Stressfrei (er) Lernen: Ein Märchen oder Wirklichkeit?

Stressfrei (er) Lernen: Ein Märchen oder Wirklichkeit?

„Lernen“ – für manche schon in der Schulzeit ein absoluter Stressfaktor, der zu massiven gesundheitlichen Auswirkungen geführt hat und auch immer noch führt. Magenschmerzen, Übelkeit oder auch Kreislaufprobleme, um nur einige zu nennen!

Auch heute lässt uns das Lernen nicht gänzlich los, sei es bei der Vorbereitung von Präsentationen oder wenn wir uns auf neuen Wegen wiederfinden, sei es beruflich oder privat.

Dann ist es hilfreich zu wissen, wie man selbst am besten lernt, denn es gibt massive Unterschiede, oder Kathrin?

Da nennst Du einen wichtigen Punkt, liebe Melissa: Lernen wird uns unser ganzes Leben begleiten und darf bitte, bitte Spaß machen! Mit Bauchschmerzen kann Lernen nicht gelingen. Für mich heißt lebenslanges Lernen auch, dass ich auf Gelerntes immer wieder Zugriff habe, es mich bereichert. Das funktioniert nur mit Lernen ohne Kreislaufprobleme und Übelkeit.

Es gibt verschiedene Kategorien von Lerntypen. Wie genau unterscheiden sie sich und was zeichnet den auditiven, visuellen, kommunikativen und motorischen Lerntyp aus?        

Spannende Frage!

Da möchte ich gerne einmal einladen, dass die Lesenden sich an ihr persönliches letztes Lernerlebnis erinnern:        

  • An was erinnern Sie sich, wenn Sie an eine zurückliegende Lern-Session denken?
  • Was hat sich Ihnen nachhaltig eingeprägt?
  • Vielleicht auch, wo befanden Sie sich?
  • Was haben Sie an Material genutzt, um sich die Inhalte einzuprägen.

Bei meiner letzten Lerneinheit hatte ich neben einem duftenden Tee eine sanft leuchtende Kerze auf dem Tisch stehen, habe mich mit meinen Mitlernenden getroffen und bin immer wieder mit Karteikarten in der Hand spazieren gegangen. Welcher ´Lerntyp´ wäre ich, liebe Lesenden?

An was erinnerst Du Dich?

Ich erinnere mich an Farben, Stifte, Notizzettel, schöne Überschriften und eine entspannte Handschrift meinerseits- ich sehe mich schreiben ganz ruhig und entspannt. An Flip Charts und auch auf Canva-Präsentationen, die mit kleinen Bildchen alles auflockerten. Ich erinnere mich an sanfte Musik im Hintergrund und wie ich die Lerninhalte laut ausgesprochen habe…

Fühlst Du Dich demnach als Visueller Lerntyp? Oder auch als Auditiver, weil Du Dir die Lerninhalte vorgesprochen hast?

Du siehst Dich ruhig und entspannt schreiben. Damit nennst Du einen so wichtigen Punkt zum gehirngerechten Lernen, der den Lerntypen gar nicht zuzuordnen ist: Ich muss entspannt und gut gelaunt sein. Anderenfalls nimmt das Gehirn keine Lerninhalte auf.

Was ist das mit den Lerntypen?        

Was für ein Typ ich bin und wo ich mich sehe…ich will nicht zu weit vorgreifen, aber ich bin weder das eine noch das andere (gänzlich) 😉

Der wertvolle Tipp „entspannt lernen“ gehört für uns zu den wichtigsten Regeln, die wir hier vorstellen werden.

Entspannt lernen

Sorgen Sie für eine entspannte Atmosphäre und beginnen Sie früh genug. Durch Zeitdruck entsteht Stress, durch eine unentspannte Lernatmosphäre entsteht Stress, durch Hunger/Durst/Pippi/Kalt entsteht Stress und das sorgt für eine stärkere Hormonausschüttung, die das Abspeichern von neuen Lerninhalten fast unmöglich macht.

Was bedeutet für Sie entspannt? Mit oder ohne Musik? Helles oder gedämpftes Licht? Allein im Zimmer oder in der Bibliothek oder im Café? – Ein geordneter Schreibtisch ist immer empfehlenswert, denn so hat das Auge Zeit sich auszuruhen und huscht nicht ständig über viele ungeordnete Dinge, die die Aufmerksamkeit binden. Lieber bequeme Anziehsachen oder lieber Anziehsachen, in denen Sie sich besonders stark und intelligent fühlen? Es gibt kein richtig oder falsch, sondern wie immer nur ein WAS HILFT HAT RECHT

Was für wundervolle Beispiele!

Dazu fällt mir sofort ein, dass ich als ´Einstimmungsritual´ gerne aufräume. Das Sortieren hilft mir, mich zu fokussieren und zu sondieren, was ich HEUTE zum konzentrierten Lernen brauche. Ein Coachee sagte mir mal, dass Lernen am besten am Terrassentisch bei Vogelgezwitscher klappe. Auch der Ort, an dem ich lerne, ist individuell und kann tagesformabhängig wechseln wie mein Start ins Lernen. Das Ritual zur Einstimmung darf sich entwickeln, probieren Sie aus, was zu Ihnen passt.

Einstimmungsritual

Egal was Ihnen hilft, suchen Sie sich eine feste Routine. Etwas, was Sie immer wieder vor dem Lernen wiederholen. Aufräumen ist, wie Kathrin beschreibt, etwas was „Platz für neues schafft“. Und Rituale helfen unserem Gehirn sich auf das nachfolgende einzustimmen, unser Gehirn liebt nämlich Rituale – das ist so unglaublich energieschonend – das mag unser Gehirn und da wir wollen, dass es sich wohlfühlt, sollten wir ihm geben, was es braucht 😂

Sie können jedoch auch Duschen – also sich frisch machen für neues. Oder eine gewisse Bewegung an der frischen Luft einbauen, denn Sauerstoff hilft – ein bisschen frischer Wind macht eben auch Platz für neues. Dazu sollten wir erwähnen, dass Studien erwiesen haben, dass beim Spazieren Areale des Gehirns aktiviert werden, die die Kreativität fördern. Und gerade beim Lernen ist, das nie verkehrt.

Welches Ritual könnte ab heute Ihres sein? Und Melissa, was hältst du von Snacks während des Lernens? Dafür oder dagegen?

Passende Snacks, die das Lernen unterstützen:

Auch dabei dürfen wir auf unser Gehirn achten, womit es sich wohlfühlt. Gehirngerechtes Lernen braucht zwei Liter Wasser am Tag und gesunden Zucker: Mit Bananen, Äpfeln und Nüssen kann Ihr Gehirn optimal lernen. Für den besonderen Kick liegt bei mir auch immer etwas Traubenzucker auf dem Schreibtisch.

Wobei wir auch hier auf unseren Körper hören dürfen, jeder verwertet anders und bei manchen kommt nach dem Apfel der Heißhunger. Spüren Sie also mal genau hin, mit welchen Lebensmitteln geht es Ihnen gut? Fühlen Sie sich energiegeladen und wollen nicht unmittelbar ein Mittagsschläfchen machen oder 3 Tafeln Schokolade weginhalieren.

Setzt, auch bei passenden Snacks die Müdigkeit ein, Pause und Fenster auf: Sauerstoff und Bewegung am offenen Fenster lassen das Gehirn schnell wieder aufnahmebereit schalten.

Pausen? Nee, viel, zu viel Lerninhalte! Gerade vor einer Prüfung fühlen wir uns meist von der Fülle und dem Umfang an Stoff erschlagen. Wie soll ich das denn alles in meinen Kopf bekommen? Eingangsrituale, Wohlfühlen, Pausen, soviel Zeit habe ich gar nicht! Hinsetzen und Büffeln, bis zum nächsten Morgen und der Kopf raucht, das verbinden viele Menschen mit Lernen. Machst Du Pausen, liebe Melissa? 

Ich, ja, ich mach Pausen – wahrscheinlich zu wenig, denn ich bin auch eher Sprinter als Marathonläuferin, wobei ich mittlerweile meine Warnsignale für „Huch, da muss aber nun mal eine Pause gemacht werden kenne 😅. Was sind die Vorteile von Pausen? Und was sind eigentlich die Warnsignale?

Frische Luft, Sauerstoff und Pausen – weshalb bewusste Unterbrechungen den Lernerfolg steigen können

Sie lesen einen Satz oder Absatz zum x-ten Male, können den Inhalt nicht erfassen, fühlen sich erschöpft, die Gedanken kreisen um etwas Anderes als die Lerninhalte und Sie merken, dass der Blick wiederholt Richtung Ablenkung geht, aus dem Fenster, zum Handy ...  Das kennt jeder von sich.

Ein hilfreicher Hinweis ist die wissenschaftliche Erkenntnis, dass das Gehirn sich maximal 45 bis 60 Minuten gut konzentrieren kann, dann braucht es eine Pause. Bei Kindern sagt man sogar, das Alter des Kindes verdoppelt in Minuten, käme der Konzentrationsdauer nahe. Also ein achtjähriges Kind kann sich ca. 16 Minuten gut konzentrieren, ein zehnjähriges ca. 20 Minuten.

Das ist eine großartige Orientierung, die kannte ich bei Kindern noch gar nicht. So lässt es sich wirklich leicht merken.

Es hilft dann, nach dieser Zeit eine kurze Runde, um den Block zu drehen, mit einer Freundin zu quatschen und Lachen, das entspannt das Gehirn und legt entspannt gerne wieder los.

Warnsignale für eine Pause:        

  • Lesen und nichts verstehen
  • Gedanken schweifen immer wieder ab
  • Unkoordinierte Bewegungen
  • Augen gereizt, viel blinzeln
  • Insbesondere bei Kindern zappeln, Hunger, Durst 


Gestärkt und motiviert am Schreibtisch, auf dem Fußboden oder Esstisch und nun? Wie war das noch mit den sogenannten Lerntypen?

Gibt es die oder gibt es die nicht?

Wenn ich darüber nachdenke, konnte ich Lerninhalte immer gut verstehen, wenn es mir jemand erklärte und ich es selbst ausprobieren durfte. Das wäre an erster Stelle der ´auditive´ Lerntyp: Über die Ohren Lerninhalte dargestellt bekommen und verarbeiten. Diese Menschen können oft gut Lerninhalte erfassen, wenn sie sich selbst Nachrichten über die Lerninhalte verfassen und diese beim Joggen oder Abwaschen hören. Oder in Lerngruppen die Themen besprechen, selbst erklären oder erklären lassen.

Das ist zum Beispiel der Teil, der mich besonders stresst, nur über das auditive, also das stumpfe Zuhören ohne Austausch und am besten frontal – da wird mir schon beim dran denken schummrig- für mich definitiv Platz 4 im Ranking.

Als zweiten Lerntypen habe ich eben bereits im Beispiel erwähnt, den kinästhetischen Lerntypen, der durch eigenes Be-greifen Lerninhalte für sich erfasst. Handwerker sind häufig diese Lerntypen, die sich durch Nachmachen Lernthemen erschließen. Projekte, Experimente oder Ausprobieren ist für diese Lerntypen hilfreich.

Hier bin ich wieder dabei, ich denke das wäre mein Platz 2 bei einer Reihenfolge der Lerntypen. Selbst machen …

Dann gibt es den visuellen Lerntypen, der mit den Augen Lerninhalte für sich aufschlüsselt. Dieser Lerntyp kann mit Experimenten wenig anfangen. Nachlesen, Notizen oder auch die vollgeschriebene Tafel lässt sein Herz höherschlagen. Dann nimmt sein Gehirn die Inhalte auf und verarbeitet sie für sich. In Büchern werden Abschnitte am Rand ergänzt oder bunt unterstrichen. Auch Mindmaps visualisieren bunt und mit viel Schrift die ausgearbeiteten Lerninhalte. Mindmaps stellen von einem Mittelpunkt ausgehend, die Themen wie an verzweigten Armen stichpunktartig immer weiter in den Raum hinausgehend fast bildhaft dar.  Diese visualisierten Flächen zu den Lerninhalten werden ausgearbeitet und dieses Bild merken sich die auditiven Lerntypen.

Und hier haben wir meinen Platz 1- visueller Lerntyp. Ich liebe es mit Farben, verschiedenen Schriften und dergleichen zu arbeiten und mische es mit dem kinästhetischen Teil, selbst schreiben, selbst unterstreichen, selbst zerschneiden, selbst malen.

Und es gibt noch den vierten Lerntypen, den Kommunikativen, mein Platz 3 über den Austausch lernen. Erörtern, diskutieren, nachfragen und von vielen verschiedenen Sichtweisen beäugen.

Also zusammengefasst:        
1.       Visuell – Über das Auge Inhalte erfassen        
2.       Auditiv – Über die Ohren Inhalte erfassen        
3.       Kinästehisch / habtisch – oder einfach gesagt übers Machen        
4.       Kommunikativ – über das Sprechen und den Austausch erfassen        

Wie sieht es bei Ihnen aus?

Welche Reihenfolge sehen Sie bei sich selbst?

Ich selbst lege mich auf keinen Lerntypen fest. Unterschiedliche Lerninhalte lerne ich auch auf verschiedenen Wegen. Mal schreibe ich mir meine Lernthemen auf Karteikarten und lese sie beim Spazierengehen immer wieder durch. Ein anderes Mal erarbeite ich mir eine Mindmap oder aber erschließe mir den Stoff in einer Gruppe durch Erklären und Abfragen.

Und genau so ist es auch: Wir sind in der Regel alle Mischtypen, der eine schlägt, mehr in die eine Richtung aus, der andere weniger.

Lass uns nun noch pro Lerntypen 3 Lernmöglichkeiten festhalten, damit die Lesenden direkt etwas an die Hand, an das Ohr, an das Auge, an den Mund – naja du weißt schon, bekommen:

Visuell: Lesen ist hilfreich, ebenso das Erstellen von Mindmaps oder Karteikarten. Auch das Anfertigen von Bildern, die sich mit den Lerninhalten decken, kann nützlich sein. Filme zu schauen gehört ebenfalls zu den Lernmethoden, allerdings nur, wenn es sich um Filme mit den entsprechenden Lerninhalten handelt.

Auditiv: Persönliche Sprachnachrichten auf zum Beispiel das Handy sprechen, mit Kollegen über den zu erarbeitenden Stoff sprechen oder diskutieren, Hörbücher anhören

Kinästhetisch: selbst tun, ausprobieren, experimentieren und mit den eigenen Händen nachbauen, aufschreiben oder Visualisieren, also eigene Bilder oder Sketchnotes erstellen.

Kommunikativ: Die Lerninhalte bewusst in Frage stellen in einer Lerngruppe, darüber diskutieren, andere Sichtweisen reflektieren, sich erklären lassen oder auch selbst anderen erklären und sich dem Thema so nähern.

Gestalten Sie sich Ihre Lerninhalte grundsätzlich als Lern-Erlebnisse, merk-würdig und lust-voll, dann schüttet ihr Gehirn mit jeder Lerneinheit das Hormon ´Dopamin´ aus und verlangt nach immer mehr Lerneinheiten!

Kategorisieren Sie sich nicht zu stark, denn Sie sind höchstwahrscheinlich ein Mischtyp. Begrenzen Sie sich nicht durch Kategorien, sondern betrachten Sie diese eher als einen bunten Blumenstrauß, aus dem Sie die Blume wählen, die Sie gerade am meisten anspricht.

Viel Spaß beim Lernen - Wie möchten mit folgendem Zitat enden:

“Das Lernen ist wie eine Reise ohne Ende. Jeder Schritt bringt uns näher an das Ziel, aber das Ziel selbst bleibt immer ein wenig weiter entfernt.”

Unbekannt

Kathrin Timm

Zertifizierter LernCoachMaster

3 Monate

Herzlichen Dank Dir, liebe Melissa, für die Chance und den stressfreien Austausch über mein Herzensthema!

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