Wann ist eine Vermögensverwaltung individuell?
Noch immer verkünden Branchenteilnehmer und Unternehmensberater, dass eine individuelle Vermögensverwaltung erst ab einer Million Euro möglich ist. Darunter wären ab 250.000 Euro eine standardisierte und ab 10.000 Euro eine digitale Vermögensverwaltung möglich. Die Realität ist längst eine andere. Und insbesondere die Banken, die ihre strategische Wettbewerbsposition überdenken, sollten das zur Kenntnis nehmen.
Individualität
Dabei lautet die Anfangsfrage: Wann ist eine Vermögensverwaltung individuell? Die klassische Sichtweise ist folgende: Eine Vermögensverwaltung ist individuell, wenn der Mandant eine Anlagestrategie hat, die für keinen anderen Mandanten eingesetzt wird. Wird eine Anlagestrategie für zwei oder mehr Mandanten eingesetzt, ist sie nicht individuell.
Hierbei orientiert sich die Individualität der Vermögensverwaltung an der Einzigartigkeit der Positionen im Depot des Mandanten. Diese Definition von Individualität der Vermögensverwaltung ist technisch einwandfrei. Gleichzeitig ist sie mittlerweile aber größtenteils irrelevant. Denn es gibt eine Form von Individualität in der Vermögensverwaltung, die sehr viel relevanter ist.
Passung
Diese zweite Definition von Individualität besagt, dass eine Vermögensverwaltung individuell ist, wenn die Anlagestrategie für den Mandanten individuell passend ist. Hierbei ist es unerheblich, ob die passende Anlagestrategie noch für weitere Mandanten eingesetzt wird. Stärker noch - in der Regel ist es sogar ein Vorteil, wenn eine Strategie für mehrere Mandanten eingesetzt wird.
Aktualisierung
Egal welche Definition von Individualität angewandt wird, selbstverständlich muss regelmäßig überprüft werden, ob die eingesetzte Anlagestrategie für den Mandanten noch passend ist. Sollte das nicht mehr gegeben sein, braucht der Mandant eine neue, passende Anlagestrategie. Auch hier ist es für die Qualität der Passung unerheblich, ob die neue Anlagestrategie auch für andere Mandanten eingesetzt wird.
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Implementierung
Die klassische Implementierung von individueller Vermögensverwaltung setzt eine unlimitierte Anzahl von Einzelstrategien - Strategien, die per Definition nur von einem Mandanten eingesetzt werden - voraus. Diese Implementierung ist kaum skalierbar und dadurch weniger wettbewerbsfähig. Zudem kreiert diese Definition der individuellen Vermögensverwaltung ab einer Million Euro ein grundsätzliches Problem. Nach der regulatorischen Anforderung der Geeignetheit einer Vermögensverwaltung muss jede Vermögensverwaltung - egal wie groß oder klein die Anlagesumme ist - für den Mandanten geeignet sein. Die Definition von Geeignetheit zielt auf die Passung in Bezug auf die individuellen Anlageziele des Mandanten ab. Wenn Vermögensverwaltungen unterhalb einer Million nicht individuell sein sollten, wie können sie dann für den Mandanten geeignet - individuell passend - sein?
Eine andere Implementierung erlaubt eine höhere Skalierung und damit eine höhere Wettbewerbsfähigkeit. Diese Implementierung verfügt über eine große Anzahl an Anlagestrategien in ausreichender Differenzierung nach Logiken - wie zum Beispiel Indexstrategien, Wachstumsstrategien, alternative Strategien und Nachhaltigkeitsstrategien - und Risiko-Rendite-Niveaus - von konservativ bis dynamisch.
Praxis
In der Deutschen Wertpapiertreuhand haben wir sämtliche Implementierungen umgesetzt. Wir haben mehr als 80 Kernstrategien, die sich nach Investmentlogik unter Risiko-Rendite-Niveau unterscheiden. Für einen Mandanten können mehrere Kernstrategien beliebig miteinander kombiniert werden. Zusätzlich können Teams weitere Boutique-Strategien als Gruppenstrategien implementieren. Wenn weder Kernstrategien noch Gruppenstrategien passend sein sollten, können Berater eine unlimitierte Anzahl von Individualstrategien implementieren. Die Erfahrung lehrt, dass der Großteil der Bedarfssituationen mit Kern- und Gruppenstrategien perfekt passend bedient werden kann.
Konkurrenz
Zusätzlich stellen wir über unseren strukturierten Mandatierungsprozess sicher, dass eine Anlagestrategie für den Mandanten passend ist. Folglich ist jede Vermögensverwaltung unseres Hauses individuell passend und damit individuell. Häuser, die es nicht schaffen, unterhalb von einer Million Euro individuelle Vermögensverwaltungen darzustellen, sollten diese Kundengruppen aufgeben. Denn mit dem Aufstieg der hybriden und digitalen Vermögensverwaltungen im Markt wird es immer besser möglich, individuelle Vermögensverwaltungen bei gleichzeitig hoher Effizienz und Produktivität anzubieten.