Was tun wir bloß mit den älteren Mitarbeitern in den Unternehmen?

Was tun wir bloß mit den älteren Mitarbeitern in den Unternehmen?

Als ich ein junger Mitarbeiter war, fragte ich mich oft: Wie geht es wohl den Älteren? Da waren die Zynischen, die Resignierten, aber auch die, die offensichtlich Freude bei der Arbeit hatten. Den Ersteren wünschten wir Jungen, wie sie sich wahrscheinlich auch, eine baldige Pensionierung. Die mit der positiven Einstellung liebten wir, weil sie uns ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, Geborgenheit im Unternehmen gaben. Wir arbeiten heute alle länger im Leben als es noch vor ein paar Jahren der Fall war. 58er-Regelungen und andere Möglichkeiten frühzeitigen Ausstiegs aus dem Arbeitsleben wurden abgebaut. Dies geschah im Rahmen der Umgestaltungen der Arbeitsmarktbedingungen für die Arbeitnehmer, die die Arbeitslosigkeit abbauen sollten, aber mittlerweile in einem riesigen Niedriglohnsektor resultieren. Es hat die Situation älterer Menschen im Arbeitsleben nicht einfacher gemacht. Auch die Beschleunigungsprozesse durch die Digitalisierung fordern ältere Menschen ganz besonders. Der Unterschied zwischen den digital Natives und denen, die sich das immer noch mühsam beibringen, fällt stärker auf. Dies alles macht neue Antworten, neue Bewusstheit und neue Gestaltungen notwendig. 

Sabine Schröder-Kunz hat sich dem Thema der verschiedenen Altersgruppen und der älterwerdenden Belegschaften gewidmet. Mit „Generationen (gut) führen: Altersgerechte Arbeitsgestaltung für alle Mitarbeitergenerationen“ hat sie dazu ein Buch vorgelegt. Sie beginnt mit drei zentralen Veränderungsperspektiven in der heutigen Welt: der demographischen, der technisch-wirtschaftlichen und der gesellschaftlichen. Älter werdende Bevölkerungen, Digitalisierung und Individualisierung sind nur einige Stichworte. In der Folge bespricht sie die Konsequenzen dieser Entwicklungen insbesondere für das Führungsverhalten. Sie stellt dazu ein Konzept mit fünf Säulen des gesunden Älterwerdens vor. Die erste ist der Körper und bezieht sich auf Bewegung, Regeneration, Ernährung und Verzicht. Nach dem Körper benennt sie eine weitere Säule als „Kopf“, worunter sie Anregung des Geistes und Stärkung der Psyche fasst. Soziale Kontakte sind als Drittes wichtig. Arbeit und eine Aufgabe zu haben, ergänzt das Profil. Unter „innerer Haltung“ thematisiert als fünfte Säule Emotionen, Werte und den Umgang mit schwierigen Situationen. Das Ganze im Auge zu behalten und umzusetzen, dazu braucht man in Unternehmen und anderen Organisationen alle als Verantwortungsträger. Die Führungskräfte spielen dabei eine ganz wichtige Rolle und Schröder-Kunz gibt Ihnen ein breites Rollenprofil, insbesondere auch als Gesundheitsmanager. Sie beschreibt eine jüngere, eine mittlere und eine ältere Arbeitnehmergruppe, betont aber, dass jeder individuell ist und dies zuallererst zu berücksichtigen ist, ehe man jemanden einer Gruppe zuordnet. Schröder-Kunz greift auf ihre Erfahrung als Dozentin zurück „In meinen Schulungen und Seminaren erlebe ich immer wieder, dass ältere Arbeitnehmer die mit zunehmendem Alter auftretenden Leistungseinschränkungen (z.B. bei der Schnelligkeit der Informationsverarbeitung) durch ihre praktische Intelligenz, ihre Expertise, Ihre Zuverlässigkeit und ihre Arbeitsökonomie kompensieren“ (S.207f.). Aber sie liefert auch eine große Zahl von Forschungsergebnissen in diesem Bereich. Für die gemeinsame Gestaltung durch alle Arbeitnehmergenerationen beschreibt sie sieben Felder von der Arbeitsaufgabe über die Beziehungen bis hin zur Arbeitszeit. Sehr schön ist die „Brücke der Generationen“, in denen sie das beschreibt, was jeweils Jüngere und Ältere tun müssen, „um eine Brücke zu schlagen“ (S. 246). 

Insgesamt ist das Buch in einer logischen Struktur aufgebaut und gut lesbar geschrieben. Immer wieder, fast auf jeder Seite, formuliert die Autorin so genannte „Denkanstöße“, die den Leser zur Reflektion der eigenen Positionen und auch der Unternehmensumwelt einladen. So wird es ein richtiges Arbeitsbuch, das als Grundlage für Unternehmenshandeln liefern kann. Insgesamt liegt damit ein sehr anregendes Buch mit vielen Empfehlungen für Führungskräfte vor. Führungskräfte erhalten einen Kompass für ihr Umgehen mit Mitarbeitern.

Schröder-Kunz, Sabine: „Generationen (gut) führen: Altersgerechte Arbeitsgestaltung für alle Mitarbeitergenerationen“, Heidelberg: Springer, 2019. 

Dazu auch lesenswert: Mohr, Günther: Systemische Wirtschaftsanalyse, Bergisch-Gladbach: Edition Humanistische Psychologie. 


Sabine-Inken Schmidt

Head of HR Partnering EMEA

5 Jahre

Danke für die Rezension !

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