Wie werden wir Agil? = die falsche Frage!

Wie werden wir Agil? = die falsche Frage!

Immer wieder höre ich von Kunden und Teilnehmern ähnliche Fragen: „Wie können wir agiler werden?“ – „Wie führe ich agil?“ – „Wie müssen wir uns aufstellen, um agil zu sein?“ – oder besonders gern genommen: „Wie schaffen wir ein agiles MindSet?“

Vielleicht beschäftigen Sie sich selber mit ähnlichen Fragen?

Dann bitte VORSICHT ! Aus 2 Gründen sind es aus meiner Sicht die falschen Fragen:

1. Niemand kann eindeutig klären, was „agil“ nun eigentlich sein soll. Ein Scrum-Team wird die Frage sicherlich anders beantworten als ein Personal- oder Organisationsentwickler. Eine Führungskraft hat vermutlich eine andere Definition als ein Mitarbeiter oder der Betriebsrat. Selbst ein Blick in die Literatur liefert keine Eindeutigkeit - im Gegenteil allein bei Google produziert der Begriff Agilität 1.440.000 Treffer. Es verblüfft mich immer wieder, wie viel Energie in der Auseinandersetzung mit dem Thema Agilität damit gebunden wird herauszufinden wer denn nun richtig liegt. Was wohl möglich wäre, würde diese Energie sinnvoller genutzt? Für mich steht jedenfalls fest - wenn etwas so unklar ist wie Agilität, dann ist die Frage wie man es wird nicht passend.

2. Trotzdem scheint man aktuell einfach agil sein zu müssen. Gefühlt sind alle auf dem Weg zu (mehr) Agilität.  Da ist es doch nur logisch zu fragen: „Wie werden wir (auch) agil?“, oder? Ich kenne viele Beispiele, in denen Srum, Dailys, Task-Boards (natürlich möglichst mit PostIts) und viele andere vermeintliche Zauberinstrumente aus dem agilen Universum eingesetzt werden, OHNE dass Agilität entsteht und noch schlimmer OHNE dass es sinnvoll ist. Das ist der zweite Grund aus dem die Frage falsch – oder zumindest irreführend - ist. Alle Aspekte von Agilität sind immer nur Mittel zu Zweck – nie Selbstzweck. Die wichtigste bzw. erste Frage sollte daher immer sein und bleiben: „Was das Ziel?“ Erst wenn diese Frage geklärt ist lohnt es sich, nach geeigneten Instrumenten, Methoden und Ansätzen zu suchen. Erst dann geht es um Wirksamkeit.

Andernfalls kauft man sich im übertragenen Sinn nur einen neuen, vermeintlich modernen Hammer, befähigt möglichst viele Menschen darin, wie man hämmern kann und arbeitet dann mit Hochdruck weiter an den unterschiedlichen Schrauben.

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, ich bin selber Fan von vielen der agilen Werte, Methoden und Instrumente. An vielen Stellen konnte ich miterleben und manchmal beitragen, wie sie echten und beeindruckenden Mehrwert in einem bestimmten Kontext geschaffen haben. Dazu ist es jedoch zwingend erforderlich sich seiner wirklichen Ziele, Herausforderungen und dem jeweiligen Kontext bewusst zu sein. Auf einer solchen Basis können geeignete Ansätze in kleinen, wohl überlegten Schritten ausprobiert werden. Diese dann konsequent zu reflektieren und anzupassen, ist wirksam. Dabei können Elemente aus der agilen Welt zwar helfen – aber es gibt auch sehr wirksame, nicht agile Instrumente. Viel wichtiger als die Frage nach Agilität ist für mich daher die Frage nach Wirksamkeit. Das wird aber leider manchmal vergessen oder verwechselt.

Wie sehen Sie das? Welche Erfahrungen machen Sie?



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