Die verkettete 444-Montagelinie: Eine Erfolgsgeschichte über Partnerschaft
Was bedeutet Partnerschaft in der praktischen Umsetzung? Wie geht echte Zusammenarbeit? Diese Praxisgeschichte unserer 444-Montagelinie hat mir gezeigt, worauf es wirklich ankommt.
Die Geschichte beginnt mit der Anfrage eines Neukunden: Eine Montagelinie zur Bearbeitung einer komplexen Interieur-Baugruppe im Automotive. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie begeistert ich war. Das sind die Projekte, auf die man als Automatisierer hinarbeitet. Ein Projektvolumen, wie wir es zuvor noch nicht hatten. Entsprechend groß war mein persönlicher Ehrgeiz, denn mit solchen Projekten verdient man sich als junges Unternehmen seine Sporen.
Die Gespräche mit dem Kunden liefen gut. Das Projekt war klar umrissen, und die Anforderungen des Endkunden - ein großer Automobilhersteller - präzise formuliert. Mir lag ein ausführliches Lastenheft als Rahmen vor. Damit ging ich in die Konzeptionsphase.
Sind wir Zulieferer oder Partner?
Nach Sichtung der Produktionsumgebung und innerhalb der technischen Konzeption kam ich zu dem Ergebnis: Die im Lastenheft beschriebene Lösung stellt nicht das Optimum für den Kunden dar. Was also tun? Sie können sich sicherlich vorstellen, dass die Entscheidung keine leichte für mich war. Auf der einen Seite weiß ich: Die besten Automatisierungen entstehen aus der Kombination der Kompetenz des Kunden (Wissen zum Produkt und Prozess) und unserer Kompetenz als Automatisierer (Know how zu Automatisierungstechnik). Auf der anderen Seite war es mir enorm wichtig, dieses Projekt und den Neukunden für uns zu gewinnen. Gedanken schwirrten mir im Kopf herum:
Der Weg zu einem neuen technischen Konzept:
Unternehmerische Risiken sind part of the game. Außerdem positionieren wir bei LMZ uns als "partnerschaftlich". Ein solches Versprechen gilt es nicht nur nach außen zu kommunizieren, sondern auch im eigenen Handeln einzuhalten.
Ich fing also an, eine Alternative zur im Lastenheft beschriebenen Lösung zu erarbeiten. Einige Rahmenparameter konnten natürlich übernommen werden, doch der Grundgedanke war, noch einmal auf einem weißen Blatt Papier zu beginnen. Bauteilgeometrie unter die Lupe nehmen. Bisher händisch umgesetzte Prozesse automatisieren, um Kapazitäten unter den Werkern freizumachen. Anlagen und Prozesse so zueinander austakten, dass optimale Laufwege und Zeitabfolgen entstehen. Ich wollte einen ausgereiften One-Piece-Flow.
Das Ergebnis: Eine Erhöhung des Automatisierungsgrades um 40%, was trotz höherer Investitionssumme zu einem frühzeitigeren ROI (Return on Investment) führen würde. Mein Konzept und Angebot stand, doch es gab ein Problem: Die Lösung existierte nur auf dem Papier.
Theorie vs. Praxis
Das Alternativkonzept war nur ein Bruchteil der eigentlichen Arbeit. Warum sollte ein Neukunde mir glauben, dass die neue Lösung funktioniert? Er kennt uns noch nicht im Detail, weiß nicht, wie wir arbeiten. Warum also ein so hohes Risiko bei dieser Investitionssumme eingehen?
Auf dem Papier war die Lösung ein klarer Fortschritt. Auch hatte ich bereits eine 3D-Visualisierung beigefügt, um das Resultat zu veranschaulichen. Doch hier brauchte es ein höheres Level an Vertrauensaufbau. Jeder, der bereits Projekte in der industriellen Automatisierung umgesetzt hat, weiß: Theoretische Konzepte und tatsächliche Praxis können mitunter sehr unterschiedlich sein. Ob Fehlkalkulation realer Produktionsbedingungen, oder das Nichtbeachten kleiner Details - es gibt viele Fehlerpotenziale auf dem Weg vom Papier in die Realität.
Die Lösung: Ein Workshop zur Evaluierung des Konzeptes
Wenn Sie mich fragen, was der entscheidende Faktor war, der dazu führte, dass wir das Projekt für uns gewinnen konnten, ist meine Antwort klar: Dieser Workshop.
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Es galt Vertrauen zu schaffen. Ich wollte den Kunden überzeugen, dass das entwickelte Automatisierungskonzept den reellen Anforderungen standhält. Der naheliegende Weg, um dies zu beweisen: Wir simulieren die Realität so präzise wie möglich. Entsprechend wurden alle verantwortlichen Projektleiter des Kunden zu einem gemeinsamen Workshop im Hause LMZ eingeladen. Wir mussten kreativ werden:
Alle Bestandteile haben wir auf Basis des technischen Konzeptes vorbereitet, sodass ein gemeinsamer Test durchgeführt werden konnte. Durch den konstruktiven Input beider Seiten waren wir in der Lage, das Konzept zu evaluieren, die höhere Investition zu argumentieren, und das immens wertvolle Vertrauen aufzubauen. Dank des höheren Automatisierungsgrades und des frühzeitigeren ROI konnten die Projektleiter des (jetzt offiziellen!) Neukunden das Budget auch intern argumentieren und freigeben.
Für uns als Team, und für mich persönlich war dies ein außergewöhnlicher Meilenstein. Neukundenakquise und das Gewinnen von Projekten gehören zwar zum Alltag im Vertrieb - die Kombination aus "Neukunde" und diesem Projektvolumen betrachte ich dennoch als besonderen Erfolg. Entsprechend haben am Tag der Auftragsvergabe die Korken geknallt!
Das Ergebnis: Die verkettete 444-Montagelinie
Die Aufgabe der verketteten Montagelinie ist die teilautomatisierte Durchführung diverser Montage- und Prüfprozesse, um in Summe über 30 Einzelkomponenten zu einer komplexen Automotive-Interieur-Baugruppe zu vereinen. Insgesamt 10 Anlagen (9 Anlagen von LMZ + eine kundenseitig bereitgestellte Anlage) arbeiten mit 5 Werkern zusammen. Der Werkeranteil wurde durch das neue Konzept von 9 auf 5 reduziert (siehe 3D-Visualisierung). Die Montagelinie besteht aus folgenden Bestandteilen:
In Summe laufen 65% der Prozesse automatisiert. Die restlichen Prozesse sind im Sinne einer maximalen Wirtschaftlichkeit mit Werkeranteil ausgelegt, wobei sämtliche Verschwendung (Wartezeiten, Laufwege, etc.) aus dem Prozess ausgeschlossen wurde.
Mein persönliches Fazit:
Sicherlich hat Sie meine Entscheidung für ein alternatives Konzept nicht überrascht. Eine Erfolgsgeschichte lässt sich im Nachhinein immer prima erzählen. Innerhalb des Entwicklungsprozesses war der Ausgang dieser Geschichte jedoch unklar. Mich persönlich hat es in einem unternehmerischen Grundsatz bestätigt, und diesen fest in mir verankert:
Echte Partnerschaft ist zu Zeiten ein Mehraufwand. Der Blick über den Tellerrand kann unangenehm und risikoreich sein. Doch es lohnt sich. Der Schlüssel liegt in einer offenen Kommunikation und einem ehrlichen Umgang. Dazu gehört beidseitige Wertschätzung für die Kompetenz des Gegenüber, sodass ein konstruktives Diskussionsklima entsteht.
Wenn zwei Seiten zusammenkommen, und ihre Kompetenzen bündeln, kann etwas Großartiges entstehen. Mit Mut zu neuen Wegen gelingt echte Innovation. Aus diesem Grund bin ich stolz auf unser Team, stolz auf das Vertrauen und die tolle Zusammenarbeit mit dem Kunden, und nicht zuletzt stolz auf das Ergebnis der verketteten 444-Montagelinie.
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2 JahreStark! 👍🏻
⚙️Vollblut-Zerspaner | 📱>160.000 Follower auf Social Media | 📔 Autor von „Lohnfertigung mit System“, dem Fahrplan zu höheren Stundensätzen.
2 JahreStark! 👍 Das höhere Risiko führt nicht jedes Mal zum Erfolg. Wenn es aber klappt hat der Kunde ein besseres Ergebnis und man selbst ein besseres Gefühl, weil man genau weiß, dass man das Richtige gemacht hat. Mein Glückwunsch zu diesem Erfolg.