Transformationale Führung – ein Überblick
Nachdem viele Unternehmen in den letzten Jahren die Modelle der Transaktionalen Führung (vor allem: Situativer Führungsstil) propagiert und ihre Führungskräfte dementsprechend trainiert haben, steht seit einiger Zeit das Konzept der Transformationalen Führung stärker im Vordergrund.
Auslöser dafür waren empirische Untersuchungen über den Einfluss dieses Führungsstils auf den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg. In diesen Studien wurde u.a. aufgezeigt, dass Unternehmen mit transformationalem Führungsmodell häufig höhere Wachstumsraten und Renditen erzielten.
Im Folgenden sollen kurz die Grundzüge des Transformationalen Führungsstils dargestellt werden, um eine Diskussionsgrundlage über dieses Führungsmodell zu erhalten. Sicherlich ist hier noch eine intensivere theoretische Auseinandersetzung mit diesem Führungskonzept sinnvoll und anzuraten.
Wo noch die tradierte Transaktionale Führung den Austausch von Leistung und Gegenleistung beinhaltet (Führungskraft formuliert ein Ziel/eine Erwartung an den Mitarbeitenden, delegiert Verantwortung, kontrolliert die Leistung und „belohnt“ den Mitarbeitenden bei Zielerreichung in materieller oder immaterieller Form), baut die Transformationale Führung zwar darauf auf, geht aber darüber hinaus und versucht, u.a. durch das Ansprechen von Emotionen das Bewusstsein und Verhalten der Mitarbeitenden auf eine “höhere Ebene“ zu bringen. Gleichzeitig sollen Sinn und Bedeutung von gemeinsamen Zielen und Idealen verdeutlicht sowie Mitarbeitende motiviert werden, durch exzellente Leistungen einen noch wertvolleren Beitrag zum Abteilungs- und Unternehmenserfolg zu erbringen.
In Wikipedia findet man folgende Definition: „Transformationale Führung ist ein Führungsstil, bei dem durch das Transformieren von Werten und Einstellungen der Geführten in Richtung langfristiger, übergeordneter Ziele eine Leistungssteigerung stattfinden soll. Transformationale Führungskräfte versuchen, ihre Mitarbeiter intrinsisch zu motivieren, indem sie beispielsweise attraktive Visionen vermitteln, den gemeinsamen Weg zur Zielerreichung kommunizieren, als Vorbild auftreten und die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter unterstützen…“
Von den Führungskräften verlangt die Transformationale Führung somit mehr als die erfolgreiche Anwendung der bisherigen (transaktionalen) Führungstechniken. Jetzt gilt es u.a., den Mitarbeitenden den Sinn ihrer Arbeit zu vermitteln, Kreativität und Ideen zu fördern, Change-Management zu initiieren, Begeisterung und Optimismus zu erzeugen. Für Führungskräfte bedeutet dies nun, im Führungsprozess wesentlich mehr zu leisten, als Ziele zu vereinbaren und den Zielerreichungsprozess zu steuern. Transformationale Führungskräfte müssen nach Bass/Avolio bestimmte Kompetenzen entwickeln, um „überlegende“ Ergebnisse bei den Mitarbeitenden zu erzielen. Dabei sollen in der Führungstätigkeit die Werte und Ziele der Mitarbeitenden in vier Dimensionen angesprochen werden.
Idealized Influence: Aufgrund der persönlichen Ausstrahlung des Vorgesetzten identifiziert sich der Mitarbeitende mit diesem und sieht ihn als Vorbild.
Inspirational Motivation: Ziel ist es hier, die Mitarbeitenden durch anspruchsvolle Zielsetzungen und dazugehörige emotionale Zielbilder zu inspirieren und zu motivieren sowie den Teamgeist zu fördern.
Intellectual Stimulation: In dieser Dimension soll der Mitarbeitende angeregt werden, seine Gewohnheiten und Routineschemata zu überprüfen, Kreativität und Veränderungsbereitschaft zu entwickeln und seine Problemlösungskompetenz zu erhöhen.
Individual Consideration: Mitarbeitende werden individuell geführt und stärkenorientiert entwickelt. Führungskräfte agieren in der Funktion als Coach oder Mentor.
In der Literatur spricht man davon, dass es sich beim Transformationalen Führungsstil um eine Weiterentwicklung der bisherigen tradierten Führungsmodelle handelt. Nicht nur die Anwendung der geeigneten Führungstechnik in der jeweiligen Situation bringe den erwünschten Erfolg, sondern durch die zusätzliche Vorbildfunktion der Führungskraft solle der Mitarbeitende „herausragende“ Ergebnisse erbringen.
Schauen wir erst einmal auf die vier Dimensionen, in denen die Werte und Ziele der Mitarbeitenden angesprochen werden sollen:
Idealized Influence: Ja, es gibt sie – die Vorgesetzten mit der besonderen Ausstrahlung, denen die Mitarbeiter folgen und für diese hart arbeiten. Man nennt diese Vorgesetzten u.a. charismatische Führer, Führungsautorität oder auch „mein Boss“. Gleichzeitig können diese Vorgesetzten auch Vorbild für Mitarbeitenden sein. Das Besondere oder auch das Problem am Konzept der Transformationalen Führung könnte darin liegen, dass Führungskräfte diese Kompetenz entwickeln sollen, auch wenn sie diese Kompetenz in ihrer Persönlichkeitsstruktur nicht oder nur wenig ausgeprägt aufweisen.
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Inspirational Motivation: Was sind hier in diesem Zusammenhang „emotionale Zielbilder“ und wie fördert man dadurch den Teamgeist? Hier vielleicht ein zwar nicht mehr zeitnahes aber recht passendes Beispiel aus der Sportwelt. Als der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund, Jürgen Klopp, einmal nach seinen Saisonzielen gefragt wurde, antwortete er: „Die Erringung des Deutschen Fußballpokals -mit dem dazugehörigen „emotionalen Zielbild“- noch einmal mit der Mannschaft auf dem Lastwagen um den Borsigplatz“ … und sich von den Fans feiern zu lassen.
Der dritte und vierte Punkt (Intellectual Stimulation und Individual Consideration) sind weniger abhängig von der Persönlichkeitsstruktur der Führungskraft und auch im tradierten Führungsauftrag enthalten.
Bisher haben wir das Konzept der Transformationalen Führung beschreibend und relativ kritikfrei dargestellt. Natürlich stellen sich viele Fragen, wie zum Beispiel:
Wie entwickele ich als Führungskraft die gewünschte positive und charismatische Ausstrahlung und wie werde ich zum Vorbild für meine Mitarbeiter?
Mit welchen „emotionalen Zielbildern“ kann ich meine Mitarbeiter „mitreißen“?
Wie kann ich als Führungskraft die geforderten Führungskompetenzen entwickeln?
Bleibe ich authentisch, ohne mit antrainierten Verhaltensmustern zu agieren?
Und noch eine wesentliche Fragestellung: Warum erscheinen die bisher sehr lange praktizierten Führungskonzepte (wie der Situative Führungsstil) nicht mehr als ausreichend? Oder doch?
Denken Sie einmal darüber nach!
Jochen Trockle
TROCKLE Unternehmensberatung