Vom Ich zum Wir: Wie steht das Team zur Vier-Tage-Woche?
Privates Bild: Irgendein verheißungsvolles Naturfoto, da kein passendes Bild zur Hand, in der Bahn unterwegs und am Rande des Irrsinns nach netzbedingt verunmöglichter Bildersuche..

Vom Ich zum Wir: Wie steht das Team zur Vier-Tage-Woche?

Episode 4: Für und Wider. Wie wir die Vier-Tage-Woche im Team diskutieren und mit dem Spannungsfeld aus Euphorie und Motivation versus Zweifel und Ängste umgehen. Und: Wie ich meine Perspektive vom Ich-zentrierten „Glaube ich, dass das geht?“ zum „Was bedeutet das für uns als Team?“ erweitern darf.

Getroffene Entscheidungen seit der letzten Episode: Falls es zu einer Testphase kommt, so nur für eine unserer beiden Firmen. Für PANDA | The Women Leadership Network denkbar. Für Employers for Equality (noch) nicht. (Zur Situationen beider Firmen siehe Episode 3). Da die Unterschiede zwischen beiden Firmen auf der Hand liegen, ist diese Entscheidung für alle nachvollziehbar und birgt keinen weiteren Diskussionsbedarf. Der Ansatz ist: Wir probieren das jetzt mal aus und wenn’s toll wird, steht dem Ganzen irgendwann auch für das zweite Team nichts im Wege.

Erste Schritte – Denkanstoß, Recherche, Diskutieren, weiteres Nachdenken und Abwägen – sind getan und die Idee hat bis hierher überlebt. 🌱 Sie erscheint verheißungsvoll: Wie toll wäre das eigentlich, wenn wir alle mehr Zeit für uns, unsere Familien und Freundschaften, für persönliche Interessen, Alltagskram und Regeneration hätten, ohne dass sich das irgendwie nachteilig auf die Firma auswirken würde? Ok, da klingt es dann doch gleich wieder utopisch. Sind wir im Begriff, am Ast zu sägen, auf dem wir alle hocken? Trotzdem. Zeit, allen im Team vorzustellen, wie das genau aussehen könnte.

Wir befinden uns im Oktober 2022. Das Thema „Projekt Arbeitszeitreduzierung“ wird Agendapunkt bei unseren virtuellen Teamtagen Mitte November – eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen wir im gesamten Team zusammenkommen. Zuvor allerdings sind noch jede Menge Hausaufgaben zu erledigen, um überhaupt zielgerichtet darüber sprechen zu können. Es gilt, einen klaren Plan vorzustellen und Fragen bereits im Vorfeld einzusammeln, um dann gemeinsam darauf eingehen zu können. Was dem Termin also vorausgeht:

  1. Einige weitere Abstimmungsschleifen im zweiköpfigen Projektteam und mit mir als CEO.
  2. Überarbeitung der bisherigen Projektplanung, um sie dem Team so konkret und verständlich wie möglich vorstellen zu können.
  3. Eine (schriftliche) Umfrage im gesamten Team, z.B. zum präferierten Modell (vier oder fünf Tage Arbeit pro Woche), den damit verbundenen Hoffnungen und Bedenken.

Lektion des Tages: Nicht alle sind spontan begeistert.

Irgendwie hatte ich seitens des Teams Zustimmung, wenn nicht gar Begeisterung vorausgesetzt. Ich meine: Einen Tag weniger arbeiten und dabei dasselbe verdienen? Come on! 🤓 Dem war aber nicht so. Meine Kollegin Hannah Harding , die nicht nur aktuell ihre Masterarbeit zu dem Thema schreibt, sondern bei uns auch projektseitig den Hut dafür aufhat, sagt dazu:

"Bei den Rückfragen im Team merkte ich schnell die Begeisterung für das Projekt, aber auch die Skepsis und Ängste, die mit einer solchen großen Veränderung einhergehen. Es war extrem wichtig, diese Ängste und Fragen ernst zu nehmen und die Komplexität des Projektes mit klaren Strukturen und Regelungen transparent zu machen."

Einige Antworten auf die Frage „Hast Du Bedenken? Wenn ja, welche?“

  • Per se finde ich die Idee super, aber bei meinem aktuellen Workload sehe ich das noch nicht.
  • Können wir Vollzeitgehälter bei verkürzter Zeit garantieren?
  • Wie werden unsere Unternehmenspartner reagieren? Wie können wir unseren guten Service halten und sicherstellen, dass es keine Leistungseinbußen gibt?
  • Was passiert mit anfallenden Überstunden, v.a. im Rahmen von Events? Wie können wir hier eine faire Regelung für alle finden und dass nicht nur das Event-Team Überstunden machen müsste?
  • Können wir mit einer 4-Tage-Woche Weiterbildungen gewährleisten oder müssen die in die Freizeit wandern?
  • Was bedeutet das für unsere wirtschaftliche Stabilität?

… und auf die Frage: „Wie würdest Du die gewonnene Zeit nutzen?“

  • Orga-Kram in Ruhe erledigen, damit man so was nicht alles an einem Samstag oder Sonntag machen muss.
  • Gesellschaftliches Engagement, Hobbies & Zeit für mich und andere Menschen
  • Me-Time (Sport, Weiterbildung), Family-Time (Reisen, etc.)
  • zum Runterkommen und Regeneration von der Arbeit, Sport, Ausflüge

Was ich lerne: Über diese Idee nachzudenken, ist nicht nur für mich als „Unternehmensinhaberin“ herausfordernd.

Es produziert nicht nur bei mir Verunsicherung, sondern auch bei vielen anderen. Das zeigt mir (deutlicher als bisher), dass die „Unternehmensperspektive“ sehr wohl von vielen im Team eingenommen und mitgedacht wird. Dass ich mit meinen Ängsten, wir könnten uns als Firma überfordern, nicht alleine bin. Bei allem Zusammenhalt in unserem großartigen Team fühle ich mich mit der wirtschaftlichen Verantwortung doch oft allein. Ich merke, dass die letzten Pandemie-Jahre mit all ihren Herausforderungen ihren Tribut gefordert haben. Ich bin dünnhäutig. (Und das, obwohl die Pandemie nicht mal negative Auswirkungen auf uns hatte. Trotzdem war es ein sehr wilder Ritt – siehe Episode 1.)

Diese Erkenntnis berührt mich sehr. Ich spüre Rückhalt und Verständnis und fühle mich vom Team getragen (imagine a stage-diving scene with me as sweaty rockstar 👨🏼🎤)

Dafür, dass wir in dieser Art und Weise – konstruktiv, wertschätzend, füreinander sorgend – über eine solch große Veränderung reden können, bin ich dankbar. ❤️

Lucy Jo Fitz

life long learning & equity in working environment

1 Jahr

Danke für die persönlichen Einblicke liebe Isabelle Hoyer!

Vanessa Werner

IT Führungskraft | Mentorin für Body & Mind | Personal Coaching für Business Frauen

1 Jahr

Isabelle, es ist sehr spannend die unterschiedlichen Gedanken zu lesen. Vielen Dank dafür! Für mich war dein Beitrag ein wichtiger Reminder, dass es sich auch bei etwas (vermeintlich) Gutem um eine Veränderung handelt. Und hier Kommunikation im Vorfeld super wichtig ist.

Dirk Schmetzer

Senior Manager bei hurra.com™ | New Business Development

1 Jahr

Ich finde es toll zu sehen, wie dein Unternehmen diese Praxis implementiert und die positiven Auswirkungen darauf erlebt hat. Wie genau habt ihr die Vier-Tage-Woche umgesetzt und welche Schritte habt ihr unternommen, um sicherzustellen, dass die Produktivität und die Qualität der Arbeit nicht beeinträchtigt werden?

Elke Sander

Co-Kreatorin: Zukunft gemeinsam gestalten | Innovatorin & Change-Executive | Investorin | Unternehmensstrategie | New Leadership | Diversity, Equity & Inclusion | Kommunikationsexpertin | Moderatorin & Podcasterin

1 Jahr

Liebe Isabelle Hoyer, sehr spannendes Projekt. Danke dass du eure Erfahrungen mit uns teilst!! 🙏 Ich kann aus der Erfahrung mit meinen Teams sagen: Neue Ideen, auch schwierige Einschnitte & Entscheidungen transparent im großen Kreis zu brainstormen, besprechen und so gut wie möglich gemeinsam zu entscheiden, hat uns für jeden weiteren Weg noch enger zusammen geschweißt. 🙌 Besonderes Learning für mich: Auch meine Unsicherheiten, wackeligen Momente, ja ab & an Ängste offen zu teilen war wichtig: Es kamen MitarbeiterInnen zu mir und haben sich dafür bedankt, denn plötzlich fühlten sie sich mit ihren Unsicherheiten nicht mehr allein, merkten, dass all das okay ist und auch auf wackeligen Beinen erste Schritte möglich sind! UND auch für mich war es eine große Entlastung nicht immer die starke Chefin sein zu müssen: Authentizität ist hier auch mal wieder King! 😊

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