- OEM vergibt Bauteil einer Baugruppe an einen Lieferanten
- Der Lieferant möchte den Artikel extern bei einem Dienstleistungswerkzeugbau fertigen lassen
- Der Lieferant möchte das Wellness-Paket mit herstellgerechter Auslegung des Artikels des OEM und allen Korrekturschleifen inkludiert.
- Eine entscheidende Bedingung: Der Lieferant gibt vor, dass die Vermessung des Bauteils inhouse erfolgen muss. Dabei wird das Teil jedoch gegen das Anfrageteil des OEM vermessen - nicht gegen den durch den Formenbauer optimierten, DFM-gerechten Artikel, der im Rahmen des Wellness-Pakets erarbeitet werden soll
- Werkzeug/Formenbauer bekommt die Bestellung und schreibt innerhalb der Frist von 2 Tagen die Auftragsbestätigung
Da kann der Korrekturprozess noch so gut strukturiert sein - dies Projekt wird ein weiteres Paradebeispiel der deutschen, automobilen Lieferantenkette.
- Dem Lieferanten ist das Dilemma natürlich bewusst (sollte es zumindest sein). Er wird jedoch einen Teufel tun, den OEM dazu zu bewegen den "herstellbaren" Artikel in seine bestehende Baugruppe einzubringen und die Freigabe der Baugruppe erneut durchzuspielen.
- Ähnliche Herausforderungen treten auch in internen Organisationen auf, insbesondere bei Eigenprodukten außerhalb des Automobilbereichs. Intern können solche Probleme jedoch durch Organisationsentwicklung häufig leichter gelöst werden.
Analyse auf der Makro Ebene
Über die Jahre hat sich im Automobilsektor eine signifikante Verlagerung von Verantwortlichkeiten ergeben:
- OEMs geben mehr Baugruppen in die Lieferantenstruktur ab.
- Lieferanten entwickeln sich von reinen "Stahllieferanten" hin zu Prozesslieferanten für fertigungsfähige Artikel.
die Folge: es kommt zu WIN-WIN Situation für den OEM
- er benötigt keine Ressourcen mehr, um die Herstellbarkeit der Anfrageartikel darstellen zu können (das spart Kosten).
- Er verlagert den gesamten Prozess in sein Projektmanagement und von dort aus in die Lieferantenkette, samt des Risikos für die Artikel, Termin und Kosten.
- Die Anforderungen an den Artikel sind nun per Artikelzeichnung definiert und nicht mehr über einen DFM Prozess - der liegt ja nun beim Lieferanten
Der Prozess verteuert zwangsläufig alle Baugruppen + Termine sind durch freifliegende Korrekturphasen schwer zu halten. In letzter Konsequenz wird damit auch das Endprodukt weiter in den Herstellkosten nach oben getrieben.
Die Margen der Lieferanten erodieren nun bis hinauf zur Tier 1 Ebene - welchen Anteil das obige Szenario daran hat ist schwer zu quantifizieren. Die Vielfalt an Austattungsvarianten für Modelle deutscher Automobilhersteller ist zudem wenig hilfreich: Die Abstimmung und Koordination der Baugruppen in Technik, Software und Elektronik multipliziert die Kostentreiber.
Sicher ist aber, es geht auch anders. Ein Blick über die Grenzen genügt (siehe Bild oben). Dort ist es in den meisten Fällen normal, dass die Verantwortung für Inhalt und Beauftragung einer Korrektur beim Besteller liegt.
- sofern kein existierendes Freigabe Modell im Sinne eines Referenzmodells vorliegt, sollte keine Verantwortung für die Korrekturphase übernommen werden
- Falls ein Referenzmodell des Artikels vorliegend ist, muss der Messprozess eindeutig spezifiziert sein.
- Wieder etwas mehr wagen und nur "Stahllieferant" sein - sofern die DFM Phase nicht schlüssig abgeschlossen ist
- Zielsetzung: ein "glattgezogener" Prozess in der Anfragephase. Davon profitieren alle Beteiligten: Termine werden gehalten, Korrekturen sind besser planbar - und damit auch Kosten.
Die Aufgabe ist nicht so zu verstehen nun jedes, nicht klar spezifizierte, Projekt abzulehnen! Vielmehr kann jedes der genannten Probleme als Chance für eine Verbesserung des gesamten Projektprozesses verstanden werden.
Wie diese Situation sich auf beiden Seiten Lieferant und Werkzeug/Formenbauer systematisch aufbrechen läßt, erfahren Sie z.B. auf den Seminaren der Dr. R. Zwicker TOP Consult GmbH.