Warum wir mehr Frauen in der Digitalbranche brauchen.

Warum wir mehr Frauen in der Digitalbranche brauchen.

Frauen sind im Tech-Sektor allgemein und in der Digitalbranche stark in der Minderheit. Gründe, warum das so ist, gibt es viele. Massnahmen um diese Verteilung zu ändern, greifen nur schleppend. Es ist Zeit, dass wir das ändern. Und mit wir meine ich wir, wir Männer mit Entscheidungsbefugnis in Unternehmen.

Fadenscheinige, kleinliche Rechtfertigungen vs. Selbstverständnis

Ich könnte jetzt in diesem Artikel lange und breit erklären, warum Frauen in der Digitalbranche gebraucht werden. Zum Beispiel, dass Frauen genau so gute Programmiererinnen, Projektleiterinnen und Testerinnen sind. Oder dass es biologisch keine Unterschiede gibt, die Frauen von der Digitalbranche abhalten.

Oder, dass wir dafür sorgen müssen, dass Ausbildungen im technischen Bereich Frauen schmackhafter gemacht werden. Oder, dass wir in Unternehmen Nebenangebote für Frauen schaffen sollten, die Kinder haben. Oder, dass es einfach viel angenehmer wird, wenn Frauen im Team mit dabei sind. Oder, dass Frauen in Unternehmen in der Regel die ausgewogeneren Entscheidungen fällen.

Das alles könnte ich tun – tue es aber nicht. Weil dieses Detail-Gedöns total am Ziel vorbeischießt.

Und vor allem, weil es nur eine halbwegs richtige Antwort auf diese Frage gibt: Das gehört sich in unserer Gesellschaft im heutzutage einfach. Punkt.

Mehr Frauen im Technologie-Sektor

Wie erreichen wir also mehr weibliche Mitarbeiter in unserer Branche? Zuerst einmal könnten wir uns ansehen was alles getan wird. Beispielsweise die verschiedenen Initiativen der Politik. Eine Forderung nach fixen Quoten ist seit Jahren im Gespräch und wohl auch der Alptraum eines fast jeden Unternehmers.

Wer will schon eine Frau anstellen nur, weil sie eine Frau ist, wenn es im spezifischen Fall bessere männliche Kandidaten gibt. Mehr Gleichstellung geht auch dabei ideell nicht – wir wollen ja nicht von einem Übel ins andere Übel pendeln. Und, wäre ich eine Frau, würde ich nicht wegen meines Geschlechts eingestellt werden wollen. Die Motive für solche Initiativen sind wohl hehr – allein die Auswirkungen eher kontraproduktiv.

Bottom-Up

Wenn wir an diesem Missstand etwas ändern wollen dann müssen wir, die Entscheidungsträger der Branche, etwas dagegen tun. Grundsätzlich bedeutet das, naja, mehr Frauen einzustellen. Damit genug Frauen sich auch in Richtung Tech ausbilden lassen, sollten wir beginnen die Stereotypen aufzubrechen.

Heute gibt es viele Frauen im Tech-Sektor – fast 100% an der Empfangstheke der Digitalunternehmen.

Wir könnten also beispielsweise beginnen, konsequent typische Frauen-Jobs in Tech-Unternehmen wie GL-Sekretariat oder Administrationsstellen mit Männern zu besetzen. Das führt, wie Du sicher treffend erkannt hast, erstmal nicht zu einer höheren Frauenquote. Aber es hilft das Bild der typischen Geschlechterverteilung aufzubrechen. Und das ist mittelfristig das wichtigste.

In der Schweiz hat sich zudem unter dem Namen «WE SHAPE TECH» ein Netzwerk von Frauen für Frauen im Tech-Sektor. Eine großartige und zukunftsgerichtete Initiative, die ruhig auch nach Deutschland und Österreich kommen kann. Bedarf gibt es allemal genug.

Etwas Anderes von dem ich denke es verdient auch Beachtung, ist die Auswahl von Panelteilnehmerinnen auf Events. Veranstalter haben die Pflicht, mehr Frauen mit ein zu beziehen. Patrick Comboeuf, ein Pionier und Leader in Sachen Digital Transformation in der Schweiz, twittert jeweils unablässig für mehr Frauen-Beteiligung, wenn an Veranstaltungen Diskussionspanels nur mit Männern besetzt werden. Es sind genau diese Botschaften der Thought-Leader, die das Selbstverständnis der Geschlechtergleichheit beim Nachwuchs formt. Wir sollten es ihm alle gleichtun, nicht nur auf Twitter.

Jobs «väterkompatibel» machen

Eine andere Maßnahme ist jene, dass wir unseren männlichen Mitarbeitern mehr Zeit und Flexibilität einräumen, um Ihre Vaterrolle wahrzunehmen. Z. Bsp. indem wir Teilzeit forcieren. Jeder Vater der eine aktive Rolle in der Kindererziehung einnehmen kann, «hinterlässt» sozusagen eine Mutter die mehr Zeit für Arbeit hat. Und heutzutage wollen mehr Väter als wir uns bewusst sind diese aktive Rolle wahrnehmen.

Setze auf Mütter

Persönlich sind mir Mütter als Angestellte viel wert. Ganz einfach darum, weil sie schon mal etwas im Leben durchgestanden haben, meist schon an ihre Grenzen gegangen sind und wissen wo diese liegen. Und die allermeisten sind recht gut im Bewahren eines kühlen Kopfs.

Im Gegensatz zum Studienabgänger, der erst gerade lernt was im Leben für ihn oder sie wichtig ist, sind Mütter sehr verlässlich. Ich habe wirklich unglaublich gute Erfahrungen gemacht. Man muss als Vorgesetzter flexibel sein klar; Kinder werden krank, allerlei Kindertermine fallen an wo Mutter nicht fehlen darf. Im Gegenzug erhält man Mitarbeiterinnen, die voll motiviert, erfahren und eine Bereicherung für jede Firma sind.

Wer, wenn nicht wir

Ich bin überzeugt, dass sich das Problem früher oder später von alleine löst. Um diese Lösung aber zu beschleunigen, so glaube ich, sind wir Unternehmer und Entscheidungsträger in der Digitalbranche die einzigen die wirklich einen Hebel haben. Jeder für sich zwar wohl einen kleinen – aber wie immer macht es die Masse. Beginnen wir also morgen damit. Damit unsere Großkinder in einer Arbeitswelt tätig sein können, in dem das Geschlecht keine Rolle mehr spielt.

Dieser Artikel erschien ursprünglich im Rahmen meiner „Transformiert!“ Kolumne auf t3n.

Dr. Aylin Lampe

On a mission to turn HR theory into reality

7 Jahre

Hervorragender Artikel!

Rui da Silva

Data, AI Value Creator ✴️ | Entrepreneur | 🔗 Connecting People | Ambassador of Good Mood, Food and dark roasted Espresso ☕🍣

7 Jahre

Das Geschlecht soll nie eine Rolle spielen, die Wille was zu bewegen ist "what counts".

Lisa Ringen-Jacobs

👩🏽🎤 Marketingberaterin, Moderatorin, Mensch

7 Jahre

Absolut Ihrer Meinung, Herr Veuve! Beim #WeforFuture Forum, einem Female Entrepreneurship Forum initiiert von Prof. Stephanie Birkner der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, haben wir erst im März eben dieses Thema diskutiert. Ja, wir Frauen wollen! Es gilt jetzt die gläserne Decke von allen Seiten (oben, unten, rechts, links...) zu schmelzen. Beim Schmelzprozess sind alle eingeladen mitzumachen, insbesondere Männer, die in Ihren beruflichen Positionen die Möglichkeit haben, für mehr Vielfalt und eine ausgewogenere Balance der Geschlechter zu sorgen. Also, genau richtig: Wir ziehen gemeinsam - Frauen, Männer, Menschen - an einem Strang und streben nach mehr Miteinander und Vielfalt. DANKE für Ihren Beitrag.

Genau, ich kann mich Hr. Niedrig nur anschliessen! Wir würden noch so gerne viel mehr Frauen in technischen Jobs einstellen, wenn sich den welche bewerben würden! Vor zwanzig Jahren hatte ich mal 50/50 in meinem Führungsteam als GM einer Business Unit mit sehr technischen Business (ausser HR und Control alles Ingenieure). Seit da ist klar ein negativer Trend zu beobachten, indem immer weniger Frauen den Weg einer technischen Ausbildungen und Studiums einschlagen. Es braucht halt immer zwei, Frauen welche diesen Weg einschlagen, Männer welche diese Frauen einstellen. Der erste Schritt ist aber leider die Ausbildung und das Studium. Ich freue mich darauf, wenn endlich wieder eine Trendwende bewirkt werden könnte ...

Danny Niedrig

Healthcare Integration

7 Jahre

Ich sehe in dem gesamten Artikel nicht wie dadurch mehr qualifizierte Kandidatinnen auf den Markt kommen. Als man wünsche ich mir auch Flexibilität was Termin in Bezug auf die Kinder angeht. In meinen Unternehmen sind relativ viele Frauen technisch tätig und ja das funktioniert. Aber die Kandidatinen müssen sich einfach dafür interessieren und wenn an der Stelle zu wenig Angebote bestehen... Ja wir nehmen am girls day teil aber bis der wirkt (falls wir nicht abschrecken) dauert es.

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