Wann haftet das werbende Unternehmen für Verstöße von Influencern?

Wann haftet das werbende Unternehmen für Verstöße von Influencern?

Worauf man als Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit Influencern achten sollte

Viele Unternehmen setzen bei ihren Werbemaßnahmen und Kampagnenplanungen neben den „klassischen“ Medien inzwischen vermehrt auf Social Media und vor allem auf den Einsatz von Influencern. Das Phänomen Influencer Marketing ist dabei kein unbeschriebenes Blatt mehr. Das Influencer Marketing gilt als erster Treiber der Online- Video- und Social- Media- Branche. Um die Influencer hat sich inzwischen ein ganzer Wirtschaftszweig gebildet. Bereits früh wurden sog. Multi- Channel- Netzwerke gegründet, die die Reichweite und Kräfte der einzelnen Influencer in organisatorischen Einheiten zusammengeführt und gebündelt haben. Was zu Beginn aussah, wie Teenager, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben, ist mittlerweile zu einer hoch professionellen und hoch profitablen Branche geworden. Insofern verwundert es auch nicht, dass bei der Investition des Werbebudgets kaum eine Marketingabteilung mehr um das Influencer- Marketing herumkommt.

Bei der Ausgestaltung der Kampagnen stellt sich dabei nicht nur die Frage nach den werberechtlichen Vorgaben im Internet, sondern auch die Frage nach der Verantwortung für Verstöße gegen die rechtlichen Vorschriften, beispielsweise aufgrund fehlender Werbekennzeichnung eines Posts oder Videos.

Wie ist die Rechtslage?

Hauptangriffspunkt eines Influencer- Beitrages ist nach wie vor die fehlerhafte oder gänzlich fehlende Kennzeichnung des werblichen Charakters. Darüber, dass Influencer- Beiträge mit werblichen Inhalt und bei Erhalt einer Gegenleistung im Grundsatz entweder nach medien- oder jedenfalls nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften kennzeichnungspflichtig sind, besteht grundsätzlich Einigkeit. Erst kürzlich haben die Medienanstalten ihren Leitfaden zu den medienrechtlichen Kennzeichnungspflichten aktualisiert und veröffentlicht.

Höchst umstritten ist derzeit allerdings, wann denn überhaupt von einem werblichen Inhalt ausgegangen werden kann. So wird der Bundesgerichtshof am 29. Juli 2021 in direkt drei Fällen zu den Kennzeichnungspflichten mündlich verhandeln. Es wurde erwartet, dass der BGH mit seinen Entscheidungen endlich für mehr Klarheit schaffen wird, wann ein Beitrag als „Werbung“ zu kennzeichnen ist und wann ausnahmsweise nicht. Diese Entscheidung konnte das Bundesjustizministerium offenbar nicht abwarten und hat durch eine Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) seinerseits für mehr Klarheit schaffen wollen. Ob dieses Gesetzesänderung tatsächlich für mehr Rechtssicherheit für Influencer und Content Creator sorgen wird, muss sich noch erweisen.

[Hier findet sich meine Stellungnahme zum damaligen Gesetzesentwurf]

Trotz aller Unsicherheit, zweifelsfrei liegt ein kennzeichnungspflichtiger Beitrag vor, wenn der Influencer durch ein Unternehmen beauftragt wurde und Geld oder eine ähnliche Gegenleistung für die Erwähnung der Produkte erhalten hat. Problematisch wird es allerdings, wenn der Influencer selbstständig agiert und etwa die selbstgekauften Kleidungsstücke auf Instagram mit den Unternehmen verlinkt und persönliche Empfehlungen ausspricht. In diesen Fällen sind sich die Gerichte derzeit uneinig.

Ferner besteht Uneinigkeit hinsichtlich der Frage, wie beziehungsweise mit welchen Begriffen konkret die Kennzeichnung zu erfolgen hat. Bei der Kenntlichmachung eines kommerziellen Inhaltes geht es im Wesentlichen immer um die Beachtung des Trennungsgrundsatzes. Redaktionelle und werbliche Inhalte sind stets erkennbar voneinander zu trennen und letztere als Werbung zu kennzeichnen. Bei der richtigen Kennzeichnung geht es nicht nur um die Wahl der richtigen Begriffe („Wie“), sondern auch um den Ort der Kenntlichmachung („Wo“). Verbraucher sollten immer in der Lage sein, werbliche Inhalte auf den ersten Blick zu erkennen. Aufgrund der aktuellen Entscheidungspraxis deutscher Gericht ist man auf der sicheren Seite, wenn man mit den Begriffen „Werbung“ oder „Anzeige“ den werblichen Charakter kenntlich macht. Darüber hinaus sollte die Kennzeichnung direkt zu Beginn eines Beitrages erfolgen und vor allem so, dass die Kennzeichnung von den Verbrauchern sofort zur Kenntnis genommen werden kann.

Weitere Pflichtinformationen und Werbeverbote

Neben den Kennzeichnungspflichten sind im Bereich der Werbung allerdings auch die weitergehenden Pflichtinformationen und bestimmte Werbeverbote zu beachten. So können bei der Werbung für bestimmte Produkte, weitere Informationspflichten bestehen, die gegenüber den Verbrauchern erfüllt werden müssen. Werden Produkte beworben, die besonderen Kennzeichnungsregelungen und produktspezifischen Informationspflichten unterliegen, so ist auch der Influencer verpflichtet, diese Vorgaben einzuhalten. Hierzu zählen beispielsweise Angaben nach der Pkw- Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw- EnVKV) zum Kraftstoffverbrauch von Pkw oder weitere Anbieterinformationen. Ebenso gibt es im Falle von Nahrungsmitteln bestimmte Werbeverbote hinsichtlich nährwert- oder gesundheitsbezogener Aussagen. Die Verbote ergeben sich beispielsweise aus der sog. Health- Claims- Verordnung (HCVO).

Auch das beworbene Unternehmen für die Einhaltung der Werbevorgaben verantwortlich

Die Pflicht zur Kennzeichnung trifft zunächst denjenigen, der die werbliche Aussage tatsächlich tätigt. Der Influencer wird allerdings in aller Regel nicht von sich aus tätig. Vielmehr wird er von einem Unternehmen mit der Bewerbung des Unternehmens oder eines bestimmten Produktes beauftragt. Die Werbung kommt somit einem bestimmten Unternehmen zugute. Dieser Umstand rechtfertigt die Frage, ob sich die Haftung des Influencers wegen einer fehlerhaften Werbekennzeichnung auch auf das so beworbene Unternehmen auswirkt. Auch wenn das Unternehmen nicht direkt zur Einhaltung der Pflicht zur Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation verpflichtet ist, so haftet es nach § 8 Abs. 2 UWG gleichwohl neben dem Influencer eigenständig für dessen Verstoß.

Danach haftet nämlich auch das Unternehmen auf Unterlassung und Beseitigung, wenn eine Zuwiderhandlung durch einen Mitarbeiter des Unternehmens oder durch einen Beauftragten begangen wurde. Hintergrund der Vorschrift ist, dass sich ein Unternehmen nicht hinter einen beauftragten Dritten für begangene Wettbewerbsverstöße verstecken können soll. Das beworbene Unternehmen kann sich auch nicht damit aus der Haftung entziehen, indem es vorträgt, es habe den Influencer vor der Beauftragung sorgfältig ausgewählt. Die Haftung auf Unterlassung ist vielmehr unabhängig von einem Verschulden des Unternehmens und greift auch dann, wenn der Influencer gegen eine ausdrückliche Weisung wettbewerbswidrig gehandelt hat.

Der Begriff des „Beauftragten“ ist dabei weit zu verstehen. Beauftragter ist jeder, der, ohne Mitarbeiter zu sein, für das Unternehmen eines anderen aufgrund eines vertraglichen oder anderen Rechtsverhältnisses tätig ist. Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Unternehmen zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebes und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs. Vor diesem Hintergrund ist es dann auch unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehung ausgestaltet haben, sodass Beauftragter auch ein selbstständiges Unternehmen sein kann. Auch Presseagenturen, Affiliates aber auch in der Werbung auftretende „Stars“ wurden bereits von Rechtsprechung und Literatur als Beauftragte i.S.v. § 8 Abs. 2 UWG angesehen. Nichts anderes gilt somit auch für Influencer, denn auch bei diesen handelt es sich um Personen, die, ohne Mitarbeiter zu sein, für das beworbene Unternehmen aufgrund einer vertraglichen Beziehung werblich tätig werden. Hierbei wollen die Unternehmen gerade von der enormen Reichweite der Influencer profitieren und die eigene Präsenz hierdurch deutlich erhöhen. Die Haftung des Unternehmens für die Zuwiderhandlung des Influencers rechtfertigt sich folglich daraus, dass er durch dessen Einsatz seinen Geschäftskreis erweitert und damit zugleich das Risiko für diese Zuwiderhandlungen schafft. Da das Unternehmen also die Vorteile der enormen Reichweite des Influencers für sich nutzen will, muss er die damit verbundenen und in gewisser Weise auch beherrschbaren Risiken tragen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Influencer ohne jede Beauftragung von sich aus werblich tätig geworden ist und sich dem Unternehmen quasi aufgedrängt hat. Hier fehlt es an einer zurechenbaren Handlung des beworbenen Unternehmens, sodass es unbillig ist, dieses ebenfalls in die Haftung zu nehmen. Das würde die Haftung des Unternehmens zu sehr ausdehnen, ohne dass das Unternehmen im Einzelfall die Möglichkeit hat, beherrschend auf den werblichen Beitrag eingreifen zu können.

Auswirkungen für die Praxis

Aufgrund der eigenen Haftung des Unternehmens für Zuwiderhandlungen von Influencern ist es erforderlich, dass klare und vertraglich fixierte Regeln aufgestellt werden. Wichtig ist dabei aus Sicht des Unternehmens sicherzustellen, dass der beauftragte Influencer zur Einhaltung der relevanten werberechtlichen Vorschriften verpflichtet wird, notfalls unter Androhung einer Vertragsstrafe. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass § 8 Abs. 2 UWG eine Erfolgshaftung begründet, das Unternehmen also auch dann auf Unterlassung haftet, wenn der Influencer entgegen der vertraglichen Vereinbarung einen Beitrag veröffentlicht, ohne dabei den werblichen Charakter kenntlich zu machen. Es ist also daneben aus der Sicht eines Unternehmens von besonderer Wichtigkeit, die in Auftrag gegebenen Beiträge vor der Veröffentlichung zu kontrollieren und im Falle einer Zuwiderhandlung den Influencer zur Einhaltung der werberechtlichen Vorschriften anzuhalten. Freilich ist hierbei darauf zu achten, dass die kreative Freiheit des Influencers nicht eingeschränkt wird. Vielmehr sollte sich diese Prüfung auf offensichtliche Rechtsverstöße – aller Art – beschränken.

Umgekehrt können die Parteien zum Zwecke einer größeren Werbewirkung vertraglich nicht vereinbaren, bewusst den werblichen Charakter eines bestimmten Beitrages verschleiern zu wollen. Eine solche Vereinbarung wäre wohl nach § 138 BGB nichtig.

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