Vereinen statt vereinzeln

In kurzer Zeit haben sich auch auf dem deutschen Werbemarkt mächtige konsolidierte Strukturen gebildet: das Duopol der TV-Vermarkter, die digitale Duokratie von Google und Facebook, das Oligopol von vier Agenturnetzwerken, die heute über 70 Prozent der Werbegelder in Deutschland verteilen. Und dabei sind wir Verlage aus der Dominanz des letzten Jahrhunderts sukzessive in den Longtail des Werbemarktes abgerutscht – und tragen dort mit Vehemenz die Antagonismen der Vergangenheit aus.

Gebannt in diesen überkommenen Reflexen sehen wir untätig zu, wie links und rechts von uns US-amerikanische Monopolisten diesen etwa 18 Milliarden Euro großen Markt für Werbeflächen auch in Deutschland mit monströsen Schaufelbaggern abgraben. Wir Verlage stellen uns nicht souverän und selbstbewusst auf gegen die, die diesen Markt okkupieren und den Wettbewerb abwürgen, sondern wir kämpfen in einem kleinen Reservat, das uns in diesem Markt noch geblieben ist, gegen unsere eigentlich natürlichen Weggefährten: gegeneinander. Immer noch. Wir streiten nicht im Flottenverband für die Zukunft unserer Industrie, sondern mit immer brutaleren Rabatten um jeden noch so kleinen Etat. Statt uns zu vereinen, lassen wir uns vereinzeln.

Unsere Überzeugung: Der Weg in die Zukunft unserer wunderbaren Branche ist ein Weg der Gemeinsamkeit. Wir Verlage sind der journalistische Teil der Medienindustrie, und als solcher müssen wir zu einer Einheit werden, weil wir eine fundamentale Funktion in der pluralistischen Demokratie Deutschlands erfüllen. Wir stehen für die Zuverlässigkeit der Nachrichten und für die Freiheit der Meinungen. Wir stehen für journalistische Qualität in der Information und Unterhaltung der Menschen in Deutschland.

2018 ist ein wichtiges, ein episches Jahr: entweder, wir verändern das Gesicht unserer Branche, oder das Gesicht unserer Branche wird verändert – leider ohne uns.

Hinweis: Dieser Artikel erscheint anlässlich des Kaminabends des Verbands der Zeitschriftenverlage in Bayern (VZB) zum Thema "Chancen von Vermarktungsallianzen", der am Dienstag, dem 06. Februar 2018 in der Burda Bar in München stattgefunden hat.


Heinz Buchmann

Managing Partner BRANDS & BEAUTY GmbH

6 Jahre

Reden Sie doch mal mit Google direkt H. Buchmann

Michael Geffken

Autor, Coach, Moderator

6 Jahre

Der Text ist keine Analyse, sondern eine Situationsbeschreibung. Eine Analyse würde die Ursachen der Situation untersuchen und realistische Optionen skizzieren - nicht kartellrechtlich bedenkliche Phantasmen. Und sie würde auf wehleidige Untertöne und die leidige Wir-müssen-Rhethorik verzichten.

Harald Müsse

geschäftsführender Inhaber bei Müsse Media

6 Jahre

Die Analyse ist total richtig. Die Konsequenz der zentralen Vermarktung leider so nicht! Vieles könnte gemeinsam gemacht werden. Nur die Vermarktung nicht.

Dr. Ralph Wiechers

Global EVP, HR | DHL Group | Digital Transformation, Technology & Operations for HR | Global Workforce Solutions for 600,000 Employees

6 Jahre

Wäre eine Konsolidierung z.B. der Vermarktungsfunktion kartellrechtlich überhaupt möglich?

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