WIE TRANSFORMATION IN ORGANISATIONEN GELINGEN KANN
Die Geschichte Europas ist eine Geschichte der Ingenieurskunst und Manufaktur, Leuchttürme wie Siemens, VW, Daimler oder Bosch Garanten für Wachstum und Jobsicherheit. Einem planbaren, sicheren und stabilen Marktumfeld angepasst, wurden Organisationen einem Tanker ähnlich gebaut, schwerfällig, langsam, aber stabil.
Auf einer Pyramide der „Chef“, an den delegiert wird, um zu entscheiden, zu planen und zu kontrollieren. Mitarbeiter haben gelernt „zu funktionieren“, Verantwortung abzugeben, sich anzupassen und kritisches Hinterfragen zu lassen. Das war die Basis für den Erfolg von gestern, gleichzeitig aber das größte Hindernis für den Erfolg von Morgen.
"INNOVATIONSKINO" OHNE TRANSFORMATIVE KRAFT
„Start Ups“ Kooperationen, Beteiligungen an Innovation Hubs, Einführung von agilen Methoden wie Scrum oder Design Thinking sollen es richten, scheitern aber oft. Beteiligte wissen einfach nicht, wie man die völlig neuen Arbeitsweisen praktisch umsetzt und gedanklich füllt. Das Ergebnis ist oft ein Scheitern vieler Projekte, interner Widerstand macht sich breit, zu groß sind oft dieKulturunterschiede zwischen Konzernen und Start Ups.
Was bleibt sind oft hohe Kosten und frustrierte Mitarbeiter. William Whyte hat in seinem Klassiker „The organizational man“ bereits 1957 genau die Persönlichkeitsstruktur von Menschen beschrieben, die in Organisationen gefördert wird. Organisationen begünstigen oft angepasste Ausführungsmanager, ohne Mut und Konfliktfähigkeit. Dabei bleiben oft Mut und Risikobereitschaft auf der Strecke, die gerade für Innovationen im digitalen Wandel nötig wären.
Menschen halten an erlernten Mustern fest, die sich wie Landstraßen oft über Jahrzehnte im Gehirn eingegraben haben, was in Summe ein stabiles und veränderungsresistentes Mindset ergibt. Daher benötigt es einen tiefgreifenderen Mindshift, der vor allem eines benötigt: Geduld, Mut und vor allem Zeit.
ÜBERHEBLICHKEIT UND IGNORANZ
Bestes Beispiel ist Kodak, das als Weltmarktführer von der eigenen Erfindung der digitalen Kamera disruptiert wurde und 2012 Konkurs anmelden musste (10 Jahre davor noch das 4. wertvollste Unternehmen der Welt). Selbstgefällig, überheblich und vom Erfolg verwöhnt, ignorierten Kodak Führungskräfte Entwicklungen und rannten in den Abgrund.
Notwendige Veränderungen können nur gelingen, wenn sie authentisch und glaubhaft von der Unternehmensleitung gelebt werden, wie: Weg von einer Pyramide, hin zu flachen und eigenverantwortlichen Strukturen. Weg von krankmachenden Sitzungskulturen, hin zu Ergebnisorientierung. Weg von Organigrammen und Machtstrukturen, hin zu Eigenverantwortung. Weg von regulierten und langsamen Prozessen, hin zu kurzen Sprints und raschen Prototyping. Weg von Kontrolle, hin zu Vertrauen.
Innovation gelingt nicht mit Jasagern, sondern entsteht in der Reibung, in der Auseinandersetzung, in der Entfaltung seiner zerstörerischen Kraft, wie der österreichische Ökonom Schumpeter beschrieben hat. Dies wird zwar akademisch oft betont und zitiert, wenn es dann aber um das Loslassen bestehender Konzepte geht, tun sich alle schwer. Innovation benötigt Mitarbeiter die Dinge hinterfragen, sich einer ehrlichen Auseinandersetzung zu stellen, Ausdauer und Risikobereitschaft zeigen.
7 Schritte für Transformation im digitalen Wandel
1. VERHALTEN FOLGT STRUKTUR UND VICE VERSA
Flache Hierarchie und kleine Teams: selbstorganisierende Teamgrößen von 3 – 9 MitarbeiterInnen, wo in kurzen „Sprints“ (1 – 2 Wochen) nur Ergebnisse ohne Pseudoinnovationen zählen. Nach jedem Sprint werden keine „ Schuldigen gefunden“, sondern konkrete Maßnahmen für die Prozessverbesserung vereinbart. Daily Stand Ups garantieren täglich, dass man auf der Spur bleibt.
2. KOLLABORATION UND TRANSPARENZ
Allen ist bewusst, dass Planung nur in einem gewissen Rahmen möglich ist. Kein Aufwand für falsche Planungen, sondern radikale Transparenz, damit alle über alles Bescheid wissen. Visualisierung hilft Arbeit sichtbar zu machen. “Silos “müssen radikal abgebaut, nicht via open spaces sondern vor allem im mindset. “Pay it forward” kennt man bei uns in Europa nicht, es bedeutet - ich gebe erst einmal von mir. In Europa sitzen wir gerne auf seinem Hühnerhaufen und haben Angst, dass ein anderer etwas wegnimmt.
3. FÜHRUNGSKRAFT
Ist nicht dazu da, Aufgaben zu verteilen und zu kontrollieren. Führungskraft ist für die großen Leitlinien da, es kommuniziert und räumt für die Teams Widerstände für effizientes und produktives Arbeiten aus dem Weg . Führungskraft ist ein Coach, der durch seine Persönlichkeit eine Kultur entwickelt, wo Raum ist für Widerspruch, Offenheit, Transparenz und Eigenverantwortung entstehen kann.
4. “RICHTIGE” MITARBEITERINNEN EINSTELLEN
Fachqualifikation ist zweitrangig, was zählt sind Adaptionsfähigkeit und Agilität, also die Fähigkeit, hungrig zu bleiben, lernen zu wollen. Gefragt sind Mut und Konfliktfähig - vor allem aber Hunger und Neugier, etwas verändern und beitragen zu wollen.
5. AGILITÄT BEDEUTET EIGENVERANTWORTUNG
Dies ist keine neue Managementmethode, um erfolgreicher im Team zu werden. Es ist eine Haltung, wie ich als Führungskraft und MitarbeiterInnen in der Welt sein möchte. Mit Scheinaktivitäten oder in lebendiger und echter Beziehung zu den MitarbeiterInnen, mit Schönfärberei oder in Offenheit und Risikobereitschaft, mit Angst bzw. Geschäftigkeit oder in der Bereitschaft zu scheitern, damit zu wachsen und erfolgreich zu bleiben.
6. NEUE PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN
Unternehmer im Silicon Valley kommen sofort ins Tun und probieren aus - bei uns “kläglich Scheitern” genannt. Von der Idee zum ersten Prototyp dauert es oft nicht länger als 6 Wochen bis der Kunde das Produkt testen kann (MVP - Minimal Viable Product). Es wird permanent Feedback eingeholt, das Produkt angepasst und oft auch das gesamte Geschäftsmodell geändert - "pivoten" genannt. "Pivot" ist der Drehpunkt, die ursprüngliche Idee wird gedreht, gleichzeitig Altes losgelassen. Rasche Scheitern ermöglicht schnelles Lernen.
7. NEUE GESCHÄFTSMODELLE
Die mittelständische Industrie muss sich neue Geschäftsmodelle überlegen, B2B Plattformen greifen bestehende Wertschöpfungsketten an. Salestrategien, Workflows oder Organisationsstrukturen müssen angepasst werden, alles beginnt aber beim Mindset.
WAS KÖNNTEN ORGANISATIONEN UND FÜHRUNGSKRÄFTE KONKRET NOCH TUN?
Organisationen müssen heute Mitarbeiter in Lernzonen fordern und einen Hunger wecken, um „dran“ zu bleiben.
Um einen Mindshift zu ermöglichen, müssen Führungskräfte bestehende Muster durchbrechen. Sie müssen Lernräume schaffen, wie wir von Anderen lernen können. wo Scheitern nicht nur möglich ist, sondern als Lernmöglichkeit erfahren wird, um zu wachsen und besser zu werden. Konkrete Möglichkeiten dazu wären:
- Peer Counseling Gruppen
Seit 2015 sorgen die von John Stepper entwickelten „Working Out load“ Sessions bei globalen TOP Unternehmen für Furore. Dabei geht es um einen strukturierten Dialog, den eine kleine Gruppe von Führungskräften über einen bestimmten Zeithorizont in regelmäßigen Abständen durchführen. In unseren Art of Life Masterclasses setzten wir seit Jahren das gleiche Prinzip an, wo jeder Schüler Lehrer ist und wir von Anderen lernen.
- Learning Journeys:
Mit Silicon Valley Learning Journeys befördern wir Führungskräfte aus der Komfortzone in Lernzonen, da die Teilnehmer in völlig anderen Kulturen mit den besten Unternehmen der Welt in den Dialog treten müssen. Wir erfahren New Work und lernende Organisation in den Unternehmen, die es seit Jahren erfolgreich umgesetzt haben.
- Unternehmenstheater:
Die Bühne ist eine sehr effektive Möglichkeit, um eingefahrenen Muster zu erkennen, neue Handlungsoptionen zu erfahren und damit überholte Unternehmenskulturen zu transzendieren. Der Brennpunkt Bühne hat immer eine hohe Ladung und Energie, Pseudoverhalten wird klar ersichtlich und im spielerischem Umgang wird Wachstum in Gruppen möglich.
Wir brauchen uns in Europa überhaupt nicht zu verstecken. Im Gegenteil, wir haben ein hohes Bildungsniveau, TOP qualifizierte Techniker, ein stabiles Umfeld - aber eben nicht dieses Mindset, das wie eine DNA bei jeder Begegnung im Silicon Valley spürbar wird.
Wenn wir uns in Österreich auf dieses Mindset einstimmen können, dann ist auch hier alles möglich.
Autor: Mag. Werner Sattlegger, Founder und Director Art of Life, lebt und arbeitet in Klagenfurt und San Franciscos
Tips:
Wenn Sie lernen wollen wie sie dies konkret umsetzen können, dann gerne bei unserer nächsten Silicon Valley Learning Journeys 2020.
Literatur:
Christoph Keese, “Was aus dem anderen Tal der Erde auf uns zukommt” (2016)
Autor: Mag. Werner Sattlegger, CEO und Founder Art of Life
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