vom digitalisierten Unternehmen zum Industrie 4.0 Unternehmen

Cyperphysische Produktionssysteme, dezentrale Intelligenz, selbststeuernde Prozesse, Verbindung zwischen virtueller und realer Fertigungswelt – Schlagworte, die wir täglich den Medien entnehmen. Viele (produzierende) Unternehmen verbinden daher Industrie 4.0 mehr mit Herausforderungen während die sich ergebenden Chancen in den Hintergrund rücken. Und tatsächlich verbirgt sich hinter dem Begriff Industrie 4.0 eine technische Revolution, die die gesamte Wertschöpfungskette umkrempeln wird.

Doch wie transformieren sich produzierende Unternehmen hin zum Industrie 4.0 Unternehmen?

Oft wird die Digitalisierung der Unternehmensprozesse mit Industrie 4.0 gleichgesetzt – doch die Digitalisierung und mit ihr einhergehend die Konnektivität im Unternehmen sind lediglich der Ausgangspunkt für eine Industrie 4.0 Transformation! Das Aachener Denkmodel zeigt vier Schritte auf um vom digitalisierten Unternehmen zum Industrie 4.0 Unternehmen zu transferieren:

1. Etablierung eines digitalen Schattens

Zentraler Bestandteil zur Erreichung der Industrie 4.0 Fähigkeit ist die Erfassung aller in der Produktion anfallenden Daten. Diese Daten bilden das Fundament für Analysen über vergangene Ereignisse und ermöglichen Prognosen über die Zukunft. Ziel muss sein, Informationen über alle relevanten Informationen des Geschäftsprozesses zu erhalten. Die Sichtbarmachung dieser Informationen kann durch den Aufbau eines digitalen Schattens erreicht werden. Zur Erreichung des nächsten Etappenziels, Transparenz, ist eine unternehmensweite Datenerfassung über alle Management-, Geschäfts- und Unterstützungsprozesse erforderlich, um ein genaues Abbild des Unternehmens beschreiben zu können.

2. Transparenz

Ziel der Transparenz, also die Erkenntnis über bestehende Wirkungszusammenhänge, ist es durch Analyse des digitalen Schattens im produzierenden Unternehmen konkrete Rückschlüsse über die tatsächlich ablaufenden Vorgänge mit hoher zeitlicher und inhaltlicher Sichtbarkeit zu gewinnen.

In dieser Phase des Transformationsprozesses stellt sich das Unternehmen die Frage: Warum passiert es? Sobald diese Frage durch Analyse der Daten (des digitalen Schattens) hinreichend beantwortet werden kann, hat das Unternehmen Transparenz erreicht. So gibt die Analyse z.B. von verschiedenen Produktionsparametern eine Korrelation zu bestimmten Qualitätsmängeln. Ziel von Transparenz ist es, Mitarbeiter reaktionsfähiger zu machen und ihre Entscheidungen durch situationsbedingte Informationen zu unterstützen. Dabei ist die Qualität der Informationen von entscheidender Bedeutung. Expertenwissen (interne und externe Experten) über den richtigen Kontext von Informationen ist für die Entscheidungen unerlässlich. Im Verlauf von Datenauswertungen werden auch unbekannte Wirkungszusammenhänge offenbar. Daher müssen diese Auswertungsmodelle kontinuierlich verbessert werden. Dies ist auch notwendig, um den sich ändernden Umfeldbedingungen des Unternehmens gerecht zu werden.

3. Prognosefähigkeit

Die Prognosefähigkeit soll sicherstellen, dass das Unternehmen auf die Frage „was wird passieren“ entsprechend vorbereitet ist und mit den resultierenden Auswirkungen umgehen kann. Dazu werden mögliche Zustände und Ereignisse in die Zukunft projiziert und deren Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet. Die so gewonnene Reduktion von unerwarteten Ereignissen (Störungen, Planabweichungen) ermöglicht einen robusten Betriebsablauf. Predictive Maintenance ist ein etabliertes Beispiel in produzierenden Unternehmen für eine Prognosefähigkeit. Laufende Analysen und Sichtbarmachung von Wirkungszusammenhängen werden hier genutzt, um Aussagen über das zukünftige Ausfallverhalten von Bauteilen oder Maschinen zu treffen. Dieses Wissen erlaubt es, individuelle Wartungspläne für den Maschinenpark zu erstellen um Wartungen in günstige Produktionsphasen zu verschieben. Eine Prognosefähigkeit erlaubt auch eine Verbesserung der Geschäftsprozesse und somit eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit.

4. Selbstoptimierung

Durch Erkennung der Wirkungszusammenhänge und draus ableitenden Prognosefähigkeit ergibt sich die Möglichkeit, eine Selbstoptimierung der System durch kontinuierliche Adaptierung anzustreben. Hier stellt sich das Unternehmen die Frage „Wie kann autonom geregelt und agiert werden?“ Ein solches System ist nunmehr in der Lage, sich autonom und in Echtzeit entsprechend den Analyseergebnissen selbständig neu auszurichten. Der Grad dabei ist sicherlich eine Frage des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Ziel von autonomen Systemen ist die wirtschaftliche Darstellung der Losgröße 1.

Welche der vier aufgezeigten Phasen in welcher Intensität umgesetzt wird hängt stark vom Nutzen des produzierenden Unternehmens ab. Der hier dargestellte Aachener Denkrahmen soll als Leitlinie dienen, Unternehmen ihre eigene Industrie 4.0 Zielsetzung festzulegen.

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Weitere Artikel von Hannes Krösbacher

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen