Von Mythen und Missverständnissen
Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Die Folgen von Corona, die Digitalisierung, demografische Veränderungen und neue Technologien erfordern neue Wege für die Gestaltung von Arbeit und Zusammenarbeit. Meine wesentliche Erkenntnis aus vielen Beratungs- und Umsetzungsprojekten: ‚New Work‘ ist weder eine methodische und schon gar keine technologische Herausforderung. Es bedeutet in erster Linie: kultureller Wandel. Das bedeutet jedoch nicht, dass die vielen anderen Facetten nicht auch adäquat adressiert werden müssten.
In diesem und in den kommenden Artikeln des Newsletters werde ich häufige Denkfehler und Stolperfallen bei der Entwicklung eines Digital Workplace und dessen Nutzung im Kontext von New Work vorstellen. Die Aspekte haben nicht den Anspruch vollständig zu sein, stellen aber einen repräsentativen Querschnitt aus unserer Projektpraxis bei der plenum AG dar.
New Work braucht einen Digital Workplace – und umgekehrt
Die bisherige Arbeitswelt war geprägt von eher starren Organisationsstrukturen und Ortsabhängigkeiten. Es gab Filialen, Standorte, Geschäftsstellen und natürlich ‚die Zentrale‘. Diese Situation hat sich mittlerweile geändert. Viele Leistungen können überall erbracht werden. Dafür sind aber neue Ansätze zu finden und – ganz wichtig – sensibel in die gewachsenen Strukturen zu integrieren. Freiräume zur Selbststeuerung von Teams und ‚sinnstiftende Arbeit‘ zu schaffen ist gut und richtig, aber eben nicht alles. New Work benötigt auch einen technischen Unterbau, der die virtuelle Vernetzung der Beteiligten ermöglicht und die damit einhergehenden digitalen Werkzeuge und Plattformen, einen ‚Digital Workplace‘. Erst wenn eine solche Arbeitsumgebung existiert, können neue Formen der Zusammenarbeit ihr ganzes Potenzial entfalten.
So etwas aufzubauen, kostet bekanntlich Zeit, Geld und vor allem Geduld. Aber lohnt sich der Aufwand wirklich? Meiner Erfahrung nach schon. Neues, digitales Arbeiten kann nicht nur deutlich flexibler und effizienter sein, es steigert auch die Attraktivität als Arbeitgeber - was in der heutigen Zeit ja nicht ganz unwichtig ist. Es leistet einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Unternehmensstrategie und legt damit den Grundstein für ein wertorientiertes, lebendiges Arbeitsumfeld. Nun die Krux: Die Menschen müssen aber schon mitmachen wollen und können.
Digital Mindsets entstehen nicht von allein
In den Medien liest man die üblichen Schlagworte immer wieder: New Work fördert Flexibilität, Kollaboration und Kundenorientierung und ermöglicht Unternehmen, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren. Ja, das kann tatsächlich passieren. Es reicht aber nicht aus, nur agile Tools und Methoden bereitzustellen und zu schulen, um flexibel und wo möglich innovativ zu sein. Mit New Work ist ein Umdenken in der Organisation notwendig. Und dies wird nur durch die Änderung der Einstellung von Mitarbeitenden und vor allem von Führungskräften erreicht.
Hierfür sind alteingesessene Organisationsstrukturen und Managementmuster abzulösen. Es geht letztlich nicht weniger um die Änderung von Verhaltensweisen. Erst die Gestaltung einer wertschätzenden Kommunikationsstruktur und Vertrauenskultur sowie die Förderung der Selbststeuerung des Einzelnen ermöglichen eine erfolgreiche Umsetzung von New Work. Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden haben wieder in den Fokus der Unternehmen zu rücken. Aus Management muss Leadership werden. Sowas dauert eben.
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Schein und Sein der Transformation
Viele Unternehmen sind der Meinung, dass sie mit ihren ‚digitalen Arbeitsplätzen‘ auch bereits neue Formen der Zusammenarbeit etabliert haben. Das ist in der Regel ein Trugschluss. Nur weil ich jemanden ein neues Werkzeug an die Hand gebe und dessen Bedienung erkläre, heißt das noch lange nicht, dass dieses Werkzeug auch wie eigentlich vorgesehen genutzt wird. Meine Erfahrung zeigt immer wieder: Viele nutzen neue Werkzeuge nahezu in der gleichen Art, wie sie schon immer gearbeitet haben. Der mit dem Werkzeug einhergehende erhoffte Effekt stellt sich dann nicht ein und als schuldig dafür wird allzu schnell das Werkzeug selbst benannt. Dabei hat man lediglich unterschätzt, intensiv das Warum zum Werkzeug zu vermitteln und sich nur auf das Wie konzentriert.
Solche Missverständnisse finden sich in allen Unternehmensgrößen und Branchen. Unternehmen stellen sich nach außen gerne digital transformiert dar, bewegen sich in der Regel aber nur an der Oberfläche. Wehe, man schaut hinter die Kulissen von typischen Aussagen wie „Klar sind wir agil!“ oder „Alle machen begeistert mit!“ Meist folgt dann schnell die Ernüchterung und argumentatives Zurückrudern. Dabei sind doch gerade Transparenz und Ehrlichkeit sowie die Offenheit, neue Wege auszuprobieren, ganz wesentliche Elemente einer erfolgreichen Transformation - auch wenn sie vielleicht dann doch nicht sofort zum gewünschten Effekt führen.
Ein kleiner Ausblick
In den nachfolgenden Artikeln dieses Newsletters werde ich einige immer wieder vorkommende Missverständnisse bei der Umsetzung von Digital Workplaces und New Work vorstellen. Es geht mir dabei um Realitätschecks, also wie sich Unternehmen nach außen geben und was meiner Erfahrung nach häufig dahintersteckt. Sollte das für Sie von Interesse sein, abonnieren Sie doch einfach diesen Newsletter, folgen Sie mir oder teilen diesen Artikel gerne mit Ihrem Netzwerk.
Und wenn es aus Ihrer Sicht bestimmte Herausforderungen gibt, auf die ich in der Reihe eingehen sollte: Nur zu, lassen Sie sie mich wissen. Ich versuche sie dann in die Artikel einzubauen.
Titelbild von Eloise Ambursley auf Unsplash