Von zusammen arbeiten zu zusammenarbeiten – und darüber hinaus
In toxischen Unternehmenskulturen herrscht ein Hauen und Stechen. Wenn es hoch kommt, arbeiten Mitarbeiter in Teams nebeneinander, jeder für sich. In Situationen, in denen man die Kompetenz oder die Kapazität des anderen braucht, arbeitet man auch zusammen. Echte Zusammenarbeit ist aber etwas anderes.
Wer synergistisches Arbeiten in einem Team erlebt hat, möchte immer wieder dorthin. Die Arbeit macht nicht nur Spaß, sie ist erfüllend. Neue Ideen entstehen scheinbar ohne Aufwand, und die Ergebnisse übertreffen alle Erwartungen. Das Vertrauen innerhalb des Teams ist hoch, und jeder fühlt sich sicher und kann auch Schwächen zeigen. Jeder ist für jeden da. Gegenseitige Wertschätzung wird offen gezeigt, Konkurrenzkampf gibt es keinen.
Das Ziel ist allen klar, und jeder steht hinter dem Ziel. Alle sind stolz, Teil des Teams zu sein, und begeistert von der Aufgabe. Die Einsatzbereitschaft ist weit überdurchschnittlich, ebenso wie das Energieniveau im Team. Außenstehende, die zum Team dazustoßen, meinen, die Luft brennt, und sie werden vom Enthusiasmus angesteckt.
Was ich beschreibe, ist keine Utopie. In meinen Interviews mit Brandfisher, adesso und prizeotel habe ich gespürt: Hier habe ich es mit solchen Teams zu tun.
Nicht jedes Team ist auf dieser Stufe. Legen wir einmal die Maslowsche Bedürfnispyramide neben das Stufenmodell vom gegeneinander arbeitenden Team zum synergistisch arbeitenden Team. Dann befinden sich die Teams in den ersten drei Stufen („abstoßende Teams“) im Überlebensmodus. Es geht um die elementaren Grundbedürfnisse nach Sicherheit, darum, nicht unterzugehen. Jeder sieht zu, dass er seine „Schäfchen ins Trockene bringt“ – das Teamergebnis ist unerheblich. Um aus dem Konfliktmodus herauszukommen, braucht es in vielen Fällen externe Hilfe, z.B. durch einen Mediator oder Prozessmoderator.
„Nebeneinander Arbeiten“ ist der Wettbewerbsmodus. Wir kämpfen nicht offen gegeneinander, sehen den Kollegen aber als Konkurrenten. Auf dieser Stufe geht es in erster Linie darum, Vertrauen aufzubauen. Der Führungskraft fällt hier eine Schlüsselrolle zu, indem sie aktiv zuhört und sich bemüht, jeden Einzelnen zu verstehen. Sie versucht außerdem, jedem auch das Gefühl von Sicherheit zu geben. Auch eine Klärung von Rollen und Verantwortlichkeiten hilft an dieser Stelle. Es gilt, sicherzustellen, dass jeder die Teamziele versteht und seinen Beitrag dazu kennt. Beides schafft Transparenz und Klarheit und damit Vertrauen. Wir fangen an, zusammen zu arbeiten. Das Team funktioniert – vorher war es dysfunktional.
Der entscheidende Schritt für Teams ist es, von „zusammen arbeiten“ und damit von funktionieren zu „zusammenarbeiten“ zu kommen und damit in den magnetischen Bereich zu gelangen. Wir bewegen uns von Kooperation zu Kollaboration.
Kooperation heißt: wir tauschen Informationen aus und unterstützen uns gegenseitig dabei, die jeweils individuellen Ziele zu erreichen.
Kollaboration bedeutet: wir arbeiten zusammen an einem gemeinsamen Ziel. Nur wenn Teams wirklich kollaborieren, zusammen an einem gemeinsamen Ziel oder einer gemeinsamen Vision oder „Sache“ arbeiten, können sie wirklich innovativ sein.
Der Unterschied liegt einerseits in der gemeinsamen Zielsetzung vs. individueller Ziele und andererseits in der Qualität der Beziehungen der Teammitglieder zueinander. Wenn wir zusammen arbeiten, ist eine persönliche Beziehung optional. Wenn wir zusammenarbeiten, ist eine persönliche Beziehung notwendig. Ich fühle mich zugehörig, und bekomme Wertschätzung durch Feedback.
Miteinander arbeiten heißt: integriert arbeiten. Der Haupttreiber ist Vertrauen, das auf dieser Stufe bereits sehr hoch ist. Die Führungskraft kann sich weitgehend zurückziehen, das Team ist autonom und kann selbstgesteuert arbeiten. Zur Wertschätzung und Zugehörigkeit kommt die Autonomie hinzu.
Synergistisches Arbeiten unterscheidet sich von miteinander – oder integriert – arbeiten primär im Output, der nochmals um ein Vielfaches höher ist. Der Grad der individuellen und kollektiven Erfüllung ist noch größer, das Vertrauen ebenso. Ein Team, das diesen Schritt gehen will, arbeitet an der Qualität der Beziehungen zueinander. Wir streben danach, einander zu helfen und unser jeweiliges Potenzial und damit das Potenzial der Mannschaft zu entfalten. Wir arbeiten an einem gemeinsamen Ziel, das weit größer ist, als es individuelle Ziele und Visionen sein können.
(Auszug aus „Magnetische Unternehmenskultur“ – Seite 65-67)
Herzlichen Gruß
Christian Conrad