele Informationen sind genauso schlecht wie zu wenige (8). Den größten Fehler den Du begehen könntest, wäre es Dich zur Heldin Deiner Geschichte zu machen (9). Überlege am besten wie Du die ZuhörerInnen zu HeldenInnen machen kannst.
Storytelling 4.0
Die “sience” fiction of yesterday is today becoming a reality” heißt es im Vorwort zu dem Buch des World Economic Forum Gründers Schwab über die vierte industrielle Revolution (10). Storytelling 4.0 verwende ich als Begriff hier in Anlehnung an den der Industrie 4.0. Dieser stammt von einem von der deutschen Bundesregierung initiierten Arbeitskreis, welcher die technologischen Fortschritte der Digitalisierung und die mögliche Bedeutung dieser für die deutsche Industrie untersuchte. Dabei kam die Arbeitsgruppe zu dem Schluss, dass durch die Entwicklung „intelligenterer Überwachungs- und autonomer Entscheidungsprozesse“ (11) das Potenzial einer solchen industriellen Transformation bestehe, dass von einer vierten industriellen Revolution gesprochen werden könne.
Im Zentrum dieser Revolution durch “intelligente Überwachungs- und autonomer Entscheidungsprozesse” stehen Technologien zur Datenerfassung (u.a. Sensoren), Datenspeicherung (v.a. Blockchain & Clouds) und Datenverarbeitung (v.a. Big Data & AI). Während das Potenzial dieser neuen Technologien vor allem bei der Effizienzsteigerung entlang unternehmerischer Wertschöpfungsketten gesehen werden, bergen sie auch riesigen Potenziale in anderen Bereichen, wie eben beispielsweise auch im Corporate-Storytelling. Kommen wir also zu den vier neuen 4.0 Möglichkeiten des Storytellings.
1.0 Rückvollziehbares Storytelling
Die neuen Technologien verursachen nicht nur eine industrielle Revolution, sie verursachen auch eine Vertrauensrevolution. Vertrauen, welches bisher einen personalen oder systemischen Ursprung brauchte, kann jetzt aus der Verbindung der neuen technologischen Möglichkeiten für Datenerhebung, Datenspeicherung und Datenverarbeitung generiert werden. Im Zentrum alles Geschehens befindet sich die Blockchain Technologie, welche “trust through clever code” (12) entstehen lässt. Giddens vermerkte bereits vorm Anbruch dieses Jahrtausends: „There would be no need to trust anyone whose activities were continually visible and whose thought processes were transparent” (13) und Simmel stellte vor über 100 Jahren fest: „Der völlig Wissende braucht nicht zu vertrauen, der völlig Nichtwissende kann vernünftigerweise nicht einmal vertrauen“ (14). Bei zukünftigen Stories braucht sich niemand mehr fragen, welcher Teil wahr und welcher erdacht ist, denn dank der 4.0 Technologien ist das in mikrosekundenschnelle überprüfbar — jede Information jeder Story ist zu ihrem Ursprung rückverfolgbar, für immer unverfälschlich.
2.0 Echtzeit Storytelling
Real-Stories are about the past? 4.0 Stories are real-time! Durch die vertrauensschaffende Rückvollziehbarkeit von Informationen sind 4.0 Stories zwar ebenfalls ein Fenster in die Vergangenheit, doch sie sind ebenso ein Fernrohr hin zu einem anderen Ort der Gegenwart. Durch Entwicklungen wie der Arbeitsteilung und Globalisierung sehen wir kaum noch wie die Produkte, die unser Leben prägen, entstehen. Wir haben die Verbindung zu ihnen und zu jenen, welche sie herstellen, verloren. Durch die neuen technologischen Möglichkeiten können wir das wieder ändern. Die KundenInnen können beispielsweise beim Produkt-Storytelling 4.0 nicht nur über einen QR-Code sehen von wo & wem das Produkt stammt, welches sie überlegen zu kaufen (Vergangenheit), sondern sie sehen auch, was dort genau zu dem Zeitpunkt geschieht, in dem sie (im online Store oder auf der Verpackung) die Story 4.0 abrufen (, das Zauberwort lautet: Echtzeittransparenz).
3.0 Integratives Storytelling
Wie bereits festgestellt, kann es Sinn machen die KonsumentenInnen zu den HeldenInnen der Geschichte zu machen. Ist der Kauf einer Deiner Mahlzeiten mit dem Pflanzen eines Baumes verbunden? Lass Deinen KonsumentenInnen wissen, wann das Geld an die Baumschule gegangen ist und lass Ihnen ein Bild dieses Baumes zukommen, sobald dieser gepflanzt wurde! Geht es bei Deinen Produkten darum die ErzeugerInnen von Mund- & Nasenschutzmasken fairer zu entlohnen? Zeig Deinen KonsumentenInnen, welche ArbeiterInnen an Ihren Masken beteiligt waren und gib Ihnen die Möglichkeit diesen via eines virtuellen Herzens danke zu sagen oder sie gar durch ein kleines Trinkgeld zu unterstützen. Lass sich über den Purpose Deines Unternehmens bzw. Produktes Beziehungen entwickeln und Communities entstehen!
4.0 Adaptives Storytelling
Den richtige Mix aus Informationen und Emotionen ist entscheidend bei einer Story. Doch gibt es überhaupt den richtigen Mix? Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse nach Informationen. Während für manche wenige Informationen schon zu viele sind, kann es für andere gar nicht genug geben. Speziell nachhaltigkeitsorientierte KonsumentenInnen (15) und jüngere Generationen (16) haben einen großen Informationsbedarf. Die von diesen klassischen Zielgruppen von Purpose-Unternehmen geforderte Informationsdichte kann aber womöglich die “Swinging-KonsumentenInnen” überfordern und abschrecken. Dies wäre aber fatal für die Nachhaltigkeitsbewegung in der Wirtschaft und Gesellschaft. Die 4.0 Technologien ermöglichen es hier den Informationsgehalt jeder Story zu individualisieren. Des Weiteren können je nach Interessen vermehrt soziale oder ökologische Aspekte miteinbezogen werden, eher regionale oder globale Aspekte, eher gesundheitliche oder nachhaltigkeitsorientierte Aspekte etcetera etcetera etcetera. Außerdem können auch je nach Standort die Stories angepasst werden, wird eine 4.0 Story über einen QR-Code zu Hause gescannt (was unserer Erfahrung von OURZ nach in 3/4 der Scans der Fall ist), darf die Story definitiv ausführlicher sein, als wenn der QR-Code z.B. im Supermarkt gescannt wird. Stories können jetzt die Geschichte erzählen, welche den Interessen und (situativen) Bedürfnissen der KonsumentenInnen entsprechen.
Mein Fazit
Let's go!
Quellen
- Aaker (2019): Harnessing the Power of Stories.
- Gupta & Ogden (2006): The Attitude-behavior Gap in Environmental Consumerism.
- Celsi & Olson (1988): The Role of Involvement in Attention and Comprehension Processes.
- Vermeir & Verbeke (2008): Sustainable Food Consumption Among Young Adults in Belgium.
- Hsu (2008): The Secrets of Storytelling.
- Zak (2014): Why Your Brain Loves Good Storytelling.
- Da Costa (2019): 3 Reasons Why Brand Storytelling Is the Future of Marketing.
- Schramm (2014): A Refresher on Storytelling 101.
- O’Hara (2014): How to Tell A Great Story.
- Benioff (2017): Vorwort in “The Fourth Industrial Revolution”.
- Kagermann, Lukas & Wahlster (2011): Industrie 4.0 — Mit dem Internet der Dinge auf dem Weg zur 4. industriellen Revolution.
- Tapscott & Tapscott (2016): Blockchain Revolution — How the Technology Behind Bitcoin is Changing Money, Business, and the World.
- Giddens (1996): The Consequences of Modernity.
- Simmel (1908): Soziologie — Untersuchungen über die Form der Vergesellschaftung.
- Glöckner, Balderjahn & Peyer (2010): Die LOHAS im Kontext der Sinus-Milieus.
- Nielsen (2019): Gen Z Sustainable Consumers Go Digital.
🌱 Collective Action & Collective Funding at ProjectTogether
4 JahreSuper Artikel Jonas Wendt — das solltest du mal als Open Session in einem der nächsten #Farm-Food-Climate Update Calls anbieten ;) ProjectTogether