Verzockt
Wenn sich Vorstände irren, muss die Belegschaft bluten – diese Erkenntnis möchte ich Ihnen heute (und im Vorgriff auf die in Kürze erscheinende Februar-Ausgabe des Fachmagazins Pharma+Food) als Erweiterung der alten Börsenweisheit verkaufen, wonach Unternehmen, die übernommen werden, ihre Übernahme selbst finanzieren. Letzteres geschieht in der Regel über Sparmaßnahmen, höhere Gewinnmargen und letztlich wiederum auf Kosten der Belegschaften. Und bevor Sie mich jetzt als sozialistischen Sprücheklopfer beschimpfen, lesen Sie bitte auch noch meine Begründung.
Im Dezember 2017 wurde bekannt, dass der israelische Pharmakonzern Teva in den kommenden zwei Jahren 14.000 von insgesamt 53.000 Stellen streichen will. Die Meldung schickte Schockwellen durch die erfolgsverwöhnte Pharmabranche – und die Beschäftigten der Ratiopharm-Muttergesellschaft auf die Straße: Wie konnte es sein, dass das Unternehmen, das in den vergangenen Jahren Milliardenbeträge in die Übernahme von Generika-Herstellern gesteckt hat (2010: Ratiopharm für 3,6 Mrd. USD; 2015: Allergan Generika-Sparte für 40,5 Mrd. USD; 2016: Actavis Generika-Sparte für 40 Mrd. USD), plötzlich zu solch rabiaten Maßnahmen greifen muss? Die Antwort hat nur zwei Silben: Verzockt. Teva eroberte sich mit der letzten dieser Aktionen zwar den ersten Platz im Generikamarkt, doch der Zeitpunkt war schlecht gewählt und der Preis offenbar viel zu hoch. Die Übernahme berücksichtigte nicht den dramatischen Preisverfall im US-Markt für Generika. Welchen Gesetzmäßigkeiten der Markt für patentfreie Arzneimittel folgt, haben wir in einem eigenen Beitrag in Pharma+Food für Sie analysiert.
Zu den Besonderheiten der Generika-Hersteller gehört nicht nur ein insgesamt starkes Marktwachstum, sondern auch ein beispielloser Konsolidierungsprozess. Diese und weitere Fakten zur Branche haben wir bewusst an den Anfang des Kalenderjahres gestellt, um Ihnen mit der ersten Ausgabe unseres Fachmagazins Pharma+Food wieder ein solides Informationsfundament zu liefern. Darin unter anderem eine Analyse zum aktuellen Geschehen im Generika-Markt. In der Hoffnung, dass Vorgänge wie der bei Teva zum Nachdenken anregen mögen. Zyniker, von denen es in der Börsenszene offenbar überproportional viele gibt, meinen zum missglückten Teva-Actavis-Deal: Das Geld ist nicht weg, das haben nur andere.