Unser Kaufhaus auf der Kö!
Die Idee für diese Kolumne kam mir auf dem Weg zur Toilette. Bevor Sie etwas Falsches denken: Der Weg dorthin führte mich durch das Karstadt-Haus in der Kölner City. An einem ganz normalen Wochentag im Februar 2024.
Von den Rolltreppen aus zwischen den Stockwerken sah ich Töpfe, Pfannen, Porzellan, Bestecke und Haushaltsgeräte in großer Auswahl und verkaufsfördernd präsentiert. Schaufensterpuppen, Kleiderständer und Auslagen mit Textilien für Damen und Herren, riesige Verkaufsflächen einnehmend. Nur Kundinnen sah ich kaum, auch wenige Verkäuferinnen. Männer gab es keine.
Einige Tage zuvor hatte die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH ihre nächste, wohl letzte Insolvenz angemeldet. War es das jetzt endgültig mit den einst so stolzen Warenhäusern? Den gläsernen Konsumpalästen im Shoppingherzen der Cities? Ist das Geschäftsmodell „Warenhaus“ am Ende? Nach dem sich die Brüder und Neffen der Familie Tietz aus Birnbaum im damaligen Schlesien und heutigen Polen auf den Weg machten und im vorletzten Jahrhundert die Warenhaus Kultur in Deutschland begründeten?
Auf der vierten Etage angekommen empfing mich das fast menschenleere Restaurant mit dem sperrigen Charme einer Bahnhofsgaststätte. Gebratene Leber mit Püree stand auf der Werbetafel, in Kreide geschrieben. Und zur Rechten passierte ich die unter das Kaufhausdach gezwängte Spielwarenabteilung. Kinder und ihre Eltern waren nicht zu sehen oder zu hören.
Aus dem Fahrstuhl auf dem Rückweg fiel mein Blick in die Sonderfläche für Karnevals- und Partyartikel im Erdgeschoss. Das passt ja! Auch für diesen Sortimentsbereich gibt es mittlerweile filialisierte Fachmärkte mit einer synchronisierten Online-Plattform.
Warenhäuser! Hat ihr Totenglöckchen geschlagen? Alles unter einem Dach. Tausendfach! Aus und vorbei? Aber nein! In meiner Heimatstadt gibt es ein kleines Kaufhaus. Und das funktioniert offensichtlich. Wie kann das sein?
Es wird geführt von einem umtriebigen Unternehmer. Für Hans Dieter Lehnhoff, so heißt der Inhaber des Ring Centers in Dormagen, ist Kundenzufriedenheit der wichtigste Gradmesser seines Warenhauses. Kommt Ihnen bekannt vor? Amazon „spioniert“ das Kaufverhalten seiner Kundschaft, zu Nummern degradiert, konsequent aus und macht sie vollkommen transparent durch milliardenfach erzeugte Algorithmen.
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Der Onlinehandel: Ein wichtiger Grund für das Verschwinden der Warenhäuser in Deutschland. Unternehmerisches Desinteresse an den Kunden und deren Mitarbeiterschaft, vor allem die Inkompetenz und fehlende Innovationen im Warenhaushandel als Geschäftsmodell sind ebenfalls Ursachen für den Niedergang der Kaufhäuser. Beispiele: Thomas Middelhoff hat sich vor allem für den Aktienkurs interessiert, René Benko für die Immobilien!
Hans Dieter Lehnhoff ist auf seine Kunden, auf die Menschen, fixiert. Durch eine klare Struktur und ständige Optimierung der Warenpräsentation und Sortimentsauswahl: Fokus auf Markentextilien und Markenshops, Sportartikel und Schuhe, umrahmt von Randsortimenten mit Haushalts-, Reise- und Büroartikeln sowie Uhren und Schmuck. Wechselnde Saisonwaren, z. B. zu Weihnachten und Karneval, auf einer Sonderfläche in der zweiten Etage.
Er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begrüßen viele ihrer Kundinnen und Kunden persönlich im Geschäft oder erreichen sie durch regelmäßige Mailings, verknüpft mit Werbe- und Rabattaktionen. Der Chef kommuniziert auch direkt mit seiner Kundschaft, wenn er zum Mikrophon greift und Angebotsdurchsagen live in seinem süddeutschen Idiom macht sowie kurzfristige Preisaktionen offeriert.
Das Warenhaus in einer mittelgroßen Stadt wie Dormagen ist auch ein sozialer Treffpunkt, nicht nur im Restaurant Schlemmer Ring mit Kundenevents, die dort regelmäßig stattfinden, sondern auch auf den Verkaufsflächen.
Unser Ring Center liegt an der Kölner Straße, von den Einheimischen verknappt und großspurig Kö genannt, unweit des Marktplatzes vor dem historischen Rathaus. Kein Glaspalast. Nein, ein in die Jahre gekommener Zweckbau. Das Haus versprüht keinen Glamour, sondern einen eher spröden Charme, der sehr gut zur Industriestadt Dormagen in ihrer Sandwichlage zwischen Köln und Düsseldorf passt.