Warum vergleichen wir uns ständig?
Du bist einzigartig. Da gibt es keine Debatte. Du bist so wie Du bist. Und manchmal möchtest Du trotzdem viel lieber jemand anderes sein – jemand, der mehr Geld hat, ein schickes Auto, eine fesche Freundin, jemand, der erfolgreicher ist und jemand, der alles im Griff hat. Na, sei mal ehrlich! Mit wem vergleichst Du Dich?
Warum vergleichen wir uns überhaupt?
Im Prinzip ist uns sicher allen bewusst, dass uns diese ganze Vergleicherei, vor allem, wenn es in Richtung Neid geht, nicht weiterbringt. Trotzdem tun wir es immer und immer wieder, meist sogar ganz unbewusst. Dabei geht es beim Vergleichen gar nicht um unser Gegenüber, sondern viel mehr um uns selbst. Wir wollen herausfinden, wo wir stehen. Wir wollen uns ein realistisches Bild von uns Selbst machen. Liege ich im Durchschnitt, bin ich besser oder schlechter? Was ist mein Status? Für unseren Verstand machen viele Dinge erst dann Sinn, wenn wir sie in Relation zu einer anderen Bezugsgrösse setzen können.
Der Psychologe Leon Festinger beschrieb in seiner „Theorie des sozialen Vergleichs”, dass es drei verschiedene Richtungen gibt, in die wir Vergleiche ziehen:
Aufwärtsvergleich
Vergleichen wir uns mit Menschen, die uns überlegen scheinen, von denen wir also meinen, sie wären schöner, reicher, klüger und glücklicher, sprechen wir von einem Aufwärtsvergleich. Wir schauen wortwörtlich zu diesen Personen auf. Das beeinflusst natürlich unsere Gedanken- und Gefühlswelt, vor allem aber das eigene Selbstbewusstsein und die Körperwahrnehmung.
Abwärtsvergleich
Beim Aufwärtsvergleich fühlen wir uns schnell niedergeschlagen oder wütend, beim Abwärtsvergleich hingegen hoffnungsvoll und gestärkt. Wir vergleichen uns mit Menschen, die uns vermeintlich unterlegen sind oder denen es schlechter geht. Dadurch bekommt unser Selbstwertgefühl einen ordentlichen Kick. Das funktioniert im Übrigen auch dann, wenn wir unsere jetzige Situation mit einer früheren vergleichen, in der es uns nicht so gut ging.
Horizontalvergleich
Um uns selbst besser einschätzen und Informationen über unsere derzeitige Situation erhalten zu können, vergleichen wir uns oft mit Menschen, die uns ähnlich sind. Wir kennen diese Personen, zum Beispiel unsere Freunde oder Geschwister, gut und können somit konkrete Vergleichspunkte festmachen. Der Horizontalvergleich kann schnell in einen Abwärts- oder Aufwärtsvergleich umschlagen.
Oft hängt also wie wir uns fühlen davon ab, ob wir uns abwärts, aufwärts oder aber überhaupt nicht vergleichen.
Ist es per se schlecht Vergleiche anzustellen?
Kürzlich habe ich auf LinkedIn eine Frage in den virtuellen Raum geworfen: „Mit wem vergleichst Du Dich?” Die häufigste Antwort: „Ich vergleiche mich mit gar niemanden.” In mir stieg das Gefühl auf, ich hätte den einen oder anderen sogar vor den Kopf gestossen, so selbstbewusst und sicher waren die Kommentare. Ist das Sich-Vergleichen denn per se, in jeder Situation und immer etwas Schlechtes?
Als Baby und Kleinkind haben wir uns Eigenschaften, Fähigkeiten und die ganz elementaren Dinge des Menschseins von anderen abgeschaut. Als Teenager hatten wir ein Bravo-Poster von Madonna (wer war es bei Dir?) an der Wand, studierten die „Like a Virgin”-Choreografie im Wohnzimmer und die hohen Töne unter der Dusche ein. Heute lassen wir uns von Menschen inspirieren, die Eigenschaften haben, die wir als erstrebenswert empfinden.
Hier stellt sich mir nun die Frage: Vergleichen wir uns, wenn wir sagen, wir haben Vorbilder?
Ich bin der Meinung, dass es, wie bei so vielen Dingen im Leben, wichtig ist, das richtige Mass zu finden. Eine Person kann mich inspirieren, muss mich jedoch nicht in der Gesamtheit mit ihm oder ihr vergleichen. Der Mut, der Ehrgeiz oder die Persönlichkeit eines anderen Menschen kann mich selbst motivieren. Ich muss dabei aufpassen, dass ich nicht die Kontrolle über mein Selbstwertgefühl verliere.
Wie findest Du diese Balance?
Lasse Dir einmal die folgenden beiden Gedanken durch den Kopf gehen:
Jeder von uns ist einzigartig.
Wie eingangs bereits angedeutet, kannst Du Dich schlichtweg nicht komplett und objektiv mit anderen vergleichen. Du bist anders aufgewachsen als Madonna, Du hattest eine andere Erziehung, hattest andere Schicksalsschläge und andere Beziehungen. Sie alle haben Dich geprägt, genau wie Madonna von Ihren Erfahrungen geprägt wurde. Zudem hast Du Dein ganz individuelles Set an Stärken und Talenten, Dein ganz eigenes Kartendeck. Die Rahmenbedingungen und Ressourcen sind für jeden ganz individuell.
Wir wissen nicht unbedingt, was im Leben des anderen vorgeht.
Dank der sozialen Medien wissen wir, wie das Leben jedes Einzelnen aussieht? Pustekuchen! Postet Madonna ein Foto von ihrer Hängematte unter der Palme an einem Traumstrand in Fiji, sehen wir nicht, wie anstrengend der Flug, wie nervig die Paparazzi und wie die eigentliche Laune der Queen of Pop ist. Wir sehen die Oberfläche und das, was sie uns zeigen möchte. Was will ich damit sagen? Unsere Wahrnehmung der Welt und von anderen Personen ist nicht immer realistisch. Wir neigen dazu, die banalen und „normalen” Bereiche des beneideten Menschen auszublenden und uns ein Bild zu machen, das wir nicht wirklich oder zumindest nicht der ganzen Realität entspricht. Wir sehen, was wir sehen wollen. Jeder hat seine eigene Realität.
Konstruktiver vs. destruktiver Neid
Stellen wir Aufwärtsvergleiche an, haben diese meist ein Gefühl zur Folge: Neid. Auch wenn dieser Begriff fast ausschliesslich negativ behaftet ist, kann er doch in zwei unterschiedlichen Ausprägungen auftreten.
Stellen wir uns zum Beispiel vor, Dir wäre zu Ohren gekommen, eine Kollegin, die im Prinzip die gleichen Aufgaben inne hat wie Du, würde besser bezahlt werden. Was denkst Du? Mit grosser Wahrscheinlichkeit wirst Du diesen Zustand als ungerecht empfinden und Dich fragen, womit die Kollegin das bessere Gehalt verdient hat. Nun beginnt das Grübeln. Entweder Dein Selbstbewusstsein leidet, weil Du meinst, etwas falsch zu machen oder aber es entwickelt sich eine Abneigung und Missgunst der anderen gegenüber – egal was es ist, diese Art des Neides ist schnell destruktiv. Du bist zwar der Meinung gegen andere zu kämpfen, besiegst aber lediglich Dich selbst.
Neid kann aber auch konstruktiv und motivierend sein, nämlich dann, wenn wir dem (vermeintlich) Überlegenen mit Wohlwollen begegnen und das Geleistete anerkennen. Denken wir zum Beispiel zurück an die 80er! Madonna brach damals mit freizügigen Videos sämtliche Regeln und erarbeitete sich mit ihrer ganz eigenen Strategie den Titel Queen of Pop. Vielleicht ist dies hier an dieser Stelle nicht das allerbeste Beispiel, aber Teenie-Filiz bewunderte die rebellische Energie, die Madonna ausstrahlte. Ich arbeite noch heute daran, immer und immer mutiger zu werden, Klartext zu sprechen und alte Glaubenssätze zu durchbrechen.
Vergleiche können uns motivieren, aber bitte: Immer in Massen. Es ist wichtig, sich immer wieder die zuvor angesprochenen Gedanken aufzurufen: Wir sind alle einzigartig und Du hast mit grösster Wahrscheinlichkeit kein umfassendes Gesamtbild Deines Vorbildes. Frustriert es Dich super schlanken, brokkoli-essenden Instagrammern zu folgen, dann lähmt die Vergleicherei nur und Du solltest Dich davon verabschieden. Leichter gesagt als getan.
6 Tipps, um das Vergleichen sein zu lassen
1. Vergleiche bewusst wahrnehmen
Oft vergleichen wir ganz unbewusst, fast schon beiläufig. Willst Du an dieser Gewohnheiten arbeiten, gilt es, zuallererst ein Bewusstsein dafür zu entwickeln wann und mit wem Du Dich vergleichst. Gar nicht so einfach. Achtsamkeit ist gefragt. Stelle Dir zu Beginn zweimal am Tag, in einer ruhigen Minute, die Frage, ob Du Dich heute bereits mit jemandem verglichen hast. Sollte das der Fall sein (was es wahrscheinlich ist, wenn Du wirklich ehrlich mit Dir selbst bist), dann ärgere Dich nicht, sondern freue Dich darüber, dass Du diese Gedanken erkannt hast.
2. Ursachen für Vergleiche identifizieren
Hast Du erst einmal erkannt, wann Du Dich mit wem vergleichst, kannst Du auf Ursachenforschung gehen. Warum vergleichst Du Dich mit dieser Person? Ist es ein Abwärts- oder Aufwärtsvergleich? Werde Dir Deiner eigenen, inneren Wünsche bewusst, die Ursache für Deine Gedanken und Gefühle sind. Sehnst Du Dich nach Bestätigung und Anerkennung? Kommt eine Unsicherheit aus einem anderen Bereich Deines Lebens?
3. Dein Mindset ändern
Hast Du eine Situation erkannt, in der Du Dich mit einer anderen Person vergleichst und weisst auch genau, warum Du es tust, kannst Du bewusst Einfluss auf Dein Mindset nehmen. Die Kollegin wurde befördert und Du bist der Meinung, Du seist schlichtweg nicht gut genug und würdest nie weiterkommen? Stop! Was könntest Du machen, um Dich selbst zu verbessern? Wo könntest Du um Feedback bitten und wo siehst Du Entwicklungspotenzial? Siehst Du ein Problem, dann denke über eine Lösung nach und bade Dich nicht im Selbstmitleid. Das wird Dich kein Stück weiterbringen.
4. Den Aufwand erkennen und hinterfragen
Nehmen wir uns wieder einmal Madonna als Beispiel heran. Keine Frage, die Frau sieht auch mit über 60 noch spitzenmässig aus. Möglicherweise hat der Chirurg hier und da nachgeholfen, aber sicherlich hat sie auch eine strenge Fitnessroutine. Wärst Du bereit jeden Tag drei Stunden auf dem Laufband zu stehen und Hanteln zu heben? Wärst Du bereit diesen Preis zu zahlen?
5. Mit Dir selbst vergleichen
Wo stehst Du jetzt, wo warst Du vor fünf Jahren? Suchst Du eine Person, mit der Du Dich vergleichen kannst, dann solltest Du es selbst sein. Vergleiche Deine jetzige Situation, Dein Wissen, Deine Zufriedenheit … mit Deiner Situation in der Vergangenheit. Wie fühlst sich das an? Ist es ein Aufwärts- oder ein Abwärtsvergleich?
6. Den Fokus auf Dich selbst legen
Vergleichen wir uns ständig mit anderen, vergessen wir ganz, worauf der eigentliche Fokus liegen sollte: ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Brauchst Du Abwärtsvergleiche, um Dich selbst besser zu fühlen, dann finde heraus, was Dir eigentlich fehlt und wie Du Dein Selbstwertgefühl noch aufmöbeln kannst. Beneidest Du ständig Menschen, denen es vermeintlich besser geht, finde heraus, was Du konkret an Deinem Leben ändern möchtest. Solange die frustrierenden und missgünstigen Gedanken nur in Deinem Kopf bleiben, stehlen sie lediglich Deine Energie. Führen Sie allerdings zu Handlungen und Du fühlst Dich motiviert, wirst Du neue Chancen erkennen und Dich weiterentwickeln. Deine Gedanken, Dein Mindset und Deine Leistung kannst nur DU beeinflussen.
Was willst Du wirklich?
Du kannst Dich nicht objektiv mit anderen vergleichen, also wende Deine Energie lieber dafür auf, herauszufinden, was Du wirklich willst. Alles andere bringt Dich nicht weiter. Hast Du einmal herausgefunden, was Dir wichtig ist, dann halte Dich nicht damit auf darüber nachzugrübeln, wer was bereits erreicht hat oder wer darin besser ist, sondern gehe ins Handeln über. Du bist Du. Und das ist gut so.
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Filiz Scarcella ist eine energiegeladene, inspirierende und out of the Box denkende Business Coach|in, Buch-Autor|in und kreative Chancenmacherin. Sie zeigt Führungskräfte, Manager, Projektleiter und Unternehmer, wie sie mit ihrer Persönlichkeit punkten, wie sie sich selbst besser vermarkten und wie sie ihre Mitarbeiter zu Mitunternehmer machen.
Dazu hat sie verschiedene Coaching und Mentoringprogramme entwickelt und u.a. das Buch: Vorbildlich Führen geschrieben. Das Ganze wird unterstützt durch agile&positive Mental-Selfness-Power, was in der Kombination im deutschsprachigen Raum einmalig ist.
Filiz berät Führungspersönlichkeiten zum agilen & stärkenorientierten Führen.
Sie zeigt genau auf, was uns antreibt und wie wir mit unseren Motiven und Stärken eine Führungspersönlichkeit, somit ein neuer Chancenmacher werden.
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Deine Filiz Scarcella
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5 JahreMit niemandem
Juristin| Betriebswirtin| Wirtschaftspsychologin| Gesundheitsmanagerin| Head of Finance and HR
5 JahreToll beschrieben. Manchmal ist ein Vergleich gar nicht so schlecht. Vorallem stärkt eigenes Selbstbewusstsein. Filiz wieder ein toll gelungenes Artikel 👍🏻👍🏻👍🏻 Bringt zum Nachdenken 😉
Share & Grow Unternehmensberatung - Enterprise Architektur Management, New Work und Achtsamkeit für Lösungen im digitalen Wandel
5 JahreDie angegeben Schritte zur bewussten Wahrnehmung sind wohl der richtige vernünftige Ansatz. Dinge zu bewerten und mit sich selbst in einen Vergleich zu bringen sind eine Wurzel des Übels. In unserer westlichen kapitalistischen Gesellschaft, wo mehr besser ist, ist das nur genauso logisch. Wie komme ich zu mehr? What's in it for me? Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn wir gleichzeitig und kollektiv dieses Paradigma verlassen und unsere Einzigartigkeit erkennen, sodass wir Gemeinsames zulassen können. Also ich fühle mich gerade unvergleichlich blendend 😁 Ommmmmmmmmm
Verbündeter für Veränderung
5 JahreDer einzige mit dem man sich vergleichen sollte ist der, der man sein könnte.
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5 JahreLustig, gerade vor ein paar Minuten habe ich folgenden Spruch gehört: “wer sich ständig mit anderen vergleicht gerät schnell aus dem Gleichgewicht” - klingt vollkommen logisch, wenn man etwas drüber nachdenkt