Wenn das Ganze die Positionierung ist
Ich habe irgendwann 2005, 2006 mit Social Media begonnen. Privat. Angeregt von der Bachelorarbeit einer viele Jahre jüngeren ehemaligen Mitarbeiterin, die die Blogosphäre untersucht hatte. Damals war das ein "thing". Wir nannten es noch ganz aufgeregt "Web 2.0" - wie süß wir alle waren, damals. ;)
Ich hab also angefangen zu bloggen - was nur eine Fingerübung war und literarisch keinen Wert hatte. Auch keinen Wert schöpfte. Es war einfach nur "mitmachen". Ich wollte nicht "viral gehen" - wer wollte das schon beim damaligen Stand der Medizin? Hatte keinen Schimmer von KPIs und Google Analytics und Positionierung und Content Strategie und was Euch noch an Folterwerkzeugen für kleine Schreiberlinge einfallen mag. Ich hab einfach gebloggt für meine winzige Bubble. Hab mich bei Twitter angemeldet und bei Facebook und bei zu vielen längst vergessenen anderen Plattformen, die damals der neueste heisse Sh*t waren.
Erst privat, dann professionell
Dann kam der Juni 2009 und die altbekannte Geschichte von Frankfurts OB Petra Roth und ihrer Anregung, die Stadt könnte doch mal twittern?! Wir haben ohne aufgeschriebene Strategie begonnen und uns vorsichtig vorgetastet - ich denke, dass wir nicht unerfolgreich waren mit dieser operativen Taktik.
Das erste Mal von "Strategie" gehört habe ich von Mirko Lange, der bei Twitter unsere "Gesamtstrategie" erfahren wollte. Ich fand das etwas albern damals: "Gesamtstrategie." Wir hatten ja nicht mal etwas, das den völlig übertriebenen Namen "Minieinzelteilstrategieannäherungsversuch" verdient gehabt hätte.
Aber die Frage von Mirko gärte in mir. Was könnte denn eine Strategie sein? Was braucht es dazu? Wer macht dabei mit?
Und obwohl die Idee also herumventilierte, hab ich mich vor "Strategie" lange gedrückt - zu aufwändig erschien sie mir zu sein, zu viel Arbeit und viel zu viel Absicht und Zielorientierung schien sie mir zu bedeuten. Dabei wollten wir doch einfach nur unsere Arbeit machen.
Kristina Halvorson hab ich dabei übersehen. Und eventuell war das ein großer Fehler.
Strategie ohne die Strategin
Denn Kristina Halvorson ist ja so etwas wie die Erfinderin einer Webstrategie. Ich habe Thomas Pleil gelesen, Kerstin Hoffmann, Ansgar Zerfaß, Klaus Eck. Viel zu spät Vivien Pein, viel zu spät auch Manfred Bruhn.
Kristina Halvorson ist mir immer nur als Fußnote oder Zitatgeberin begegnet. Ich kam ganz gut durch viele IHK-Seminare und PR-Strategien ohne sie.
Bis jetzt. Ich war auf der Suche nach einer Alternative zu den bekannten Strategiemodellen für Onlinekommunikation wie die 6 P's, den darauf aufbauenden SCOM-Prozess und den Content Marketing Cycle. Diese drei Strategiemethoden sind Abwandlungen der gleichen Idee eines zyklischen Produktionsprozesses, der sich immer wiederholt und dabei verfeinert, iterativ. Ich wollte dem etwas Statisches, Immerwährendes, Endgültiges entgegensetzen. Und Kristina Halvorson hat das Modell.
Warum schreibe ich das so länglich?
Empfohlen von LinkedIn
Alles ist Kommunikation. Wirklich alles.
Ich denke, angeregt durch Michael Schenkel , gerade über den Begriff "Unternehmenskommunikation" nach. Erklärt er sich selbst oder ist er viel zu generisch und abstrakt? Was kann man alles unter dieser speziellen, meist sehr operativen Form von Kommunikation verstehen? Und: Kann man das alles alleine umsetzen, oder braucht es dafür einzelne Spezialisten? Ist der Aufbau eines Presseverteilers Kommunikation, wie mich Michael gefragt hat? Ist Telefonakquise Kommunikation? Das Erstellen von Produktbroschüren?
Ja, das ist alles Teil davon. Und noch viel mehr, selbstredend. Manfred Bruhn schreibt Wälzer um Wälzer, um alle Instrumente und Betrachtungsweisen vorzustellen. Und Kristina Halvorson? Malt ein paar Rechtecke auf ein Blatt Papier und hat eine funkelnde Perle erschaffen. Schlank, klar, eindeutig. Strategisch fundiert und operativ leicht umsetzbar: Das Content Strategy Quad. Alle wichtigen Aspekte einer Content Strategie und ihrer Instrumente, Prozesse und Rollen sind dort aufgeführt und integriert. Wer in der Onlinekommunikation alles Wesentliche berücksichtigen will und alles Sinnvolle umsetzen möchte, hat damit die perfekte Checkliste.
Alles gehört dazu, egal welche Flughöhe. Alles muss bedacht werden, damit's am Ende funktioniert. Alles ist wichtig und notwendig und hat seinen Platz in einem der vier Quadranten.
Vier gleichwichtige Seiten
DAS ist Strategie! Und das beantwortet auch die Frage, was Unternehmenskommunikation sei: All dieses, alles zusammen, die Summe, die eben mehr ist als die Summe ihrer Teile.
Hätte ich das schon 2009 wissen müssen? Nein. Denn das Content Strategy Quad ist aus heutiger Sicht nicht revolutionär. Aber sehr hilfreich, weil alles systematisch andockt. Oder, wie man so schön sagt, "anschlussfähig ist".
Das ist mir heute in den Sinn gekommen, als mich Michael fragte, welche Einzelinstrumente eigentlich Kommunikation seien und was ich als "Full Stack Corporate Communicator" meinen Kund:innen anbieten könne? Den ganzen Klumpatsch eben. Weil alles ähnlich wichtig und zielführend ist. Breite statt Spitze. Generalistentum statt Spezialisierung. Vier gleiche Seiten eines vollkommenen Quadrates statt die kalte Spitze eines glitschigen Eisbergs.
Head of Academy / Content Strategy Architect bei Scompler
10 Monate--1-- Sehr schön, Harald. Unternehmenskommunikation lässt sich ohne das von Dir angeführte „Generalistentum“ eben gar nicht strategisch denken, es braucht in der strategischen Ausrichtung eben ein Verständnis „von allem“. Und doch gibt es eine Fundierung, auf die die Autorin Halvorson ja selbst hinweist: „You’ll see that we’ve rotated the quad 90º so that systems design can sit in the lower half. This was a conscious choice, as we believe content systems provide the foundation for successful content design.“ Denn es geht darum, „repeatable Systems“, wiederholbare Systeme aufzubauen, mit dem Ziel „to ensure content integrity over time and allow us to create, deliver, and manage content according to consistent standards and meaningful outcomes.“ Wichtig ist in diesem Sinne aus meinem Verständnis dieser Gedanke der Standardisierung von Vorgehensweisen und Arbeitsprozessen mit effektiven Produktionsumgebungen in systematisierten Teamstrukturen, eben mit dem Ziel, den richtigen Content an die richtigen Personen auszuspielen…
80 % Marketing, 25 % Witz.
10 MonateDer ganze Kommunikationsklumpatsch aus einer Hand. 😍