Werbung in sozialen Medien - Worauf Unternehmen, Agenturen und Influencer auf Facebook, YouTube, Instagram & Co. achten sollten
„Mein Workout war wieder der Hammer! Erstmal abkühlen mit ´nem Eiweiß-Shake von Marke Maximus!“ oder „Ich LIIEEBE meine neuen Ohrringe von Bernadette Bizou!! Seht mal!!“.
Wie wir bereits aus dem Beitrag „Bands und Brands" wissen, verschmelzen Marken und ihre Werbebotschafter zunehmend. Werbende Unternehmen bedienen sich bei ihrem Marketing-Mix auch und besonders den sozialen Netzwerken und ihren sogenannten „Influencer“. Kein Grippevirus, sondern Personen, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in den sozialen Netzwerken für Werbung und Vermarktung in Frage kommen. Dies können bekannte Sportler, Schauspieler und Musiker ebenso sein, wie YouTube-Stars, Fashion-Blogger oder Instagram-Queens.
Den Influencern wird dabei meist ein Produkt oder eine Dienstleistung kostenlos bereitgestellt oder Geld dafür gezahlt, dass diese – meist in Form eines Foto- oder Video-Posts mit entsprechender Beschreibung - das Produkt oder die Leistung zeigen, erwähnen und anpreisen.
Häufig ist nicht genau zu erkennen, ob die Person ein Produkt oder eine Marke fotografiert und positiv erwähnt, weil sie wirklich von diesem Produkt überzeugt ist und dies nur mit ihrer Gefolgschaft teilt. Oder ob es sich um eine Werbebotschaft handelt, die wirtschaftlich motiviert ist, also wofür eine Prämie gezahlt oder eine andere Gegenleistung erfolgt ist. Gerade in solchen Fällen ist Vorsicht geboten!
Nutzungsbedingungen der sozialen Netzwerke
Ausgangspunkt der Dos and Don’ts sind zunächst die Nutzungsbedingungen und ergänzenden Richtlinien des jeweiligen sozialen Netzwerkes, denen der werbende Profilinhaber bei der Anmeldung zugestimmt hat. Hier findet man regelmäßig Vorgaben ob, wie und in welchem Umfang auf dem eigenen Profil geworben werden darf. Diese Bedingungen sollten beachtet werden. Bei Nichtbeachtung droht eine Löschung des jeweiligen Posts bis hin zu einer (unangekündigten) Sperrung des Accounts. Eine Horrorvorstellung für Influencer mit Tausenden oder Millionen von Followern. Selbst Schadensersatzansprüche des sozialen Netzwerkes wegen Vertragsverletzung sind denkbar.
Neben diesen Vertragsbedingungen kann deutsches Recht Anwendung finden. Dies ist unbestritten in wettbewerbs-, marken- und urheberrechtlichen Fragen der Fall, sobald die Werbemaßnahme in Deutschland durchgeführt wird oder sich zumindest an deutsche Verbraucher richtet.
Ob Werbung, Sponsoring oder Produktplatzierung – Werbegrundsätze in Deutschland
Grundsätzlich gilt in Deutschland für Werbung jeglicher Art das Trennungs- und Transparenzgebot. Der Gesetzgeber gibt vor, dass Werbung
„als solche leicht erkennbar und vom Übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein“ muss
(nach § 58 Absatz 1 Rundfunkstaatsvertrag (RStV)).
Diese Verpflichtung gilt nicht nur für das (Internet-)Radio und Fernsehen, sondern auch für Telemedien - zum Beispiel Webseiten aller Art inklusive sozialer Netzwerke -, sowie für fernsehähnliche Angebote wie Videoplattformen alla YouTube (nach § 58 Absatz 3 RStV).
Dabei versteht man unter Werbung
„jede Äußerung ... gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung ... mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen ... gegen Entgelt zu fördern.“
(nach § 2 Nr. 7 RStV)
Der wirtschaftlich motivierte Werbecharakter einer Botschaft muss also immer klar erkennbar sein. Das deutsche Wettbewerbsrecht geht noch weiter: Der entgeltliche Werbecharakter darf nicht verschleiert werden, die Werbung selbst nicht irreführend oder unzumutbar belästigend sein. Der durchschnittlich informierte Internetnutzer muss dabei erkennen können, ob es sich um Werbung handelt oder nicht.
Produkt im Mittelpunkt – Gesamtbild entscheidend
Wer also, wie in den oben skizzierten Fällen, von einem Unternehmen ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine sonstige Leistung und/oder Geld erhält und im Gegenzug in den sozialen Netzwerken das Produkt, die Dienstleistung oder das Unternehmen mit Erwähnungen oder Anpreisungen in den Mittelpunkt rückt, macht Werbung und muss dies kennzeichnen.
Kennzeichnungspflichtig ist Werbung nicht nur, wenn das Produkt im Mittelpunkt steht, sondern auch wenn es nur als Teil der Erzählung erkennbar platziert wird (dann ist es wohl „Produktplatzierung“) oder das Unternehmen die Foto- und Videoproduktion (mit-)finanziert hat (dann handelt es sich wohl um „Sponsoring“).
Lediglich, wenn bei Sachzuwendungen von Seiten des Gebers keine Pflicht zum Posting besteht, die Zuwendungen (zusammen) einen geringen Wert ausmachen und nicht im Mittelpunkt der Darstellung stehen, wird von keiner Kennzeichnungspflicht ausgegangen. Zur Zeit nimmt man für einen "geringen Wert" einen Richtlinienwert von unter EUR 1.000.- an. Dasselbe soll für kostenlose Ausstattungen für die eigene Arbeit gelten.
Wichtig für eine Bewertung ist hier nicht der Wert allein, sondern das Gesamtbild, welches mit dem Post vermittelt wird.
Übrigens ist auch das Setzen von Affiliate-Links kennzeichnungspflichtig.
Verlosungen und Gewinnspiele
Verlosungen und Gewinnspiele sind ein Spezialfall: Wenn das Unternehmen oder die Marke nur ein, zwei Mal kurz gezeigt oder erwähnt werden, ist dies bei kostenlos zur Verfügung gestellten Produkten für ein Gewinnspiel nicht extra kennzeichnungspflichtig. Dennoch muss darauf geachtet werden, dass die Teilnahmebedingungen unter Berücksichtung der Social-Network-Richtlinien leicht erkennbar, hinreichend klar und eindeutig angegeben sind.
Bewertung im Einzelfall
Streng genommen muss stets bei jedem Post einzeln bewertet werden, welcher Post privat und welcher wirtschaftlich motiviert ist, also kennzeichnungspflichtig ist. Bei der Bewertung spielt auch der Beruf der jeweiligen Person eine Rolle. Bei Fußballern wird es dem Verbraucher eher klar sein, dass dieser ständig gesponsert wird und somit viele werbende Nachrichten postet.
Bei einem YouTuber, der normalerweise lustige Videos macht oder einer Bloggerin, die eigentlich nur Fashion-Tipps mit ihren selbstgekauften Produkten gibt, kann es wieder etwas anderes sein. Vor allem, wenn sich (scheinbar) private Inhalte mit kommerziellen Inhalten mischen. Der Verbraucher geht davon aus, dass die Person nur ihre persönlichen Erfahrungen berichtet, nicht jedoch, dass bestimmte Dinge gesagt oder gezeigt werden, weil hierfür von einem Unternehmen Geld oder ein sonstiger wirtschaftlicher Vorteil entgegengenommen oder versprochen wurde.
Folgen bei Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht
Um welche Art von Werbung es sich handelt, spielt für die Rechtsfolgen einer Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht erst einmal keine Rolle.
Neben dem Ausschluss aus dem jeweiligen sozialen Netzwerk wegen des Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen sind Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche gegenüber dem werbenden Unternehmen, der ausführenden Agentur oder dem Influencer selbst als Inhaber und Betreiber des Social-Media-Profils möglich. Solche Ansprüche sind für konkurrierende Unternehmen vor allem aus dem Wettbewerbsrecht denkbar. Aber auch die zuständigen Aufsichtsbehörden und Landesmedienanstalten, sowie Wettbewerbs- und Verbraucherzentralen könnten tätig werden.
Wendet sich die Werbebotschaft nicht nur an deutsche Verbraucher, sondern auch an zum Beispiel englischsprachige Nutzer in England, dann ist eine rechtliche Inanspruchnahme zusätzlich auch in dem jeweiligen Land nach den entsprechenden Gesetzen möglich.
Trotz Graubereichs Risiken minimieren
Bei dem Thema „Social Media Marketing“ und Werbung ist vieles rechtlich noch nicht endgültig geklärt. Vieles bewegt sich im Graubereich. Vieles aber auch nicht.
Bereits die oben angedeuteten rechtlichen Rahmenbedingungen bieten große Angriffsflächen für werbende Unternehmen, aber auch für die werbenden Personen selbst. Eine fundierte Bewertung muss in jedem Einzelfall erfolgen.
Die Risiken sollten dort minimiert werden, wo sie vorhersehbar sind. Natürlich müssen Unternehmen stets ihre wirtschaftlichen Interessen mit den rechtlichen Risiken abwägen. In den eindeutigen Fällen sollte aber nicht unnötig das Risiko eingegangen werden.
Kennzeichnung zum Beispiel durch Beschreibung und #Hashtags
Grundsätzlich ist jeder Post kennzeichnungspflichtig für den eine Gegenleistung erlangt oder versprochen wurde und der den entgeltlichen Absatz fördert. Je eindeutiger der jeweilige Fall ist, desto strikter sollte eine Kennzeichnung erfolgen.
Dies bedeutet in der Konsequenz: Beim nächsten Post auf das #Sponsoring, die #Produktplatzierung oder #Werbung - zum Beispiel durch Hashtags – hinweisen.
Wie es sich mit englischen Ausdrücken wie „advertising“ oder „ad“ verhält ist noch nicht geklärt. In jedem Fall werden (zusätzlich) englische Beschreibungen notwendig sein, wenn neben deutschem auch englischsprachiges Publikum angesprochen wird.
„Dankeschön“-Nachricht reicht nicht
Wenn nicht der ganze Post für Werbezwecke erstellt wurde, sondern nur ein Teil darin beworben wird (zum Beispiel ein einzelnes Produkt oder eine Dienstleistung wie ein Flug), dann muss zumindest diesbezüglich ein Hinweis gemacht werden. Eine „Dankeschön“-Nachricht wird hierbei übrigens nicht ausreichen. Es sollte aus der Botschaft genau erkennbar sein, was und wofür jemand etwas erhalten hat.
Auf klare vertragliche Vereinbarungen hinwirken
Eine Werbemaßnahme sollte sich immer auch an den Richtlinien und Nutzungsbedingungen der jeweiligen Plattform orientieren. Vor allem Agenturen werden hier in der Pflicht sein werbende Unternehmen über die entsprechenden Umstände aufzuklären.
Besonders zwischengeschaltete Agenturen und die ausführenden Influencer sollten auf klare vertragliche Vereinbarungen hinwirken: Welche Rechte und Pflichten den Parteien zukommen, wie und wodurch die Werbung in den sozialen Medien dargestellt und gekennzeichnet wird. Geklärt und vertraglich festgehalten werden sollte auch, wer im Falle eines Verstoßes rechtlich einzustehen hat.
Aus Sicht des Influencers sollte zumindest eine Freistellung von Ansprüchen durch Dritte vereinbart werden.
Urheber- und Markenrechte beachten
Zusätzlich müssen Urheber-, Marken- und Kennzeichnungsrechte von Dritten für die Werbemaßnahmen beachtet werden. Das heißt die Zustimmung zur Verwendung von zum Beispiel Bildern, Logos oder Firmennamen sollte vorher eingeholt und ihr Umfang vertraglich geregelt sein.
Ein Interesse an derartigen Absprachen und der Einhaltung der Werbegrundsätze haben am Ende alle Beteiligten: Sie sitzen im selben Boot. Denn schlimmer und finanziell riskanter kann der Glaubwürdigkeits- und Imageverlust desjenigen sein, der seine Fans und Follower hinter das Licht führt.
(Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Blog von RA Martin Rüssmann erschienen.)