Und immer wieder Paris!

Rituale und Freundschaften bei erwachsenen Third Culture Kids

Als Eltern fragt man sich ja oft, ob dieser Lebensstil mit Zeiten im Ausland für die Kinder gut zu verkraften ist. Klar, sie lernen die Welt kennen, haben Kontakt zu anderen Kulturen, bekommen eine ganz andere Weltsicht und mit etwas Glück auch noch eine oder mehrere Fremdsprachen auf Muttersprachniveau geschenkt. Trotzdem ist das ständige Abschiednehmen und sich Eingewöhnen für viele Kinder und Jugendliche oft mit großen Schwierigkeiten und Erschütterungen der jungen Psyche verbunden.

Daher heute mal ein ganz positiver Bericht darüber, was erwachsene Third Culture Kids außerdem noch geschenkt bekommen .

Im November habe ich meinen Geburtstag mit Freunden in Paris verbracht. Nun hat Paris ja reichlich Wow-Faktor, und Geburtstag feiern lässt es sich dort wirklich prima. 

Aber: Ich treffe mich da jährlich mit alten Klassenkameraden von der Deutschen Schule Paris. Vor vielen, vielen Jahren (Anfang der 80er) gingen wir dort gemeinsam in die sechste und siebte Klasse – die legendäre 7c. Als wir damals nach Deutschland zurückzogen, litt ich (und andere ebenfalls) viele Jahre darunter, was ich dort alles verpasst hatte. Die Roulotte-Klassenfahrt in der Neunten. Wilde Jahre in den letzten Jahrgängen. Und natürlich den ganzen Spaß mit meinen Freundinnen und Freunden.

Über viele Jahre gab es lediglich sporadische Kontakte, bis irgendwann in einer weinseligen Stimmung beim Münchner Weihnachtsmarkt ein paar von uns die glorreiche Idee hatten, dass man sich ja mal in Paris treffen könnte. Über sämtliche verfügbaren Kanäle wurden Kontakte angeschrieben und gesucht. Und in 2015 fand das erste Treffen statt. 13 Leute, die sich teilweise seit mehr als dreißig Jahren nicht gesehen hatten, eine Wohnung mit 14 Betten und eine Flut an Erinnerungen, die in den drei Tagen ausgetauscht, verknüpft und neu erzählt wurden. Es war wie Klassenfahrt, nur ohne Lehrer (und mit französischem Wein).  Natürlich waren nicht alle dabei, manche kamen nur ein Mal, andere stießen erst in den Folgejahren dazu.  Aber eines war von Anfang an ganz besonders: Wir alle haben das Gefühl einer sehr vertrauten Gruppe, auch wenn wir inzwischen ganz unterschiedliche Leben haben und uns nicht oft sehen. Nachdem in den ersten Jahren noch viel über die Schulzeit nostalgiert wurde (Gruß an dieser Stelle an unsere ehemalige Klassenlehrerin Frau Miller, die uns auch einmal getroffen hat!), drehen sich die Gespräche inzwischen mehr ums aktuelle Leben mit all seinen Herausforderungen. Und oh Mann, haben wir immer viel Spaß! Wir besuchen all die Plätze, die uns in Paris schon immer interessiert haben, entdecken jedes Jahr Neues, und nebenbei wird extrem viel gelacht und gefeiert. Kurzum: Ich möchte die jährliche Paris-Fahrt nicht missen und bin sehr froh, dass mir das Aufwachsen als Expat-Kind diese Leute in meinem Leben beschert hat.

Wenn ihr also Kinder habt und einen Wohnort verlassen müsst, dann ermuntert eure Kinder, die Kontakte zu halten. Egal ob über WhatsApp, Facebook oder altmodische Briefe (macht das noch jemand?), es kommt vielleicht der Zeitpunkt, da die dann erwachsenen Kinder die Kontakte nochmal aufleben lassen wollen. Und dann kann das eine echte Bereicherung fürs Leben sein.

Noch mehr Tipps und Tricks fürs Zurückkommen nach Deutschland und die Wiedereingewöhnung findet ihr in meinem Buch „Zuhause, aber trotzdem fremd – Wie deutsche Expats den Rückkehrschock bewältigen“.

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