Talking about Museums: Die Museumsmatrix
["Museum 4.0 - Die Museumsmatrix. Museum, MINT und Marke."
Die Wortpatenschaft für den Begriff „Museumsmatrix“ wurde vom Verfasser auf der Website www.wortpatenschaft.de des Vereins Deutsche Sprache e.V. angemeldet.]
Auszug aus meinem Vortrag auf der Jahrestagung von ICOM Deutschland am 7. Oktober 2016 im Deutschen Technikmuseum Berlin:
"Die Matrix macht visuell deutlich, wo die Stärken der einzelnen Institutionen liegen. Auffallend ist, dass gerade im Bereich der Besucherorientierung, Vermarktung und Inszenierung bei den Museen noch „Luft nach oben“ ist. Basierend auf den vorangegangenen Überlegungen würde es nahe liegen, im Sinne einer Best-Practice-Strategie von den Stärken der jeweils anderen Institution zu lernen – letztlich ließe sich dadurch das eigene Profil potenziert. Die semantische Gleichung würde also lauten: M(useum) + M(INT) + M(arke) = Museum 4.0
Die Museumsmatrix
Die Institutionen – MINT und MARKE – haben vom Role Model MUSEUM viel gelernt: Das symbolische Kapital (Pierre Bourdieu) der öffentlichen Wahrnehmung, wird – professionell und bedeutungssteigernd – gerade von Corporate Museums für die Fortentwicklung eigenen Kernmarke genutzt. Dafür wird, das darf an dieser Stelle nicht unterschlagen werden, mitunter auch ein erheblicher Einsatz von Finanzen geleistet. Hier können die öffentlichen Museen nicht ohne weiteres gleichziehen, weil sie nicht über entsprechende Budgets verfügen.
Jedoch könnten in den Bereichen Besucherorientierung und Vermarktung sehr wohl Anleihen genommen werden, denn oft würde schon die stärkere Koordinierung der erbrachten Einzelleistungen innerhalb des gesamten Museumsapparates Synergieeffekte zeitigen. Dadurch ließen sich im immerwährenden Wettbewerb um öffentliche Ressourcen (und Drittmittel) das eigene Profil und die eigenen Fähigkeiten als systemrelevant, nützlich und damit förderungswürdig unter Beweis stellen. Auf diese Weise kann sich die Institution Museum als Einrichtung mit wachsender gesellschaftlicher Relevanz (Nina Simon) und einem wirklichen Mehrwert im Sinne eines Third Place (Ray Oldenburg) positionieren. Um die ethische Deutungshoheit nicht versehentlich aufs Spiel zu setzen, gilt es, bei der Einwerbung von Drittmitteln künftig noch stärker auf deren Herkunft zu achten.[1]
Zu den Herausforderungen eines Museum 4.0 gehört es darüber hinaus, sich den Anforderungen und Folgen der Industrie 4.0 aktiv zu stellen. Denn die Entdinglichung der materiellen Welt wird nicht ohne Rückwirkung auf die Museen bleiben. Es gilt, den digitalen Raum als neuen Working Space der Museen, als Quelle, als Medium als zu szenographierenden eigenständigen Ort museologisch in Besitz zu nehmen.[2] Das technisch Machbare wird dann sinnvoll zu realisieren sein, wenn einerseits der Wertehorizont im Blick behalten wird und andererseits die Qualität der Präsentation (für den künftigen Online-Besucher) überzeugend ist.
Um das gedankliche Experiment noch weiter zu treiben, erscheint es fruchtbringend, den ICOM Code of Ethics for Museums im Sinne eines modernen Audience Development aus der Perspektive der Besucher zu formulieren.[3] Mit Hilfe eines solchen Paradigmenwechsels kann es gelingen, das Museum zukünftig serviceorientiert zu positionieren und langfristig als relevanten Ort gesellschaftlichen Sehens, Lernens, Verstehens und Miteinanders zu positionieren.
Statt Sammeln, Bewahren, Erforschen, Präsentieren und Vermitteln könnte ein besucherzentrierter Museumskanon etwa folgende Ausprägung besitzen: Schauen, Lesen, Staunen, Vergleichen, Verstehen, Lernen, Hinterfragen, Vergnügen, Unterhalten, Verbringen, Verweilen, Vernetzen, Entspannen. Einen wesentlichen Schritt in diese Richtung ging Judy Rand bereits 1996 mit der Entwicklung einer „Visitors' Bill of Rights“.[4]