Was wird, wenn der Verbrenner stirbt?
Foto: Carsten Knop

Was wird, wenn der Verbrenner stirbt?

Liebe Leserin, lieber Leser,

jetzt ist der Klimawandel doch wieder in aller Munde, die Wassermassen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben ihren Teil dazu beigetragen. Es war absehbar, wie schlimm das Hochwasser Deutschland treffen würde, sagt der Hydrometeorologe Jeff Da Costa. Sebastian Eder hat mit ihm ein Interview über die Verantwortung von Politikern vor Katastrophen geführt: Das europäische Hochwasser-Warnsystem Efas, ein System, das die Flussstände in Europa beobachtet und sehr genau vorhersagen kann, wie sich diese entwickeln, sei wirklich sehr gut. „In der vergangenen Woche wurden die zuständigen Behörden in den betroffenen Regionen rechtzeitig informiert. An dieser Stelle endet aber die Macht von Efas. So ist es ja mit vielen europäischen Behörden: Sie geben Empfehlungen ab, und dann kann jedes Land oder jede Region entscheiden, wie damit umgegangen wird. Das Problem ist, dass die eigentlichen Entscheidungen dann oft von Menschen getroffen werden, die nicht gut genug ausgebildet sind, um diese Informationen überhaupt verstehen zu können. In Deutschland haben so viele Menschen ihr Leben verloren – und man kann jetzt nicht mal jemanden dafür verantwortlich machen, weil niemand zentral zuständig ist. Das muss sich ändern“, sagt Da Costa. Warnung auszusprechen, die ohne Konsequenzen blieben, sei für Wissenschaftler frustrierend.

Ging es hier um die kurzfristigen Maßnahmen, so wird auch um die langfristigen Antworten auf den Klimawandel gerungen. Bis zum Jahr 2035 soll nun Schluss sein mit dem Verbrenner in neuen Autos. Was aber heißt das für die Autorepublik Deutschland und für jene Landstriche, die vom alten Antrieb leben? Ralph Bollmann, Maja Brankovic und Georg Meck haben sich umgesehen. Zum Beispiel in Kirchheimbolanden. Knapp 8000 Einwohner hat die Stadt in der Provinz in Rheinland-Pfalz. Der größte Arbeitgeber ist BorgWarner, Zulieferer für die Autoindustrie. In seinem Werk produziert das Unternehmen Turbolader, jedes Jahr rund drei Millionen Stück, ein Weltmarktführer. Stirbt jetzt aber der Verbrenner, stirbt auch der Turbolader. Den Weltmarktführer braucht dann keiner mehr. Was also wird aus den 1500 Mitarbeitern in dieser kleinen Stadt? Eine Karte der IG Metall gibt ein Gefühl, wie stark das Land vom Wandel betroffen sein wird. 70 Regionen sind dort in Blau markiert, die halbe Republik leuchtet in unterschiedlichen Nuancen, je dunkler der Ton, desto größer die Not. Optisch überwiegen die hellblauen Gegenden, in denen bis zu 25 Prozent der Arbeitsplätze am Verbrennungsmotor hängen, sie sind im ganzen Land und über fast alle Bundesländer verteilt.

Die Frage, welche politische Koalition nach der Bundestagswahl das Land durch die Herausforderungen des Klimawandels navigieren wird, gilt es auch noch zu klären. Boris Rhein (CDU), der Präsident des Hessischen Landtags, hat dazu eine interessante Sicht auf die Dinge. Rhein ist Frankfurter – und über das Verhalten der dortigen Grünen bei der Koalitionsbildung sehr enttäuscht . „Dass wir das Ende der Koalition nach 15 Jahren der F.A.Z. entnehmen mussten, haben wir als Demütigung empfunden“, sagt er im Gespräch. Man empfinde den Vorgang „keineswegs als urwüchsige kommunalpolitische Entwicklung, die außer Kontrolle geraten ist, sondern als eine Blaupause für die Zeit nach der Bundestagswahl und später möglicherweise auch als Blaupause für Hessen. Darum sage ich: Achtung an der Bahnsteigkante. Was wir in Frankfurt erlebt haben, ist eine Hypothek für schwarz-grüne Bündnisse. Die CDU ist die Kraft der Mitte. Sie muss strategisch anschlussfähig bleiben und darf ihren Blick nicht auf nur einen Koalitionspartner verengen. Und deshalb sollte meine Partei die SPD und die FDP als strategische und inhaltliche Option nie aus den Augen verlieren.“ Interessant.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende,

Ihr Carsten Knop

Ulf Henning

Chief Marketing Officer - EMEA bei Accenture

3 Jahre

Sehr gut wie hier der Fingerzeig auf die Konsequenzen des Verbrennerausstiegs gemacht wird. Wie auch schon bei anderen Massnahmen wird gerne grundsätzlich entschieden und dann überraschen die Konsequenzen die den Experten vorher klar waren.

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