Werte sind der wahre Schatz im Unternehmen

Werte sind der wahre Schatz im Unternehmen

Werte sind der wahre Schatz im Unternehmen

Vermutlich jeder von uns erfährt die Änderungen in der Arbeitswelt täglich am eigenen Leib. Immer mehr Flexibilität ist gefragt, und nicht selten kommt dabei der Mensch zu kurz, unter anderem angesichts des zunehmenden Trends zu Digitalisierung, Effizienz und Globalisierung.

Der durch diese höhere Dynamik und Belastung ausgelöste Druck führt zu Verformung und Verbiegungen; und damit spiele ich nicht nur auf den hastig vor dem Bett aufgestellten Bügelbrett-Schreibtisch an, der den nächsten Besuch beim Physiotherapeuten bewirkt. Wo liegt der Ausgang?

1.     Benedikt war der erste Organisationsentwickler

Führung ist ein Thema, das die Menschheit bewegt. Das ist gut daran zu erkennen, dass Google bei den Suchbegriffen Führung oder – noch imposanter – bei Leadership in einer halben Sekunde 120 Millionen bzw. 2 Milliarden Treffer auflistet. Bei einer so dramatischen Informationsüberversorgung stellt sich die Frage, wie man diese Flut weiter filtern soll, um die Inhalte mit echter Substanz, Nachhaltigkeit und dem Nachweis langanhaltenden Erfolgs zu finden? Wenn man nun weiß, dass ein Unternehmen, das erfolgreich 100 Jahre existiert, als sehr langlebig gilt und gleichzeitig der Orden der Benediktiner seit 1.500 Jahren nach seiner unveränderten Ordensregel lebt, dann rechtfertigt das eine hohe Aufmerksamkeit. Und spätestens, wenn man erfährt, dass die Regel Benedikts keine Regel für ein möglichst gottesfürchtiges Leben ist, sondern in erster Linie eine Anleitung für eine friedvolle und erfolgreiche Gemeinschaft, dann legt das eine nähere Beschäftigung mit diesem Werk nahe, auch für Menschen ohne Religionsaffinität. In den Inhalten der 73 Kapitel auf ca. 45 Seiten zeigt sich, dass Benedikt eigentlich einer der ersten Organisationsentwickler war und dass wir ein solches Regelwerk heute vielleicht eher als Code of Conduct oder als Satzung bezeichnen würden.

Regeln und Verhaltensweisen sind immer ein Spiegelbild der Aktualität. Insofern entstehen alte Regeln wieder neu, bekommen oft nur neue Etikettierungen. Mit der Regel Benedikts beziehen wir uns sozusagen auf die Ur-Regel der Organisationsgestaltung und -entwicklung. 

Es ist beeindruckend, welche Veränderungen in der Welt und in der Bewusstseinsentwicklung der Menschheit in diesen 1.500 Jahren stattgefunden haben und dass eine Organisation mit mehreren 10.000 Mitgliedern weltweit nach dieser Regel immer noch funktioniert. Das ist der offensichtliche Beleg dafür, dass Benedikt bereits sehr genau verstanden hat, wie der Mensch als Individuum und im Kollektiv funktioniert und was er braucht. Vor diesem Hintergrund formulieren wir die These: Wenn diese Regel so resilient gegen große und größte Veränderungen in der Welt war und ist, dann liefert sie auch eine sehr gute Orientierung für eine veränderungsreiche Zukunft.

Um dieses Potenzial zu heben und ein Bewusstsein für diese Regel zu verbreiten, haben wir ein "Benediktinisches Beraternetzwerk Sankt Ottilien" gegründet.        

2.     Impulse aus einer Klostergemeinschaft sind für Führungskräfte in weltlichen Organisationen relevant

Ja, es gibt strukturelle Unterschiede zwischen einer weltlichen Organisation und einer Klostergemeinschaft wie z.B.:

  1. Unternehmensgrößen meist zwischen 10 und 1 Million Mitarbeiter vs. Abteien mit eher weniger als 100 Mönchen
  2. Unternehmensalter meist zwischen 10 und 50 Jahren vs. Abteien mit bis zu 500 Jahren
  3. Meist Schwerpunkt auf Gewinnerzielung vs. gelingende Gemeinschaft
  4. CEOs von Eigentümern berufen vs. Abt aus den eigenen Reihen demokratisch gewählt
  5. Neueinstellungen nach ca. 2-3 Bewerbungsinterviews mit danach immer kürzeren Betriebszugehörigkeiten vs. Aufnahme erst nach ca. 1,5 Jahren Postulat und Noviziat, aber dann auf Lebenszeit

Trotz dieser eher strukturellen Unterschiede werden wir im weiteren Fortgang dieses Kapitels zeigen, dass es zu folgenden Aspekten so ähnliche oder gar gleiche Herausforderungen gibt, dass eine Übertragbarkeit auf moderne Organisationen zulässig und sinnvoll ist:

  1. Führung
  2. Gemeinschaft
  3. Koordination
  4. Kooperation

Unter diesen vier Perspektiven können deshalb viele Impulse aus der Welt der Benediktiner wert-voll für moderne Organisationen sein. Das zeigen einige Ausführungen des ehemaligen Erzabts von St. Ottilien und 2022 wiedergewählten Präses der gesamten Ottilianer Kongregation Jeremias Schröder, als er sich in „management: finest.finance!“ einmal „Gedanken zum Management aus benediktinischer Sicht“ machte. Diese lassen sich in den folgenden acht Aspekten besprechen und darin lassen sich auch jeweils enthaltene und auf moderne Organisationen übertragbare Werte benennen.

Benediktiner und Vielfalt

In Klöstern gibt es eine große Vielfalt zwischen den Brüdern und Schwestern und damit auch vielerlei Arten, Gott zu suchen. Solange das mit Maß geschieht und mit dem Leben in brüderlicher Gemeinschaft vereinbar ist, wird sich der kluge Abt eher an dieser Vielfalt freuen und versuchen, jeden Einzelnen auf seinem Weg zu begleiten, soweit es dabei einen Fortschritt gibt. Dass die Vielfalt der anvertrauten Mitarbeiter auch in modernen Organisationen groß ist, werden alle erfahrenen Führungskräfte bestätigen.

Darin enthaltene Werte:

  • Wir respektieren andere Menschen und Meinungen.
  • Wir deuten Andersartigkeit nicht mit Anderswertigkeit.
  • Wir achten auf das rechte Maß und die Ausgewogenheit.
  • Wir halten die Entwicklung der Menschen im Blick.


Psychologische Sicherheit notwendig für Leistung

Im Kloster entstehen Freiräume, weil es eine Lebensgemeinschaft ist. Die Gelübde begründen ein fast unauflösliches Verhältnis. Mönche leben ohne materiellen Existenzdruck (Abt und Cellerar mal ausgenommen), einfach, aber gesichert. Als Fehlstellung führt das bei einigen zur Faulenzerei und bei manchen zu einer kuriosen Aufmüpfigkeit, die manchen Abt innerlich ausrufen lässt: In einer Firma könntest Du Dir das nicht lange erlauben. Aber Klöster sind eben keine Firma, eher eine Familie, und in der muss man bekanntlich auch etwas mehr ertragen. Bei den meisten führt die psychologische Sicherheit aber wünschenswerterweise zum hingebungsvollen Einsatz. Ein solches familiäreres Verständnis könnte bei manchen modernen Organisationen durchaus zu einer „artgerechteren Haltung“ führen. Und die vielen Familienunternehmen leben das ganz praktisch und nicht nur metaphorisch.

Darin enthaltene Werte:

  • Wir sind bereit, langfristige Verpflichtungen füreinander einzugehen.
  • Wir sind genügsam.
  • Wir geben Sicherheit.
  • Was wir tun, tun wir mit ganzem Herzen.


Sinnerfüllung ohne Belastungsorientierung

Ein weiterer klösterlicher Freiraum ist, dass es keine Pensionsgrenze gibt. 80-Jährige stehen noch jeden Tag in ihrer Werkstatt oder sitzen an ihrem Schreibtisch oder gehen sonst wie Ihren Aufgaben nach, soweit sie noch können. Das gibt ihnen Freude, nicht nur das Gefühl, sondern die Bestätigung noch gebraucht zu werden und noch einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten zu können. Diese sinnerfüllten Tage lässt die Mönche im Durchschnitt deutlich älter werden als die „Zivilbevölkerung“ (der Begriff profane Bevölkerung wird gerne missverstanden und deshalb hier nicht verwendet). Andere sagen, das könnte auch am Zölibat liegen, aber das ist vermutlich nur eine nette Projektion.

Bei Betrachtung der Demographie, des Fachkräftemangels, der Sozialsysteme und Leistungsbereitschaft sowie -fähigkeit lebenserfahrenerer Menschen werden wir als Gesellschaft hier klosterähnliche Lösungen finden müssen, um als Gesellschaft zukunftsfähiger zu werden.

Darin enthaltene Werte:

  • Wir respektieren unterschiedliche Leistungsfähigkeiten.
  • Wir berücksichtigen die Bedürfnisse des Einzelnen, im Rahmen der Priorität der Gemeinschaft.


Die Begrenztheit des irdischen Lebens

„Leben als Sein zum Tode“ (Heidegger), gehört als Wesenszug wohl zu jeder Religion. Im Kloster soll es die Lebensform mitbestimmen. Das geschieht freilich nicht durch die Dekoration der Klosterzellen mit Totenköpfen, so wie das die Barockmaler gelegentlich darstellten. Es geschieht eher durch ein Ernstnehmen der befristeten Zeit. „Carpe Diem“, das alte „Pflücke den Tag“, kommt aus der gleichen Erkenntnis und ist als Appell nicht auf eine Klostergemeinschaft begrenzt.

Darin enthaltene Werte:

  • Wir achten darauf, aus unseren Talenten und Potenzialen etwas zu machen.
  • Wir streben keine Perfektion an, sondern das beste Ergebnis in der zur Verfügung stehenden Zeit.


Demokratische Wahl des Abtes

Der Abt wird von der ganzen Gemeinschaft gewählt, alle sonstigen Amtsinhaber im Kloster aber werden vom Abt eingesetzt, frei oder allenfalls nach einem beratenden Votum durch die Gemeinschaft. Dieses Konzept, eine Führungskraft demokratisch durch die Belegschaft wählen zu lassen, wird ja bereits seit zehn Jahren und in einigen Ländern im Falle einiger CEOs praktiziert.

 Darin enthaltene Werte:

  • Wir respektieren das Erkennen der Organisation, was und wen sie braucht.
  • Wir glauben, dass dieses Erkennen Eingebungen folgt, wenn man sich dafür öffnet.


„Lebenslänglichkeit“ zwingt zur nachhaltigen Klärung – Aussitzen ist keine Option

Benediktiner haben „lebenslänglich“. Der üblicherweise auf Lebenszeit gewählte Abt und auch die Mönche mit ewigen Gelübden bilden eine Lebensgemeinschaft, das heißt, sie gehen davon aus, dass sie es bis zum Lebensende miteinander aushalten müssen. Konflikte werden deshalb nicht bis zum Äußersten getrieben. Es gibt ja nicht das Ziel / die Option, jemanden zum Austritt zu bewegen oder zu übertrumpfen. Dieses Konzept birgt auch das Risiko der Prokrastination („Das kann ich später noch regeln. Ich habe ja mein Leben lang Zeit dafür“), aber der andere Effekt aus der Unausweichlichkeit scheint doch zu überwiegen („Ich kann dieses Problem nicht in zwei Jahren meinem Nachfolger übriglassen, damit der sich gleich beweisen kann.“).

Durchschnittliche Amtszeiten von Führungskräften mit nur 2-3 Jahren werden auch zunehmend von Organisationswissenschaftlern und Praktikern kritisiert, weil die Zeiträume in vielen Fällen kaum reichen, um volle Wirksamkeit zu entfalten und am Ende zumindest überwiegend die selbstverursachten Ergebnisse zu vertreten.

Darin enthaltene Werte:

  • Wir packen an, was ansteht, wenn es ansteht.
  • Wir achten auf unsere Beziehungen.
  • Wenn wir Menschen treffen, bemühen wir uns, ihnen auch zu begegnen.


Kollektive Intelligenz für den Abt - Beratungszwang                

Das Kapitel (alle Mönche mit ewigen Gelübden) muss zustimmen, wenn ein junger Bruder zur Ablegung der zeitlichen oder ewigen Gelübde zugelassen werden soll. Und das Kapitel muss sein Einverständnis geben, wenn eine wichtige, große, neue Aufgabe übernommen oder eine erhebliche Investition getätigt werden soll. Diese Art, andere Perspektiven in Entscheidungen einfließen zu lassen, ist gerade in veränderungsreichen Zeiten so wichtig, weil sie der Tendenz entgegenwirkt, unsere eigene Sicht auf die Realität für die Realität zu halten und dabei nicht zu erkennen, dass wir nur einen Ausschnitt sehen können. Interessanterweise haben viele Menschen Probleme mit dieser Offenheit, obwohl sie selbst schon mehrfach fundamentale Perspektivenwechsel erlebt haben. Sie glaubten, in einer neuen Welt zu leben, obwohl sich offensichtlich nur ihre Perspektive verändert hat. Beispiele gefällig? Erste Liebe, Universität nach Schule, Vollzeitarbeit nach Schule, Partnerschaft, Kindersegen, Krankheit, Amtsübernahme, …

Die Berücksichtigung auch anderer Ausschnitte erhöht einfach die Qualität der Entscheidungen. Kurt Tucholsky sagt: „Dies ist, glaube ich, die Fundamentalregel allen Seins: Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders.“

Darin enthaltene Werte:

  • Wir akzeptieren unsere Begrenztheit, die Realität zu sehen.
  • Wir schätzen die Vielfalt.
  • Wir schaffen Transparenz, besonders vor Entscheidungen.
  • Wir schätzen die Weisheit der Vielen.


Der Abt ist Manager und auch Personalentwickler

Die Äbte geraten häufig genug in die Gefahr, sich als Manager ihres Klosters zu verstehen, und müssen dies ja auch leisten. Das vorgegebene Bild der Regel und ihre Tradition aber ist das eines Hirten, der die Verwundeten heilt und die Verirrten auf den rechten Weg zurückbringt. Der größte Spielraum äbtlichen Handelns liegt gerade in diesem Bereich der persönlichen Führung der Mönche: Bei der Entscheidung über die Aufnahme junger Interessenten, bei der Zulassung zur Ablegung der Gelübde, bei der Gestaltung des Ausbildungsweges und des späteren Einsatzes. Vielerlei Sachzwänge spielen da auch eine Rolle, aber trotzdem liegen hier der größte Freiraum und die größte Verantwortung. Der Abt versucht, jeden Mitbruder entsprechend seinen Neigungen und Fähigkeiten einzusetzen, aber wesentlich sind die Bedürfnisse der Gemeinschaft – eine der Grundfesten der Benediktiner.

Darin enthaltene Werte:

  • Persönliche Führung der Menschen ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben.
  • Wir geben den Menschen eine Ahnung von der Größe, zu der sie berufen sind.
  • Die Gemeinschaft steht über dem Einzelnen.


3.     Benedikt ist ein vorteilhafter Coach für moderne Führung und stiftet hohen Nutzen

Die Basis unseres Ansatzes als benediktinisches Beraternetzwerk ist der benediktinische Humanismus, unsere Werkzeuge sind modernes Wissen für Führung von Menschen und Organisationen.

Unser Ziel ist eine positiv-bejahende Unternehmer-Kultur mit nachhaltigem Bewusstsein und werte-orientiertem Denken, die uns das Gefühl gibt, wieder wirksam zu sein und aufrecht zu gehen.

Der Vorteil dieser benediktinischen Werteorientierung ist: Wir arbeiten mit nachgewiesenermaßen langfristigen Erfolgsmodellen zu Persönlichkeitsentwicklung, Kooperationskultur, Organisationsverständnis und attraktiven Zielbildern.

Und dieser Vorteil übersetzt sich in einen Nutzen, der im Wesentlichen aus vier Komponenten besteht:

  1. Höhere Erfolgsquote von Veränderungsprojekten
  2. Schnellere positive Effekte
  3. Größerer Betriebsfrieden
  4. Höhere gesellschaftliche Akzeptanz als Unternehmen und Arbeitgeber

Der Erfolg kommt dann also fast automatisch!


4.     Unsere 10 (An)Gebote

Als benediktinisches Beraternetzwerk werden wir gerne gefragt, worin sich das Benediktinische in unserer Arbeit ganz konkret zeigt.

Deshalb haben wir aus der Regel Benedikts zehn heute aktuelle (An)Gebote abgeleitet und formuliert, die unseren Überzeugungen entsprechen und die modernen Führungskräften Orientierung geben können. Wir nennen sie bewusst Angebote, weil uns das Führen über Angebote zeitgemäßer erscheint, als über Gebote oder gar Verbote.

Wir ordnen diese (An)Gebote den vier Themenbereichen Führung, Kultur, Strategie und Effekte zu, denn:

  • Nur gute Führung schafft eine Kultur für Kooperation und Leistung.
  • Nur eine Kultur, die Menschen mitnimmt, ermöglicht Strategieumsetzung.
  • Nur eine wirkungsvoll umgesetzte Strategie resultiert in realen Effekten.
  • Nur ganzheitliche Ziele und Effekte ergeben sinnstiftende Arbeit für alle.
  • Deshalb beginnen wir bei und mit den Menschen und bei der Führung.

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10 (An)Gebote für eine moderne, benediktinisch geprägte Führung

David Rohrmann

Collective Intelligence Consultant, Management Philosopher, Business Ethics Lecturer, Speaker, Author

2 Jahre

Sehr spannend, danke fürs Teilen!

Christoph Heumos

CO-Founder Korosho GmbH

2 Jahre

Es ist wirklich beeindruckend, dass nach 1.500 Jahren eine Organisation mit mehreren 10.000 Mitgliedern weltweit immer noch nach den Werten der Regel des Benedikt funktioniert.

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