"A" wie Auswerten
Liebe Leser
… und nun sind wir auch zu unserem letzten «Buchstaben» angelangt.
Heute – zum letzten Mal - greife ich ein paar Gedanken zum Thema IPERKA auf. Wir fahren fort mit dem Buchstaben „A“.
„A“ steht für Auswerten. Was soll in dieser Phase der Lernende konkret machen? Was sollen wir Berufsbildner in dieser Phase konkret tun? Die Phase der Auswertung ist – aus meiner Sicht – die wichtigste Phase, damit die Lernenden über ihre Handlungen nochmals nachdenken können und schlussendlich diese in Ihrem Verhaltensrepertoire aufnehmen oder überdenken können.
Diese Phase der Auswertung ist für den Lernenden insofern wichtig, weil es ihm erlaubt strukturiert nachzudenken, was er vollzogen hat. Hier leisten wir Berufsbildner einen entscheidenden Beitrag zur Reflexion, indem wir offene Fragen stellen und die benötigte Zeit dafür gewähren, über die Fragen gründlich nachzudenken und eine Antwort darauf zu geben.
Welche offenen Fragen sind «gute» Fragen? Die Qualität einer offenen Fragen zeigt sich daran, dass der Lernende eine gewisse Zeit für die Beantwortung benötigt. Gute, offene Fragen regen das Denken an. Benötigen die Lernenden eine gewisse Zeit, um sie zu beantworten und kommt somit die Antwort nicht «schnell wie eine Kanonenkugel», dann war die Qualität der Frage «gut».
Welche Gefahren lauern für uns Berufsbildner in dieser Phase der Auswertung?
· Wir stellen geschlossene Fragen und somit kommt kein Gespräch zustande. Die Lernenden fühlen sich mehr in einer Art «wertendes» Verhör verwickelt, als in einem konstruktiven Gespräch.
· Wir formulieren die Fragen so, dass sie suggestiv sind. Beispiel «Bist Du auch der Meinung, dass …» und somit steuern wir bewusst oder unbewusst die Antworten.
· Wir fragen zu wenig nach, wenn die Antworten «zu allgemein» gegeben werden. Ein Beispiel: «Wie beurteilst Du deine Leistung?». Antwort des Lernenden: «Gut». An dieser Stelle sollten wir nachhacken: «Woran erkennst Du konkret, dass Du die Leistung «Gut» ist? Welche positiven Punkte konntest Du feststellen?»
· Wir achten zu wenig darauf, ob der Lernende die Punkte in seiner Dokumentation festhält. Die selbstgemachten Beobachtungen festzuhalten, ist ein wichtiger Teil des individuellen Lernprozesses. Deswegen sollen wir es aktiv einfordern.
Welche Gefahren gibt es für die Lernenden?
Reflektieren und die Reflexion im Allgemeinen kann für die Lernenden ziemlich «esoterisch» daherkommen. Aus diesem Grund soll diese Phase der Reflexion gut eingeführt werden. Es geht hier nicht darum, weder diese Phase zeitlich so zu strapazieren, dass es zu «einer Qual» wird, noch mit unzähligen «weichformulierten» Fragen zu überfüllen, sondern viel mehr, die wichtigen Lernmomente aus einer Aufgabe und deren Ausführung kurz zu besprechen und festzuhalten.
Diese Phase soll motivierend gestaltet werden, indem man gezielt auf die Erfolgsmomente baut, denn Erfolge stärken die Selbstmotivation und das Selbstwertgefühl. Gleichzeitig sollten wir die misslungenen Handlungen mit offenen Fragen hinterfragen, denn wir lernen aus unseren Fehlern und Handlungen. Fehler sind ein wichtiger Bestandteil unseres Lernprozesses. Wenn man Fehler anspricht, sollte man darauf achten, dass man sie weder «verteufelt», noch «wertet». Gute, offene Fragen hier sind: «Was hättest Du anders machen können? Aus welchem Grund glaubst Du, dass dies nicht funktioniert hat? Wer oder was hätte Dir zu einer erfolgreichen Zielerreichung geholfen?»
Bei «IPERKA» bitte immer daran denken, dass wir uns Berufsbildner in einer neuen Rolle bewegen. Wir fordern und fördern das eigenständige Lernen und Denken und wir sollten uns somit mit «gutgemeinten» Tipps und Ratschlägen extrem zurückhalten.
Wünsche euch besinnliche Festtage und alles Gute im neuen Jahr.
Liebe Grüsse
Cristian Moro
Nimm dir den Raum zum Lernen. Erwachsenenbildung ein Erfolgsfaktor.
5 JahreGeschätzter Cristian, du unterstreichst sehr wichtige Punkte. Wollen wir unseren Kursteilnehmern/innen Mehrwert fürs Leben und Beruf mitgeben, soll die Reflexion nicht oberflächlich, sondern persönlich und nachhaltig sein. In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Spass an der Arbeit, Gesundheit fürs Leben und unterstützende Freunde zur Musse im 2020. 😉