Urteil des BAG zu Equal Pay – Rollt jetzt eine Klagewelle auf Unternehmen zu?

Urteil des BAG zu Equal Pay – Rollt jetzt eine Klagewelle auf Unternehmen zu?

Der sogenannte „Gender Pay Gap“, zu deutsch etwa "geschlechtsspezifische Lohnlücke", gewann in den letzten Jahren als gesellschaftliches und politisches Thema in Deutschland immer weiter an Relevanz, wie Google-Suchstatistiken für die letzten fünf Jahre belegen. Jetzt gab es vor einigen Wochen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das weitreichende Folgen für Unternehmen haben könnte. Welche erfahrt Ihr im folgenden Beitrag:

Was ist der Gender Pay Gap?

Laut statistischem Bundesamt beschreibt der Gender Pay Gap „den Verdienstabstand pro Stunde zwischen Frauen und Männern“. Dabei wird zwischen dem „unbereinigten“ und dem „bereinigten“ Gender Pay Gap unterschieden. Der unbereinigte Gender Pay Gap beschreibt die Differenz zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten von Männern und Frauen und lag 2022 in Deutschland bei ca. 18 Prozent. Hierbei ist zu beachten, dass der unbereinigte Wert keine unterschiedlichen Vergütungen aufgrund von unterschiedlichen Berufen, Branchen, Karrierelevel oder Qualifikationen berücksichtigt. Der bereinigte Gender Pay Gap rechnet diese Faktoren heraus und kommt dabei auf einen Wert von ca. 7 Prozent. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass es sich technisch gesehen nur um einen teilweise bereinigten Wert handelt, denn, wie das Statistische Bundesamt selbst schreibt, stehen „nicht über alle lohnrelevanten Einflussfaktoren Informationen zur Verfügung“. Man müsse den bereinigten Gender Pay Gap daher eher als „Obergrenze“ für Verdienstdiskriminierung betrachten.

In der Vergangenheit wurden diese Verdienstunterschiede mit einer Reihe von Faktoren erklärt. Beispielsweise würden Frauen eher dazu tendieren, in schlechter bezahlten Branchen zu arbeiten, niedrigere Positionen in Unternehmen zu haben, häufiger in Teilzeit zu arbeiten, länger in Elternzeit zu gehen und würden schlechter als Männer verhandeln. Das Bundesarbeitsgericht entschied dazu am 16. Februar 2023, dass das reine Verhandlungsgeschick kein Argument für eine schlechtere Bezahlung von Frauen ist.

Geklagt hatte eine Frau, die bei einer sächsischen Metallfirma einen Job mit 3.500 Euro Gehalt annahm. Kurze Zeit später kam ihr der Verdacht, dass ein Kollege, der kurze Zeit zuvor eingestellt wurde, für den gleichen Job mehr Geld erhält. Sie sah sich aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt und zog durch die Arbeitsgerichtsinstanzen. Der Arbeitgeber argumentierte, dass ihr Kollege im Einstellungsgespräch mehr verlangte, während sie das erste Gehaltsangebot annahm. Das Bundesarbeitsgericht gab dabei der Klägerin Recht und entschied, dass Arbeitgeber Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern nicht mit dem Verhandlungsgeschick begründen dürfen.

Weitreichende und nicht direkt abschätzbare Folgen

Was für viele wie ein längst überfälliges und völlig eindeutiges Urteil wirkt, könnte in der Praxis aber einige nicht intendierte Folgen haben. Da sich das Gericht in seiner Begründung auf eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bezog, dürften aktuell nur Klagen von Frauen Aussicht auf Erfolg haben. Heißt in der Praxis, dass Männer, die die gleiche Tätigkeit wie Frauen und/oder andere Männer ausüben und dafür weniger Geld erhalten, aktuell keine Chance darauf hätten, erfolgreich wegen Geschlechterdiskriminierung zu klagen. Es könnte sich daher also zukünftig für Unternehmen lohnen, rein männliche/weibliche Teams auf der gleichen Position zu beschäftigen, um potenziellen Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts vorzubeugen.

🛡️Michael Stachowski

Security Spezi, Keynotespeaker, Community Lead, Publizist (poste hier privat)

1 Jahr

Oder man zahlt einfach beiden das selbe faire Gehalt und kommuniziert auch mal endlich offen dieses Tabuthema Gehalt. Problem gelöst! :)

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